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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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»Nell?«, rief er leise.
    »Hier bin ich.«
    Billy lachte glucksend und warf seinen Hut auf den nächstbesten Stuhl. Wenn Nell im Schlafzimmer war, hatte sie vielleicht Lust auf ein Schäferstündchen am Nachmittag. Er öffnete die Tür und blieb wie angewurzelt stehen.
    Nell hatte sich im Bett aufgerichtet, ihr prächtiges Haar umrahmte ihr Gesicht und fiel ihr über die üppigen, nackten Brüste. Sie grinste, als sie seine Verblüffung sah. »Jetzt steh nicht dumm rum, Billy«, sagte sie mit funkelnden Augen. »Ich könnte einen ordentlichen Schluck Rum gebrauchen.«
    Wie in Trance näherte sich Billy dem Bett. Sein bestürzter Blick ruhte auf seiner Frau und wanderte langsam zu den Bündeln in ihren Armen. »Das sind ja zwei«, flüsterte er.
    Nell lachte. »Als hätte ich’s gewusst«, sprudelte es aus ihr heraus. »Die kleinen Rangen konnten nicht warten, und kaum war der eine geboren, war der Nächste schon halb draußen.« Sie hielt ihm die Neugeborenen entgegen, und Billy sah, dass die Haare des einen die Farbe von Herbstlaub hatten, die des anderen so golden waren wie die Sonne über Australien. »Das ist William, und das hier ist Sarah.«
    Billy nahm die Kleinen und starrte sie verwundert an. Sie waren vollkommen und schön, und die Liebe, die er für sie empfand, war so umwerfend, dass er am liebsten geweint hätte.
    Nell stieg aus dem Bett, seufzte tief und gab Billy einen Kuss auf die Wange. Dann verließ sie das Zimmer, ohne sich etwas überzuziehen.
    »Wo willst du hin?«, fragte er.
    »Mir einen Rum holen und das Abendessen kochen«, erwiderte sie. »Meine Kehle ist ausgedörrt wie ein Papageienkäfig, und ich habe Hunger für drei.«
    Billy schaute ihr bewundernd nach. Feine Kleider und alles Geld der Welt konnten eine so kostbare Frau wie Nell nicht aufwiegen. Er hatte großes Glück.
    The Rocks, Sydney Town
    »Ei, ei, was haben wir denn da?« Die Stimme hatte den vertrauten geschliffenen Ton der englischen Oberschicht.
    Millicent erstarrte. Ihr Gesicht wurde an den rauen Stoff einer Offiziersjacke gedrückt, so dass sie in der festen Umarmung kaum Luft bekam. »Bitte, Sir«, schluchzte sie. »Lassen Sie mich vorbei. Ich muss nach Hause.«
    »Was meint ihr, Leute? Sollen wir sie gehen lassen, oder hättet ihr lieber ein bisschen Spaß?«
    »Spaß, würde ich sagen. Sieht ja ganz lebhaft aus, wenn auch etwas mager.«
    Millicent schlug das Herz bis zum Hals, und ihr Mund trocknete aus, als die Männer einen festen, bedrohlichen Kreis um sie schlossen. Es waren mindestens sechs, die sich in der dunklen, unbekannten, nach Urin und Unrat stinkenden Gasse um sie scharten, und sie roch ihre Alkoholfahnen. Mit gehetztem Blick hielt sie nach anderen Fußgängern Ausschau, einem Schnapsladen, Lichtern aus einem Haus, Straßenlärm – nach irgendetwas, das sie retten könnte. Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, fiel ihr ein Beobachter im Schatten auf. »Bitte, helfen Sie mir«, bettelte sie. »Bitte. Lassen Sie nicht zu …«
    Die Gestalt bewegte sich, und sie sah die Militärstiefel und das Aufblitzen eines Lächelns, das ihr zeigte, dass er ein Beobachter bleiben wollte. Da wusste sie, dass sie um ihr Leben kämpfen musste.
    Sie trat um sich, begann sich zu winden, doch der Angreifer packte noch fester zu. Er lachte schallend. »Wir haben uns eine richtige kleine Katze eingefangen«, sprudelte es aus ihm heraus. »Würde mir doch glatt die Augen auskratzen, wenn ich nicht aufpasse.«
    »Bitte, Sir«, flehte sie das hochrote Gesicht und die blutunterlaufenen Augen an. »Ich bin nicht so eine. Lassen Sie mich nach Hause gehen.«
    »Erst wenn wir unseren Spaß gehabt haben«, lallte eine neue Stimme.
    Millicent wehrte sich erneut, als der Offizier, der an der Wand im Dunkeln gelehnt hatte, einen Schritt vortrat. Ihr Herz drohte zu zerspringen, und sie glaubte ohnmächtig zu werden, als sie sein Gesicht sah und ihn erkannte.
    »Als Dienstältester bekomme ich sie zuerst«, sagte er. »Gib sie rüber, Baines.«
    Mit dumpfem Entsetzen ließ Millicent sich in seine Arme schubsen. Das konnte nicht wahr sein. Es war einfach unmöglich. Doch der Griff an ihren Halsausschnitt bestätigte ihr, dass alles wirklich und wahrhaftig geschah, und als die abgetragene Baumwolle vom Hals bis zur Taille aufgerissen wurde, begann sie zu flehen. »Bitte«, schrie sie, »bitte, tun Sie es nicht.«
    Der Offizier hielt sie an den Armen fest, drehte sie schwungvoll um und zeigte den anderen ihre nackten Brüste.

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