Traeume aus der Ferne
unliebsame Überraschung. Carmen stand vor der Haustür.
»Hey, ich habe schon auf dich gewartet«, rief sie mir schon von weitem zu.
»Was willst du?« fragte ich ziemlich schroff.
»Ich dachte, wir könnten mal wieder . . . na ja, vielleicht kannst du mich ja zu einem Glas Wein oder so einladen. Ich habe dich vermisst.«
Sie hatte tatsächlich die Frechheit, hier aufzutauchen, um mich wieder ins Bett zu locken.
»Hat heute wohl sonst niemand Zeit für dich?« Ich blickte sie so gleichgültig wie nur möglich an.
»Warum so zickig? Du hast noch eine CD von mir, die wollte ich mir holen.«
Es stimmte, dass ich noch eine CD von ihr hatte, aber ich wusste genau, dass das nicht der Grund dafür war, dass sie hier stand.
»Gut, ich hole sie dir«, sagte ich und ging hinauf zu meiner Wohnung. Carmen folgte mir wie ein kleiner Schoßhund.
»Du hättest ruhig unten warten können.« Langsam nervte mich ihre aufdringliche Art ziemlich.
Als ich die Tür aufgeschlossen hatte, stand sie schon direkt hinter mir und wollte mit mir hineingehen.
»Es macht dir sicher nichts aus, hier zu warten«, lächelte ich sie unschuldig an und schlug ihr die Tür vor der Nase zu.
Ich rannte ins Wohnzimmer und suchte nach der CD, da ich keine große Lust hatte, dass Jennifer und Carmen sich vor meiner Tür über den Weg liefen. Endlich hatte ich sie gefunden!
Erleichtert drückte ich Carmen ihre CD in die Hand. »Ich denke, damit ist alles zwischen uns geklärt.«
»Bist du dir da ganz sicher?« säuselte Carmen.
»Hast du ernsthaft gedacht, ich falle gleich wieder um, wenn ich dich sehe?« fragte ich sie.
»Na ja, die Hoffnung hatte ich schon«, gestand Carmen.
Ich hob fragend meine Augenbrauen.
»Schon gut, schon gut«, fuhr sie fort. »Ich sehe es ein. Ich werde dich in Zukunft in Ruhe lassen. Versprochen.«
»Schön. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend.« Mit diesen Worten drehte ich mich wieder um und verschwand in meiner Wohnung.
Ich hatte kaum genug Zeit zum Überlegen, was ich nun in welcher Reihenfolge tun würde, da klingelte es schon wieder an der Tür. Wenn das schon wieder Carmen war, dann konnte sie nun mal meine grauenvolle Seite kennenlernen. Ob ich da wohl mit Notwehr durchkommen könnte?
Doch es war nicht Carmen. Jennifer stand vor der Tür und strahlte mich an.
»Hi«, flüsterte sie, und noch bevor ich antworten konnte, hatte sie die Arme um mich geworfen und schenkte mir einen atemberaubenden Begrüßungskuss.
»Das musste jetzt einfach sein«, lachte sie, als sie mein verdutztes Gesicht sah.
»Bist du Carmen noch über den Weg gelaufen?« fragte ich, als ich mich wieder etwas gefangen hatte. »Sie war gerade kurz hier.«
Jennifer lächelte mich etwas schief an. »Erst hatte ich geplant, so zu tun, als wüsste ich von nichts. Aber ich wollte dann doch lieber ehrlich zu dir sein.«
Ich verstand kein Wort, und dementsprechend musste ich wohl auch dreingeschaut haben.
»Ich konnte es kaum erwarten, dich zu sehen, also bin ich von der Arbeit wie eine Verrückte zu dir gefahren. Aber du warst noch nicht da, deshalb habe ich mich hier oben auf die Treppen gesetzt und auf dich gewartet. Du konntest mich nicht sehen, da es dort ziemlich dunkel ist. Und als du dann mit Carmen aufgetaucht bist, bin ich etwas erschrocken.«
Das konnte ich mir lebhaft vorstellen.
»Aber du hast ihr ja klar und deutlich gesagt, dass sie dich in Ruhe lassen soll. Und das beruhigt mich wirklich sehr.«
»Du hattest Angst, ich könnte rückfällig werden, richtig?« fragte ich vorsichtig nach.
»Ein bisschen«, gab Jennifer zu. »Die Geschichte, als du mich mit meiner alten Klassenkameradin im Café gesehen hast, das kam alles so plötzlich. Ein wenig hatte ich schon Angst, dass das nur eine Kurzschlusshandlung war und Carmen dich bei Bedarf wieder rumkriegen könnte. Bist du sehr böse, dass ich dich belauscht habe?«
Ich versuchte ein ernstes Gesicht zu machen. »Nicht, wenn du mich noch mal so küsst wie eben.« Dann konnte ich mir das Grinsen doch nicht mehr verkneifen.
Es war ein wunderschöner Abend, und viel zu schnell fing Jennifer zu gähnen an. Ich hatte ein mulmiges Gefühl dabei, denn ich wusste nicht genau, wie ich reagieren sollte. Das letzte, was ich tun wollte, war, Jennifer heimzuschicken. Ich wollte sie die ganze Nacht bei mir haben. Aber ich hatte etwas Angst davor, denn sie würde sicher erwarten, dass wir miteinander schlafen. Nicht, dass ich das nicht auch wollte, aber ich brauchte noch
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