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Traeume aus der Ferne

Traeume aus der Ferne

Titel: Traeume aus der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Liebert
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bzw. sah ich, wie Ariane am Telefon der neuen Abteilungsleiterin freudestrahlend erklärte, dass ich nun für ihre Anfragen zuständig sei. Sie würde sie sofort verbinden.
    Auf in den Kampf, dachte ich mir, als ich meiner Kollegin mit einem Nicken bedeutete, dass sie mir das Gespräch durchstellen soll.
    »Tina Meyer, hallo«, meldete ich mich und versuchte dabei so locker wie möglich zu klingen. Dann wartete ich, bis der Drachen am anderen Ende loslegte. Im Prinzip war es immer das Gleiche. Es kamen neue Abteilungsleiter, die sich aufführten, als hätten sie das Rad erfunden. Sie zogen ihren Stiefel durch, wussten alles besser und waren sich natürlich zu fein, eine kleine Angestellte aus der Buchhaltung zu fragen, wie sie manche Dinge am einfachsten regeln konnten.
    »Hallo, Frau Meyer, hier ist Kathrin Oswald. Es tut mir furchtbar leid, dass ich Sie stören muss, aber ich habe hin und wieder noch Probleme mit dem ganze Papierkram, den ich für meine Geschäftsreisen ausfüllen muss.«
    Ich war erstaunt. Nicht nur, dass die Stimme weich und sanft klang, nein, sie schien tatsächlich zuzugeben, dass sie nicht alles wusste, was sie auch gar nicht wissen konnte – nach so kurzer Zeit in einer neuen Firma.
    »Das ist kein Problem«, beeilte ich mich zu sagen, bevor sie mich noch für unhöflich hielt. »Dafür bin ich doch da.«
    »Das freut mich zu hören. Ich dachte schon, dass sie . . . nun ja, Sie wissen ja bestimmt, dass ich Ihrer Kollegin ziemlich auf die Nerven gegangen bin. Aber ich wollte eben alles von Anfang an richtig machen, damit Sie dann in Zukunft nicht bei jeder Abrechnung Probleme mit mir haben.«
    Mir lag ein »Wow« auf der Zunge, aber ich schluckte es hinunter. Dabei war ich mir gar nicht so sicher, ob das Wow ihrer Aussage oder ihrer Stimme galt. Ich konnte wirklich nicht verstehen, welche Vorbehalte Ariane gegen sie hatte. Ich wurde neugierig.
    »Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen alles noch einmal in Ruhe erklären. Sagen Sie mir einfach, wann Sie Zeit haben, dann komme ich zu Ihnen.«
    »Das ist furchtbar nett von Ihnen. Würde es jetzt gleich passen? Ich meine, wenn Sie Ihre Mittagspause beendet haben?«
    Ich blickte in meinen nahezu leeren Ablagekasten und begann mich zu fragen, ob Ariane nicht das schlechtere Geschäft von uns beiden gemacht hatte.
    »Gerne«, sagte ich. »Wann haben Sie Pause? Ich möchte Sie dabei nicht stören.«
    »Oh, das ist kein Problem«, gab Frau Oswald beinahe schüchtern von sich. »Ich mache so gut wie nie Pause. Kommen Sie einfach, sobald es Ihnen passt.«
    Nachdem sie mir erklärt hatte, wo sich ihr Büro befand, legte ich den Hörer auf den Apparat und blickte aus dem Fenster. Nette Stimme, nicht so arrogant wie andere in der Position, aber letztlich doch wie alle anderen. Keine Mittagspause, ständig auf Geschäftsreise. Das war der Alltag, da blieb kein Platz für Romantik. Wieder einmal fühlte ich mich bestätigt.
    Ich klopfte leise an die Tür und betrat nach ihrem »Ja, bitte« den kühlen Raum. Als ich sah, dass Kathrin Oswald am Telefon war, wollte ich das Büro schon wieder verlassen, doch sie winkte mir mit einer ruhigen Bewegung zu und deutete auf den Stuhl vor sich.
    Mit leiser, freundlicher Stimme erklärte Frau Oswald ihrem Gesprächspartner, wie sie sich die nächste Präsentation vorstellte. Sie schien genaue Ideen zu haben, fragte aber immer wieder nach, ob es dazu andere Vorschläge gab. Schon bald verlor ich mich in ihrer melodischen Stimme, während ich versuchte, sie aus den Augenwinkeln zu beobachten. Sie war so groß, dass es sogar jetzt auffiel, da sie hinter ihrem Schreibtisch saß, hatte dunkle Haare, ein braungebranntes Gesicht und große Hände, mit denen sie sich hin und wieder durch ihr halblanges Haar fuhr. Zu gern hätte ich ihre Augen gesehen, doch die waren starr auf den Monitor gerichtet. Ich versuchte zu ergründen, ob sie von dort ihre Informationen bezog oder ob sie dadurch meinem Blick ausweichen wollte.
    Keinen Ring am Finger, stellte ich völlig zusammenhanglos fest. Keine Bilder auf dem Schreibtisch, keine Kritzeleien von Kindern an der Wand hinter ihr. Sie war wohl Single. Irgend etwas machte mich stutzig. Als käme sie von einem anderen Planeten, das waren Arianes Worte gewesen. Und ich fragte mich, ob das bedeuten könnte, dass die gute Frau Oswald ebenso auf Frauen stand wie ich. Absurd! Nicht jede Frau ohne Ring am Finger und Familienfotos auf dem Schreibtisch stand auf Frauen. Schließlich war sie

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