"Träume aus 1001 Nacht" 6
regnerischer Nachmittag ist ideal zum Vorlesen.“
Als das Essen vorüber war und sie zu ihren Zimmern gingen, gesellte sich Elizabeth zu Bridget. „Wenn Sie meinen, Sie haben eine Chance, Rashids zweite Frau zu werden, dann schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Solche Entscheidungen werden von seinen Eltern getroffen. Es nutzt Ihnen also nichts, wenn Sie sich einschmeicheln, indem Sie seinem Sohn und seiner Großmutter vorlesen.“
Bridget blieb perplex stehen. „Ich bin hier lediglich zu Besuch und reise bald wieder ab, und ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie sprechen.“
„Nur dass Sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Er ist nun seit Jahren Witwer, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das jetzt ändert, ganz gleich, mit wie vielen Frauen er flirtet.“
Bridget zuckte mit den Achseln. „Ich weiß zufällig aus sicherer Quelle, dass ich sowieso nicht sein Typ bin.“ Sie hatte nicht die Absicht, Rashids Küsse zu erwähnen.
Elizabeth war überrascht. „Und wer ist sein Typ?“
„Er wünscht sich eine Frau, die geübt im Umgang mit Politikern ist, eine gute Gastgeberin und die zudem durch ihre Schönheit besticht. Sie und Marie kommen aus seiner Welt. Ich nicht. Er ist nur nett zu mir, weil ich sein Gast bin.“
„Ich muss gestehen, die Nacht in einem stinkenden Stall zu verbringen entspricht auch nicht meiner Vorstellung von Romantik“, sagte Elizabeth mit gerümpfter Nase.
„Seine Frau Fatima wäre sicher Ihrer Meinung“, bestätigte Bridget. Es tat ihr leid für Rashid, dass er und seine Frau so wenig Gemeinsamkeiten gehabt hatten. Er hatte mehr verdient.
„Wenn Sie keine Punkte bei ihm sammeln wollen, warum geben Sie sich dann mit einer alten Frau ab, die in den letzten fünfzig Jahren nichts Aufregendes erlebt hat?“
„Rashids Großmutter hat einen amerikanischen Krimi, der uns beide interessiert. Hören Sie, Elizabeth, ich kenne Ihre Motive nicht, aber ich mache mir keinerlei Hoffnungen auf Rashid.“
„Ich gebe Ihnen doch nur einen Rat“, rechtfertigte sich Elizabeth. Sie warf den Kopf in den Nacken und stolzierte davon.
Verwundert sah Bridget ihr nach. War Elizabeth so unglücklich mit ihrer eigenen Beziehung, dass sie ihre Frustration an anderen auslassen musste? Egal. Bridget brauchte keine Ratschläge. Sie konnte auf sich selbst aufpassen.
Rashid sah auf die Uhr, als er zum Spielzimmer ging. Es hatte ihn mehr Zeit gekostet als erwartet, Marie und Elizabeth in den Wagen zu verfrachten, der sie zum Einkaufen in die Stadt bringen sollte. Dann hatte er Jack und Charles in den Billardraum begleitet.
Und nun konnte er tun, was ihm gefiel.
Als er die Tür öffnete, flatterte ihm ein Papierflugzeug entgegen. Er fing es auf, bevor es sein Gesicht berührte, und sah Mo an.
Sein Sohn lachte aus vollem Herzen. „Du hast es gefangen, Papa. Mein Flieger wäre der schnellste gewesen, wenn du ihn nicht gefangen hättest. Das zählt nicht!“
„In Englisch, bitte, Mo. Unser Gast versteht kein Arabisch.“ Rashid trat ein und schloss die Tür hinter sich.
Bridget grinste. „Ich verstehe die Sprache nicht, aber ich weiß, wann ein Flug nicht zählt. Hat Mo ‚Foul‘ gerufen?“
„Er sagte, ich habe seinen Sieg verhindert.“
Sie stemmte die Hände in die Hüften. „O nein, Mo. Ich hätte gewonnen.“
„Noch mal, wir müssen es noch mal versuchen“, rief der kleine Junge.
Rashid gab Mo das Papierflugzeug zurück. „Was für ein Spiel ist das?“
„Wir gucken, welches Flugzeug weiter fliegt. Bridget hat öfter gewonnen, aber ich auch ein paarmal!“, erklärte Mo. „Bridget spielt mit mir, bevor sie zu Großmutter geht. Dann lesen die beiden ein Buch, und ich male Bridget ein Bild. Das kann sie dann mit nach Hause nehmen. Gestern hab ich ihr auch ein Bild gemalt, damit sie sich immer an mich erinnert. Kann sie noch mal zu uns kommen?“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn sie noch mal käme. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass sie sich hier wohlfühlt.“ Rashids Blick suchte den ihren.
„Wir haben viel Spaß zusammen“, sagte Mo ernsthaft. „Also wird sie wiederkommen.“
„Das wäre schön. Vielleicht kann dein Vater die Jury bei unserem Wettbewerb spielen“, schlug sie vor, um Mo abzulenken.
Der Nachmittag verging wie im Flug. Mo freute sich, dass sich gleich zwei Erwachsene Zeit für ihn nahmen. Als er das Interesse an den Papierflugzeugen verlor, spielten sie zwei Brettspiele, die Bridget nicht kannte. Aber Rashid und Mo erklärten ihr die Spielregeln
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