"Träume aus 1001 Nacht" 6
hoffte so sehr, sie könnte in seinem Blick lesen, wie sehr er sie begehrte. Eine kurze Affäre, bis sie abreiste. Würde sie zustimmen?
Sie könnten sich später in San Francisco treffen. Er würde sie besuchen, und sie könnte Spaghetti für ihn kochen oder ihm Erdnussbuttersandwiches servieren. Er würde gerne sehen, wo sie wohnte, wo sie arbeitete.
„Ich muss gehen. Ihre Großmutter ist sicher schon ungeduldig.“ Langsam entzog sie ihm die Hand.
„Sagen Sie ihr, dass Sie hier waren. Sie vergöttert Mo und wird Ihnen vergeben.“
Bridget schloss die Hand, als könne sie damit seinen Kuss ewig festhalten. Sie eilte zur Tür und hoffte, dass man ihr nicht ansah, wie sehr ihr die Knie zitterten. Während sie den Korridor entlangging, versuchte sie, sich einzureden, dass dieser Kuss wiederum nicht mehr als das Dankeschön eines Vaters war.
Aber er hatte sich nicht wie ein Dankeskuss angefühlt. Dieser Kuss war wunderschön gewesen, lockend, romantisch.
„Unsinn“, sagte sie laut.
Kurz darauf klopfte sie an die Tür der alten Dame und trat auf deren Geheiß ein.
„Verzeihen Sie, dass ich so spät dran bin, Madame“, bat sie. „Ich war bei Mo, und wir haben die Zeit vergessen.“
„Haben Sie ihm vorgelesen?“
„Nein. Wir haben gespielt. Rashid hat sich zu uns gesellt, deshalb war Mo im siebten Himmel.“
„Ah, ich dachte, er sei mit den anderen in die Stadt gefahren“, sagte Madame Al Besoud nachdenklich.
„Offensichtlich nicht. Jetzt ist er mit Mo bei dem neuen Fohlen.“ Bridget griff nach dem Krimi und schlug an der Stelle auf, an der das Lesezeichen steckte. „Soll ich anfangen?“
„Möchten Sie denn das Fohlen nicht anschauen?“
„Ich war bei der Geburt dabei, und ich sehe es sicher noch einmal, bevor ich abreise. Mo braucht ein bisschen Zeit allein mit seinem Vater.“
„Das stimmt. Aber es wundert mich, dass Sie lieber herkommen, als die beiden zu begleiten“, sagte die alte Dame.
„Ich bin gespannt, wie die Geschichte ausgeht. Schließlich reise ich bald ab, da müssen wir uns anstrengen, das Buch noch auszulesen.“
„Sie sind sehr freundlich zu einer alten Frau.“
„Nein, Sie und Rashid sind freundlich zu mir. Sie haben mich eingeladen, damit ich den Tod meines Vaters verwinden kann. Dafür werde ich Ihnen ewig dankbar sein.“
Als Bridget zu Ende gelesen hatte, riss die Wolkendecke auf, und die Sonne zeigte sich.
„Glauben Sie, das Polospiel wird stattfinden? Oder ist es zu nass?“, fragte Bridget. „Ich habe noch nie eines gesehen.“
„Der Club verfügt über ein ausgezeichnetes Feld mit gutem Rasen. Ich denke, bis Samstagnachmittag werden die Bedingungen passabel sein. Ich habe auch schon lange kein Spiel mehr gesehen. Ich freue mich darauf, und ein bisschen Ablenkung wird die Spannung vielleicht abbauen helfen.“
„Welche Spannung?“
„Zwischen Elizabeth und Charles ist nicht alles im Reinen. Und Jack hat Marie immer noch keinen Heiratsantrag gemacht. Ich bin sicher, sie erwartet einen. Wenn ihre Eltern das in die Hand genommen hätten, wären die beiden längst verheiratet.“
„Die berühmten arrangierten Ehen“, murmelte Bridget.
Madame Al Besoud sah sie streng an. „Es würde Ihrem Land guttun, wenn es ein paar arrangierte Ehen gäbe. Die Scheidungsrate ist empörend.“
„Gibt es hier keine Scheidungen?“
Die alte Dame schwieg einen Moment. „Doch, aber längst nicht so viele.“
„Meine Eltern haben nicht aus Liebe geheiratet, sondern weil mein Vater eine Mutter für Antonio suchte. Dann haben sie mich bekommen. Ich wusste immer, dass sie sich nicht liebten. Nur meine Mutter hat ihn geliebt. Können Sie sich vorstellen, wie schrecklich das sein muss?“
„Es gibt wichtigere Gründe für eine Ehe als die Liebe“, beharrte sie.
„Ja, aber eine gegenseitige Liebe macht glücklich, und das ist doch auch wichtig, oder? Waren Sie in Ihrer Ehe glücklich?“ Bridget biss sich auf die Zunge. Wie konnte sie so indiskret sein. Bevor sie sich jedoch entschuldigen konnte, schüttelte die alte Dame langsam den Kopf.
„Nein. Ich war in einen anderen Mann verliebt, als ich heiratete, und brachte meinem Mann nicht mehr als Respekt entgegen.“
„Und dennoch haben Sie eingewilligt, dass Ihre Tochter einen Mann heiratet, den sie nicht liebt.“
„Ihr Vater hat diese Ehe arrangiert“, stellte Madame richtig.
„Und dann Rashid“, murmelte Bridget und sah auf das Buch nieder. „Glauben Sie, seine Ehe war glücklich?“
„Nicht so wie
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