Traeume im Mondschein
steuerte direkt auf den geschwungenen Aufgang zu, der in das obere Stockwerk führte.
„Vielen Dank, Norah. Aber Mrs. Fowler hat einen anstrengenden Tag hinter sich.“
Eigentlich wollte Paige protestieren und ihm sagen, dass sie die Treppen auch alleine bewältigen konnte. Doch seine Arme fühlten sich so beschützend und merkwürdig tröstlich an. Als er die Tür eines Zimmers am Ende des Flures mit der Schulter aufstieß, waren Paige die Augen zugefallen.
„Wir sind da“, sagte Quinn sanft und ließ sie auf ein breites, weiches Bett gleiten.
Sie fühlte, wie seine Finger leicht ihren Hals berührten. Sie hörte die raschelnde Seide, als er ihr die Jacke von den Schultern streifte. Dann begann Quinn damit, ihre Bluse aufzuknöpfen. Als er die Mulde zwischen ihren Brüsten erreichte, hörte sie ihn etwas raunen. Er stockte. Seine Hand lag regungslos auf ihrer Brust.
War es nur ein Traum, oder hörte sie sich selbst seinen Namen flüstern? Hatte sie warme, weiche Lippen an ihren gespürt? Hörte sie eine heisere Stimme, die ihr „Es wird alles gut werden, Julia“ zuflüsterte?
Nein, das alles war ganz sicher nur ein Traum.
6. KAPITEL
Paige schritt in ihrem Brautkleid langsam einen gewundenen Korridor entlang. Türen, die ihr für immer verschlossen blieben, starrten sie an. Am Ende des Ganges stand ein Mann. Er war groß und breitschultrig. Sie bewegte sich auf ihn zu. Er drehte sich zu ihr um und machte eine ungeduldige Geste. Also lief sie schneller, doch es schien nicht zu helfen. Der Korridor wurde immer länger, er wand sich immer schneller, bis er von hohen Mauern umgeben war. Der Mann vor ihr war verschwunden, sie war alleine. Panische Angst ergriff sie. Plötzlich hörte sie ein Geräusch, ein Klopfen hinter der Wand. Da war doch jemand? Jemand, der ihr helfen konnte …
„Mrs. Fowler?“
Paige wimmerte leise, noch immer gefangen in ihrem verworrenen Traum. Eine Stimme rief sie, doch sie erkannte sie nicht.
Da war wieder das Klopfen. „Mrs. Fowler? Sind Sie wach, Madam? Mr. Fowler bat mich, Ihnen auszurichten, dass das Frühstück fertig ist“
Mrs. Fowler? Paige riss die Augen auf. „Alan?“, flüsterte sie.
Die Tür wurde geöffnet. Eine Frau mit einem Silbertablett betrat zögerlich das abgedunkelte Schlafzimmer.
„Ich bin es, Madam. Norah. Geht es Ihnen jetzt besser, Mrs. Fowler? Soll ich Ihnen ein Aspirin bringen …“
„Norah?“, wiederholte Paige. Ihre Stimme klang noch ganz verschlafen.
Die Frau nickte. „Die Haushälterin.“ Sie schaute sorgenvoll auf Paige herab. „Ist alles in Ordnung, Mrs. Fowler?“
Paige befeuchtete sich die Lippen. „Ja, mir geht es gut. Ich habe nur …“ Die Erinnerung kehrte mit aller Wucht zurück. Mrs. Fowler. Damit war sie gemeint. Doch sie war nicht Alans Frau, sondern Quinns.
Langsam setzte sie sich in ihrem Bett auf. Sie fühlte sich ganz benommen. Das ist der Jetlag, beruhigte sie sich.
„Entschuldigen Sie bitte. Ich bin noch etwas durcheinander. Wie spät ist es?“
„Kurz nach acht, Madam.“
Paige fasste sich an den Kopf. „Morgens oder abends?“, fragte sie verwirrt.
Norah lächelte. „Morgens, Madam. Soll ich Ihnen ein Bad einlassen?“
„Nein, danke.“
„Ich habe das Frühstück in der Bibliothek gedeckt. Ich hoffe, es ist Ihnen recht?“
Nach allem, was ihr widerfahren war, brachte sie der Gedanke, dass man es ihr recht machen wollte, zum Lachen. Die Haushälterin sah sie verwundert an.
„Geht es Ihnen auch wirklich gut? Vielleicht sollte ich Mr. Fowler rufen?“
„Nein!“, wehrte Paige scharf ab, holte dann aber tief Luft. „Nein, danke, Norah“, ergänzte sie ruhig. „Mir geht es gut.“ Sie schlug die Bettdecke zurück und lächelte. „Eine Tasse Kaffee ist genau …“
Die Worte erstarben auf ihren Lippen, als sie an sich hinunterblickte. Sie trug ein Nachthemd aus Spitze. Wann …? Wer …? Ihr blieb fast das Herz stehen, als sie sich an die starken, kundigen Hände auf ihrer Haut erinnerte, die ihr die Knöpfe ihrer Bluse geöffnet hatten. An mehr konnte sie sich allerdings nicht erinnern.
„Madam?“
Paige atmete tief durch. „Sagen Sie meinem … Sagen Sie Mr. Fowler, dass ich in ein paar Minuten herunterkomme. Ich werde nur schnell auspacken.“
Die Haushälterin schüttelte den Kopf. „Das mache ich, während Sie frühstücken. Ich hätte es gestern Abend erledigt, nachdem Mr. Fowler mich gebeten hatte, Ihnen ins Nachhemd zu helfen. Aber er meinte, ich solle Sie nicht stören
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