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Traeume ernten

Traeume ernten

Titel: Traeume ernten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lidewij van Wilgen
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Stunden küren wir gemeinsam eine Mischung aus Grenache, Syrah und Carignan zur neuen Marke La Dame .
    Im Büro gleitet mein Blick über die Ordner, die sich an der Wand aufreihen. Ich schenke dem überquellenden Ordner mit den Kostenaufstellungen keinerlei Beachtung und greife nach einer dünnen violetten Mappe, die daneben liegt. Darauf habe ich mit einem schwarzen Stift »Einnahmen« geschrieben. Sie wirkt noch so gut wie neu, obwohl sie jetzt schon zwei Jahre in Gebrauch ist. Ich schlage sie auf: Sie enthält insgesamt vier Blätter, darunter eine bemerkenswerte Rechnung, die ich sorgfältig eingebunden habe. Es ist die allererste Bestellung vom Weinhandel »Okhuysen«, die nach unserer ersten Flaschenabfüllung getätigt und fast gleichzeitig abgeholt wurde.
    Dann eine Rechnung für den Abnehmer mit dem glänzenden Tankwagen, der einen Großteil unserer Produktion für einen Bruchteil der Kosten übernommen hat. Ganz sicher ist dieser Wein inzwischen mit anderen qualitativ minderwertigen Weinen vermischt und unter irgendeinem Phantasielabel in Flaschen abgefüllt worden. Man wird ihn wohl in irgendeinem Supermarkt kaufen können.
    Schließlich betrachte ich die Rechnung für Hans, einen Freund von Aad, der einen kleinen Bus gemietet hatte, um eine Palette in die Niederlande mitzunehmen. Und schließlich die Rechnung für Gérard vom Château, ein paar Kartons für das Restaurant. Das ist alles. Ich blättere noch die Papiere durch. Nein, mehr ist es tatsächlich nicht.
    Und jetzt sind die Fässer wieder voll. In ein paar Monaten können wir den Weißen und den Rosé auf Flaschen ziehen. Die roten Weine werden noch ein wenig warten müssen, aber es sieht so aus, dass der allergrößte Teil gut genug ist, in Flaschen abgefüllt zu werden. Fragt sich nur, an wen wir den Wein verkaufen!?
    Theoretisch ist es einfach: »Wir müssen nur in mehreren Ländern jemanden wie Okhuysen finden«, sage ich zu Aad, als wir mit einem Kaffee am halb abgeräumten Frühstückstisch sitzen. »Okhuysen ist wählerisch. Wenn sie den Wein anbieten, wird es doch noch mehr Leute geben, die sich für ihn interessieren.« Dann betrachte ich die Sache wieder mit etwas mehr Abstand: Außerhalb der Niederlande sind wir ein völlig unbekanntes Ehepaar, das einen Wein herstellt, von dem noch nie jemand gehört hat.
    Ich frage mich ehrlich, ob es uns jemals gelingen wird, vom Weingut zu leben.
    Aad und ich stehen in einer riesigen Lagerhalle mit surrender Klimaanlage hinter einem Plastiktisch. 3000 Euro haben wir bezahlt, um einen Platz unter hunderten, vielleicht tausenden anderen Weinproduzenten aus aller Welt zu ergattern. 3000 Euro für einen leeren Tisch mit einem Regal dahinter und zwei wackligen Klappstühlen. Über die langen Gänge schlendern Männer in billigen Konfektionsanzügen oder in informellen Jacketts, die etwas modischer wirken sollen. Wir wissen schon bald, dass die ersten Einkäufer der Supermärkte sind und die zweiten kleine Weinhändler. Bei einem Mann in einem etwas besseren Anzug handelt es sich vermutlich um einen Einkäufer von einem anspruchsvolleren Weingeschäft wie »Okhuysen«. Die Männer schlendern unkonzentriert an uns vorbei. Manchmal lassen sie den Blick über unsere Flaschen gleiten, über unsere Gesichter und Körper, gehen aber dann weiter. Die Minuten reihen sich aneinander, gerinnen zu einem Brei, in dem Gesichter ohne jede Bedeutung treiben, und ich wünsche mich an einen fernen Ort.
    Elf Uhr. Die Messe ist seit zwei Stunden geöffnet, aber noch immer hat sich niemand unseren Stand angeschaut. Ich habe inzwischen ein verkrampftes Lächeln auf dem Gesicht und sehe den Leuten beinahe drohend in die Augen. Aad steht breitbeinig da und wirft seinen Körper wie ein lebendes Netz vor unseren Stand. Ein kleiner, ängstlicher Mann in einem braunen Jackett sitzt als Erster in der Falle. Plötzlich steht er vor dem Tisch, furchtsam schaut er Aad und mich an. Er will flüchten, doch ich drücke schnell ein Glas Weißwein in seine Hand, während Aad mit großen Gesten erläutert, warum dies der beste Wein der ganzen Messe ist.
    Â»Yes, yes, sure« , sagt der Mann ausweichend. Er probiert und schaut uns überrascht an. »Not bad« , sagt er, »schöner Säuregrad, frisch … ja. Interessant.« Höflich probiert er auch den Rosé und

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