"Träume aus 1001 Nacht" 6
Rashid.
Bridget sah auf den Koffer nieder. Ihre Kleider. „Es wäre nicht recht gewesen, sie mitzunehmen.“
„Sie gehören doch dir. Es würde mich glücklich machen, wenn du sie trägst.“
„Vielen Dank.“ Sie biss sich auf die Lippe. Eigentlich wollte sie viel lieber wissen, was er hier wollte. Er war wohl kaum den ganzen Weg von Aboul Sari hierhergereist, um ihr einen Koffer Kleider zu bringen.
„Darf ich reinkommen?“
„Oh, natürlich. Komm herein. Möchten deine Männer auch reinkommen?“
„Nein, sie können warten“, lehnte Rashid ab.
„Im kalten Nebel?“ Über dem Ozean lagen dichte Nebelschwaden.
„Das ist ein angenehmer Kontrast zu der Hitze in Aboul Sari.“
Bridget führte Rashid ins Wohnzimmer. Der Raum wirkte so klein, mit diesem großen Mann mittendrin. Oder spielten ihr die überreizten Nerven einen Streich? Sie freute sich so, ihn zu sehen. Und sie wünschte so sehr, die Dinge lägen anders.
„Hast du meinen Brief bekommen?“, fragte sie.
„Ja. Meine Großmutter und Mo auch. Sie vermissen dich. Sie waren sehr traurig, dass du dich nicht von ihnen verabschiedet hast.“
„Es tut mir auch sehr leid. Ich war unhöflich, aber ich musste gehen. Ich konnte nicht anders.“
„Offensichtlich.“
Sie sah ihn an. Er hatte keine Ahnung. Und sie würde dafür sorgen, dass das auch so blieb.
„Setz dich doch. Möchtest du etwas trinken? Kaffee?“
„Nein. Setz dich zu mir“, bat Rashid.
Bridget zögerte. „Warum bist du hier, Rashid?“ Sie glitt neben ihn auf das schmale Sofa, versuchte aber, einen Sicherheitsabstand zu wahren.
Unfähig, sie anzublicken, sah er zu Boden. „Was hat dich dazu gebracht abzureisen? Der Kuss im Meer? Meine Bitte, länger zu bleiben?“
Bridget schwieg. Die Röte stieg ihr in die Wangen. Sie durfte ihm unter keinen Umständen den wahren Grund nennen.
Einen Moment betrachtete er sie still. „Jack und Marie deuteten an, zwischen uns sei etwas gewesen.“
Nervös räusperte sie sich. „Zwischen uns?“
Er streckte die Hand aus. Einen Moment starrte Bridget auf diese Hand, dann reichte sie ihm ihre. Als er die Finger darum schloss, tat ihr Herz einen Sprung.
„Ich weiß, dass du denkst, ich teilte die Ansichten meiner Eltern, was eine perfekte Ehefrau angeht. Du denkst, ich wähle nicht selbst. Aber das stimmt nicht. Als ich jung war, heiratete ich, um ihnen zu gefallen. Ich habe mich auch in Fatima verliebt, aber eine tiefe Liebe wuchs erst, als wir uns besser kennenlernten. Diese Liebe hielt, bis Fatima starb. Ich würde meine zweite Frau niemals dadurch entehren, dass ich sie weniger liebte als Fatima.“
Mit großen Augen sah sie ihn an. „Was willst du damit sagen?“
Für einen kurzen Moment wirkte Rashid unsicher. So hatte sie ihn noch nie gesehen.
„Willst du meine Frau werden, Bridget Rossi? Heirate mich. Ich schwöre dir Treue, solange wir leben.“
Er wollte sie heiraten? Er sah eine geeignete Frau in ihr? Dann kam Bridget Jack und Maries Wette in den Sinn …
„Ich weiß deinen Antrag zu schätzen, aber …“
„Diesmal wähle ich selbst. Meine Eltern haben nichts damit zu tun.“
Bridget war durcheinander, und die Berührung seiner Hand half ihr auch nicht, sich zu konzentrieren. Sie wollte nur, dass er sie küsste. Wenn er sie wirklich heiraten wollte, musste er sie dann nicht küssen?
„Deine Eltern halten mich sicher nicht für standesgemäß“, wandte sie ein.
„Ich halte dich für perfekt. Das ist jedoch nicht das ausschlaggebende Kriterium für meinen Antrag.“
„Nicht? Was dann?“ Bridgets Herz schlug wild.
„Liebe.“
Sie starrte ihn an. Hatte sie richtig gehört?
„Liebe? Ich dachte, du liebtest Fatima.“
„Das stimmt. Aber das änderte sich, als du mich verlassen hast.“
„Ich bin abgereist, und seitdem liebst du sie nicht mehr?“ Bridget runzelte die Stirn.
„Du bist abgereist, und ich war verloren. Ich konnte nicht arbeiten, weil ich mich um dich sorgte. Ich konnte nicht schlafen, ohne von dir zu träumen. Ich konnte die Beziehung zu meinem Sohn nicht genießen, weil es mit dir so viel lustiger war.“
„Rashid …“
„Du bist abgereist, und ich erkannte, dass du mein Herz mit dir genommen hattest. Der letzte Monat war die Hölle für mich. Ich habe noch nie eine Liebe gefühlt, die so mächtig war, dass ich ohne sie nicht leben kann. Ich ahnte nicht, dass ich mich so sehr nach einer Frau verzehren könnte, die ich vor Wochen zuletzt gesehen hatte. Ich bin hier, um Rosen vor
Weitere Kostenlose Bücher