Traeume aus der Ferne
Kopf zu heben.
»Ich dachte schon, du schläfst mit offenen Augen«, sagte Melanie. »Ich habe mit dir geredet, aber du hast nicht reagiert.«
»Oh«, antwortete Marie, peinlich berührt davon, dass sie für einen Moment wirklich gedacht hatte, diese Berührung sei eine liebevolle Geste gewesen. Dabei wollte Melanie nur auf sich aufmerksam machen. »Entschuldige, ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?«
»Du musst mich lotsen. Ich weiß doch nicht, wo du wohnst«, lächelte Melanie.
Maries Oberschenkel brannte immer noch. Sie hätte schwören können, dass Melanies Hand nicht verschwunden war. Sicher nichts als Einbildung. Sie schielte heimlich auf ihr Bein, und beim Anblick von Melanies Hand, die tatsächlich noch immer dort ruhte, blieb ihr fast die Luft weg.
Hinter ihnen drückte ein ungehaltener Autofahrer unentwegt auf die Hupe. Die Ampel, an der sie standen, war seit Sekunden wieder grün, doch die beiden Frauen schienen wie hypnotisiert voneinander zu sein.
»Rechts«, hauchte Marie schließlich.
Scheinbar widerwillig nahm Melanie ihre Hand von Maries Bein und setzte das Auto wieder in Bewegung.
Um die gespannte Stimmung aufzulockern, versuchten sich beide immer wieder in Small talk. Dabei merkten sie, dass sie sehr viele Gemeinsamkeiten hatten. Langsam löste sich die Spannung, und schon bald lachten sie herzlich miteinander.
Die Enttäuschung in Maries Stimme war nicht zu überhören, als sie schließlich sagte: »Hier wohne ich.«
Melanie parkte das Auto und stellte den Motor ab. Dann saßen sie etwas unschlüssig nebeneinander.
»War ein toller Abend«, brach Melanie schließlich das Schweigen.
»Ja, das war es«, stimmte Marie zu. »Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast. Ich hoffe, du hast keinen weiten Heimweg mehr.«
»Nein, ich wohne quasi gleich um die Ecke«, erklärte Melanie und lächelte dabei wieder so zauberhaft, dass Marie sich wünschte, nie aus diesem Auto steigen zu müssen.
Sie wusste, dass sie jetzt knallrot anlaufen würde, aber sie musste diese Frage einfach stellen. »Wenn das so ist, dann hast du ja vielleicht noch Lust auf ein Glas Wein oder einen Kaffee bei mir oben.«
»Gern«, antwortete Melanie und sprang aus dem Auto, um Marie auf der anderen Seite die Tür zu öffnen.
Es war schon früher Morgen, und die beiden saßen immer noch im Wohnzimmer und unterhielten sich.
»Darf ich dich mal was Persönliches fragen?« Marie saß so nah bei Melanie, dass sie deren Wärme spürte. Sie hätte ihren Kopf nur zur Seite legen müssen und er hätte direkt auf Melanies Schulter gelegen. Aber sie wollte sich nicht zu sehr an Melanie gewöhnen, bevor sie nicht das Thema Maja geklärt hatten.
»Du darfst«, erwiderte Melanie schlicht.
»Bist du in Maja verliebt?« Marie kam ohne Umschweife zum Thema. Sie beobachtete Melanie ganz genau, während sie diese Frage stellte.
Melanie drehte sich zu Marie und legte dabei einen Arm um ihre Schulter. Mit der anderen Hand streichelte sie sanft über Maries Wange. »Nein«, flüsterte sie schließlich. »Es stimmt, ich habe lange Zeit für Maja geschwärmt. Aber heute . . . heute ist mir bewusst geworden, was es heißt, in Flammen zu stehen. Wie es sich anfühlt, wenn man Schmetterlinge im Bauch und weiche Knie bekommt, nur von einer Berührung oder von einem Lächeln.« Da Marie nichts sagte, sprach Melanie weiter. »Deine wunderschönen Augen allein ziehen mir schon den Boden unter den Füßen weg, dein Lächeln raubt mir den Verstand, und deine Nähe verursacht ein unbeschreibliches Kribbeln. Und seitdem wir vorhin hierhergefahren sind, frage ich mich, was wohl mit mir passierte, wenn du mich küssen würdest.«
Mit diesen Worten beugte sie sich nach vorn und küßte Marie so liebevoll, wie sie nur konnte.
»Und?« fragte Marie schließlich, nachdem sich ihre Lippen wieder getrennt hatten. »Was ist mit dir beim Küssen passiert?«
»Unbeschreiblich«, hauchte Melanie mit geschlossenen Augen.
»Weißt du, dass ich schon seit Monaten in dich verliebt bin?« fragte Marie liebevoll.
Melanie konnte das kaum glauben. »Aber wir kannten uns doch gar nicht.«
»Ich habe dich heimlich angehimmelt, so wie du Maja angehimmelt hast. Ich habe so oft versucht, dich näher kennenzulernen, aber gegen Maja hatte ich nie eine Chance. Gestern Abend hat mich dann Andrea angesprochen, der das wohl aufgefallen war. Und sie meinte, dass es eine gute Idee wäre, wenn wir heute zusammen essen gehen.«
»Andrea!« Melanie schüttelte
Weitere Kostenlose Bücher