Träume jenseits des Meeres: Roman
hatte sich auch dieser verändert. Das riesige Himmelbett war ein Geschenk von Lady Cadwallader, die schweren Vorhänge und der Baldachin waren aus feinster blutroter Seide, reichhaltig bestickt und mit Troddeln versehen. Es war einer Königin würdig. Die Rosen, die Ezra bei Sonnenaufgang gepflückt und auf verschiedene Vasen verteilt hatte, waren noch nass vom Tau und füllten den Raum mit ihrem süßen Duft. Ein Wäscheschrank hatte den weiten Weg von Truro hierher gemacht; seine tiefe, untere Schublade war inzwischen mit Laken und Decken gefüllt, die mit Lavendel parfümiert waren. Die anderen Schubladen waren mit hübschem Papier ausgelegt worden und warteten auf Susans Kleider, Nachthemden und Unterwäsche.
Higgins hatte ihm die Sachen auf dem Bett ausgelegt, die er anziehen würde, doch Ezra hatte ihn schon entlassen, denn er wollte in diesen letzten paar Stunden allein sein, damit er sich in innerer Einkehr auf den Tag vorbereiten konnte. Der einzige Wermutstropfen war die Abwesenheit seiner Familie. Sein Bruder Gilbert hatte auf die Einladung nicht reagiert, doch er war noch beim Militär, und die Feldpost war unzuverlässig. Seine Eltern, ebenso wie sein Bruder James, waren den Sommer über in London. Sie hatten gestelzte Glückwünsche geschrieben, in denen sie ihr Bedauern zum Ausdruck brachten, dass längst eingegangene Verpflichtungen es ihnen unmöglich machten, teilzunehmen. Dazu hatten sie kostbare Geschenke geschickt – ein Geschirr und einige große Silberstücke.
Ezra hatte den Eindruck, sie wollten nach seiner Heirat mit einem Fischermädchen nichts mehr von ihm wissen und ihre mehr als großzügigen Geschenke sollten ihr schlechtes Gewissen darüber beruhigen.
Ezra zog sich fertig an und steckte sich vorsichtig die blütenweiße Kamelie an den Gehrock. Sie war tags zuvor an einem Busch im Garten des Herrenhauses gepflückt und über Nacht in Wasser gelegt worden. Er betrachtete sich im Spiegel und lächelte. Zum ersten Mal im Leben sah er beinahe gut aus.
Lady Cadwalladers Anwalt hatte Maud die Übertragungsurkunden gründlich erklärt, und bei Tagesanbruch brachte der Verwalter des Anwesens sie zur Kate. Er hatte zugesehen, wie Maud ihre Unterschrift vorsichtig unter die von Lady Cadwallader setzte, und dann mit Schwung gegengezeichnet. Nachdem er ein großes Paket auf den Küchentisch gestellt hatte, ging er wieder.
Susan warf dem Mann wütende Blicke hinterher. Dann drehte sie sich um und betrachtete das Paket. »Willst du es nicht aufmachen?«, krähte Maud.
Susan nahm die Karte in die Hand und entzifferte langsam die krakelige Handschrift. Ezra hatte ihr beim Lesenlernen geholfen, doch es klappte noch nicht so gut. »Es ist ein Geschenk von der Lady«, sagte sie tonlos. »Zweifellos soll ich ewig dankbar dafür sein.«
»Nicht doch, Susan«, sagte ihre Mutter und umschloss mit ihrer geröteten Hand die ihrer Tochter. »Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr rückgängig machen, und Ezra ist ein guter Mann. Er wird einen prächtigen Ehemann abgeben, wenn du ihn lässt.«
Susan stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich weiß. Aber er hat etwas Besseres verdient.«
Maud achtete nicht auf sie und begann, das Paket aufzureißen. Als das Papier abfiel, blieb ihnen beiden die Luft weg, denn dort auf dem geschrubbten Küchentisch lag ein Kleid aus feinster elfenbeinfarbener Seide. Es schien im blassen Licht, das durch das Fenster drang, zu schimmern, die Stickerei und die zarten Nähte auf dem Mieder wurden verschönert durch winzige Perlen und Glasperlen, die im Halbdunkel glitzerten und funkelten.
Susan griff danach, beinahe ängstlich, es anzufassen, konnte jedoch nicht widerstehen. Das Mieder war tief ausgeschnitten und lief auf einen Punkt unterhalb der Taille spitz zu. Die Puffärmel waren am Ellenbogen gerafft und weiteten sich dann zu einem wahren Wasserfall aus hauchzarter Spitze. Das Unterkleid war am Saum mit Blumen und Blättern bestickt, und dasselbe Muster zierte den vorderen Einsatz des Überrocks, der kürzer gehalten war, um den bestickten Saum darunter zu zeigen. So etwas Schönes hatte sie noch nie gesehen, auch wenn es ein ausrangiertes Kleidungsstück von einer Frau war, die sie verabscheute.
»Da ist noch mehr«, flüsterte Maud und zog die Unterröcke, Unterhose, die Schuhe mit zierlichem Absatz und feine Seidenstrümpfe heraus. »Oh, Susan.« Tränen liefen ihr über die eingefallenen Wangen. »Du wirst aussehen wie eine Prinzessin.«
Susan schluckte eine
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