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Traeume aus der Ferne

Traeume aus der Ferne

Titel: Traeume aus der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Liebert
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eilte.
    Wohnzimmer war eigentlich nicht die richtige Bezeichnung für den Raum, den ich soeben betrat. Es war eher ein Lebensraum, eine Oase, ein Zimmer, in dem man sich auf Anhieb wohl fühlte. Zwar herrschte keinerlei Unordnung, allerdings auch keine steife, unpersönliche Ordnung, bei der man sich kaum traute, Platz zu nehmen. Eine Seite des Zimmers war fast vollkommen mit Büchern bedeckt, daneben stand ein Fernseher und gegenüber davon eine gemütlich aussehende Couch. Es war ein sehr großer Raum, ich fragte mich gerade, ob er nicht größer war als meine gesamte Wohnung, da entdeckte ich das Fenster. Genauer gesagt den Ausblick. Man konnte von hier aus direkt auf den See schauen. Traumhaft, war mein erster Gedanke. Was würde ich darum geben, mich nach einem schweren Tag bei diesem Anblick erholen zu dürfen?
    »Manchmal stelle ich mir vor, dass es kein See, sondern das Meer ist.« Ich hatte gar nicht bemerkt, wie Kathrin das Zimmer betreten hatte. »Man sieht kein Ende. Nur Wasser. Ich wünschte, ich hätte öfter Zeit dazu, diesen Ausblick zu genießen.«
    Schweigend blickten wir auf das glatte Wasser, tief versunken in unsere Gedanken.
    »Wollen wir . . . wollen wir essen?« Kathrins Stimme klang so sanft und beinahe schon zärtlich, dass ich Mühe hatte, meine Stimme zu finden.
    »Gern.«
    Während des Essens versuchten wir das Thema Arbeit soweit wie möglich auszugrenzen. Dabei war ich nicht einmal sonderlich überrascht festzustellen, dass wir sehr viele Gemeinsamkeiten entdeckten und dementsprechend unzählige Gesprächsthemen fanden.
    Kathrin räumte noch das schmutzige Geschirr weg, während ich bereits mit meinem Glas in der Hand wieder am Fenster im Wohnzimmer stand und den Ausblick verträumt genoss. Das schrille Läuten des Telefons ließ mich zusammenzucken, und ich befürchtete schon, etwas Rotwein vergossen zu haben.
    »Oswald«, meldete sich Kathrin am Telefon. Ich drehte mich zu ihr um, und es schien mir, als hätten ihre Augen meine bereits erwartet. Ihre Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln, doch ich war mir nicht sicher, ob das mir oder ihrem Gesprächspartner galt. Ihrem intensiven Blick nach zu urteilen galt es mir.
    »Entschuldige, Mike, ich war gerade etwas abgelenkt.« Nun hatte ich die Gewissheit, dass das Lächeln mir galt und dass sie ebenso von dem Augenblick gefangen war wie ich.
    »Was? Morgen schon? Kann denn Karl nicht für mich zu diesem Sales Meeting fliegen?«
    Sie wirkte jetzt ärgerlich, ihre Konzentration war voll und ganz auf das Telefon gerichtet. »Nein, Mike. Wir hatten das gestern geklärt. Die nächsten zwei Wochen stehen nicht zur Debatte.«
    Langsam bekamen ihre Augen ein wütendes Funkeln. »Manchmal gibt es eben Wichtigeres!« wies sie ihr Gegenüber zurecht, und selbst ich konnte spüren, dass es in diesem Punkt keine Kompromisse für sie gab. »Ach, wo wir gerade davon sprechen«, fügte sie nun in einem sanfteren Ton hinzu. »Kümmere dich um deine Frau und deine Kinder, es ist Wochenende!« Ohne eine Antwort abzuwarten, legte sie den Hörer auf.
    »Entschuldigen Sie. Die behandeln einen manchmal als wäre man Eigentum der Firma.«
    Ich war ein gebranntes Kind, was vielbeschäftigte Frauen anging, deshalb schwieg ich lieber, aus Angst, sonst etwas Schnippisches zu antworten.
    »Das Essen war vorzüglich«, wechselte ich statt dessen das Thema.
    »Sie haben recht«, lachte Kathrin. »Am Samstagabend sollte man nicht über Arbeit reden.«
    Unschlüssig standen wir uns gegenüber, ihr Mund lächelte, ihre Augen strahlten eine Wärme aus, die mir die Sinne raubte.
    »Noch ein Glas Wein?« fragte sie. Sie hatte sich auf die Couch gesetzt und schenkte sich gerade etwas Wein nach.
    »Nein danke, ich muss ja noch fahren.« Langsam folgte ich ihrem Beispiel und setzte mich direkt neben sie.
    »Ich genieße diese friedlichen Momente zu Hause so sehr.« Kathrin nahm genüsslich einen Schluck Rotwein und schloss dann entspannt die Augen. Schüchtern warf ich ihr einen Seitenblick zu, malte mit den Augen ihre Gesichtszüge nach, verlor mich in den kleinen Falten um ihre Augen, wanderte tiefer zu ihren Lippen. Gewaltsam zwang ich mich dazu, meinen Blick wieder zu lösen, bevor er noch tiefer wandern würde.
    Ohne ihre Augen zu öffnen oder mich anzusehen, sagte sie dann: »Ich genieße es, mit Ihnen diesen friedlichen Moment zu genießen.«
    Ich suchte verzweifelt nach einer passenden Antwort, doch mir blieb jeder Ansatz schon in meinem ausgetrockneten

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