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Traeum weiter, Mann

Traeum weiter, Mann

Titel: Traeum weiter, Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nebe
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verdrücken, würde bedeuten, Steff im Stich zu lassen. Heiner spürt, dass er Teil von etwas Größerem geworden ist. Hier der Schriftsteller, da eine Frau, die bei ihm Halt und eine geistige Perspektive sucht. Der Künstler und seine Muse. Genau wie Arthur Miller und Marilyn Monroe. Wie Henry Miller und Anaïs Nin.
    Nein, er muss bei Steff bleiben.
    Aber was ist mit ihrer Mutter?
    Sie will, dass er geht, sofort. Und es ist ihr Hotel. Und Steff ist ihre Tochter.
    Er verzieht das Gesicht und stöhnt. Irgendwie kann er ja verstehen, dass sie böse auf ihn und diesen dämlichen Schöning ist. Sie ist die Mutter und möchte ihre Tochter schützen. Aber dass sie ihn dabei mit diesem Makler in einen Topf wirft, ist allerhand. Schön, auch er ist älter als Steff und von außen betrachtet eben auch nur ein weiterer reifer Mann, der die Nähe ihrer Tochter sucht. Aber trotzdem, Frau Schmidt muss doch sehen, dass er eine ganz andere Klasse hat.
    Heiner überlegt. Er muss ihr deutlich machen, dass er nicht so vulgär ist, sondern anders und eben vertrauenswürdig.
    Aber wie?
    Die Autorenkarte scheint bei ihr keine Rolle mehr zu spielen. Steffs Mutter war die Erste, die wusste, dass er hier ein Buch schreiben will. Trotzdem will sie ihn jetzt aus dem Haus werfen.
    Was kann er nur tun?
    Wie kann er mit dem Segen ihrer Mutter in Steffs Nähe bleiben?
    Heiner holt tief Luft und genießt einen langen Moment die frische Meeresluft und die leichte Brise, die jetzt über den Strand streicht und längst verloren geglaubte Erinnerungen an seine Kindheit an der Ostsee weckt, an den Geruch von Sonnencreme und Salz in der Luft, an die Zeit, als seine Eltern zusammen mit ihm und seinem kleineren Bruder regelmäßig nach Scharbeutz und Timmendorfer Strand gefahren sind.
    Plötzlich weiß er, was er tun muss! Wie ein helles Licht fährt die Idee durch seine sorgenvollen Gedanken!
    Etwas gewagt und vielleicht macht er sich damit alles kaputt. Aber Heiner ist sicher, es ist seine einzige Chance. Gleich morgen früh wird er noch mal mit Frau Schmidt reden. Und dann? Wird Steff ihm vertrauen? Oder wird sie ihn zusammen mit ihrer Mutter davonjagen?
    Es hilft nichts. Heiner muss dieses Risiko eingehen. Aber ein feines Lächeln umspielt seinen Mund, als er sich in Gedanken schon die richtigen Formulierungen zurechtlegt, um zuerst Frau Schmidt und dann ihre Tochter zu überzeugen.
    Voller Tatendrang springt er auf und stapft durch den weichen Sand zurück zur Pension. Der Mond steht jetzt als helle Scheibe am Himmel und taucht die Uferböschung in ein warmes Licht. Ja, morgen wird ein schöner Tag. Und mit ein bisschen Glück auch wieder für ihn. Er schafft das schon. Mit Reden kennt er sich aus.
    Vorsichtig, um keinen zu wecken, schleicht er sich durch den Hotelflur. Er will gerade die Tür zu seinem Zimmer öffnen, als er auf dem Boden einen kleinen Zettel sieht.
    Wir müssen reden, sofort! Gerald , steht da mit schwungvoller, aber irgendwie hektischer, liebloser Schrift.
    Heiner schüttelt hintergründig lächelnd den Kopf. Nein, mein Lieber, müssen wir nicht.
    Um 10  Uhr sitzt Heiner entspannt im Wintergarten vor seinem Frühstück und seinem Cappuccino. Außer ihm sind nur wenige Gäste da. Ein ergrautes Pärchen aus Hannover, das übertrieben leise miteinander flüstert, als wenn es befürchtet, jemand könnte sie in ihrer Durchschnittlichkeit ertappen. Und ein einsamer Handwerker, der sein Rührei hastig wie ein Bagger in sich hineinschaufelt. Leicht angewidert sieht Heiner zu ihm. Dann wendet er sich nachdenklich wieder zur Küche, aus der leises Scheppern und das Pfeifen einer Kaffeemaschine zu hören ist.
    Plötzlich kommt Schöning herein. Er schaut sich grimmig um, entdeckt Heiner und marschiert mit noch finsterer Miene zu ihm an den Tisch. Heiner fällt auf, dass er sein rechtes Bein etwas nachzieht.
    »Guten Morgen«, empfängt er ihn freundlich.
    »Wieso hast du dich nicht bei mir gemeldet?«, faucht Schöning.
    Heiner nippt an seinem Cappuccino. »Was ist denn mit deinem Bein? Hast du dich gestoßen?«
    »Das geht dich einen Scheißdreck an. Sag mir lieber, wo du die ganze Nacht gesteckt hast?«
    »Ich habe einen Spaziergang gemacht. Am Strand. Danach bin ich zeitig ins Bett, um heute früh fit zu sein.« Heiner schnuppert. Kann es sein, dass Schöning nach Alkohol stinkt? Schon wieder?
    »Hast du meinen Zettel nicht gesehen?«
    Heiner gibt sich verwirrt und zuckt nur mit den Schultern. Schöning nimmt vorsichtig auf dem Stuhl

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