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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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in die Klippen hineinreichte. Dort würden die Sachen bleiben, bis er am folgenden Abend mit Pferd und Wagen zurückkäme, um sie nach Newlyn in die Schänke Beggars’ Roost zu bringen. Von dort würden sie an den Meistbietenden verkauft, und Billy würde seinen Anteil am Erlös einstreichen.
    Die Wolkendecke hatte sich fast verzogen, als die letzte Kiste verstaut war. »Ich stelle Pferd und Wagen an die gewohnte Stelle«, murmelte Ben und stieg wieder ins Boot. »Nimm das vorerst als Bonus, und lass mich nicht hängen.«
    Billy schaute in das strenge Gesicht, sah das Zwinkern in den dunklen Augen und wusste, der alte Mann hielt große Stücke auf ihn. »Sie können sich auf mich verlassen«, flüsterte er.
    Ben Retallick setzte sich zu seinem Bruder ins Boot, und Billy sah ihnen nach, wie sie um die Landspitze herum in die Dunkelheit ruderten. Er schaute auf das Geschenk, das er bekommen hatte. Zwei Goldstücke schimmerten im bleichen Licht des Mondes. Nicht schlecht für zwei Abende Arbeit. Der Schmuggel war nicht nur aufregend, sondern auch noch einträglich. Wenn es so bliebe, müsste er nie wieder in ein Fischerboot steigen.
    »Der Junge bringt mich noch um«, fauchte Maud, als sie das Abendessen vorbereitete. »Er hat sich auf die Retallicks eingelassen, dessen bin ich mir sicher, und du weißt, was das heißt.« Sie rührte die Fischsuppe kräftiger um, als nötig gewesen wäre. »Er hat schon immer Flausen im Kopf gehabt, aber diesmal ist es ernst, und er kommt noch in den Knast, das weiß ich.«
    Susan erinnerte sich, dass Billy stets der Rädelsführer gewesen war, wenn es darum ging, Äpfel zu klauen, an Türen zu klopfen und wegzurennen oder mit anderen Jungen zu kämpfen. Sie alle hatten gehofft, er werde dem entwachsen, doch es sah nicht danach aus. »Ich werde mit ihm reden, aber du weißt ja, wie er ist. Neuerdings hört er auf niemanden mehr.« Susan stellte das Brot auf den Tisch. »Aber du musst schon zugeben, dass das, was er nach Hause bringt, ein Segen ist.«
    »Ich weiß.« Maud seufzte. »Bei so vielen Mäulern, die zu stopfen sind, und der Schwierigkeit, überhaupt Arbeit zu finden, sähen wir ohne das Geld ziemlich alt aus, wenn wir etwas zu essen auf den Tisch bringen wollten.« Sie strich sich die Haare aus den Augen.
    Sie trat vom Herd weg und grabschte nach ihrem jüngsten Enkel, der nackt herumlief und sich die Seele aus dem Leib schrie, während er allen Versuchen seiner Mutter auswich, ihn in den Waschzuber zu stecken, der an der Hintertür stand. Es war Freitag und Badetag, und Maud verlor den Kampf, etwas Ordnung in die Vorbereitungen auf den nächsten Tag zu bringen.
    Susan übernahm die Töpfe und Pfannen auf dem Herd und hörte zu, wie ihre Mutter Billys Schandtaten aufzählte. Billy hatte nie Fischer werden wollen. Er hatte eine Heidenangst davor, aufs Meer hinauszufahren. Das Schicksal hatte es so gewollt, dass er am Tag des Sturms zu Hause blieb, und es hatte ihn in die Fänge der Retallicks geführt. Billy hatte entdeckt, wie spannend es war, Schmuggelware zu verkaufen, und schien dabei reich zu werden. Arme Mum, dachte sie. Als hätte sie nicht schon genug, womit sie sich abfinden musste; nun war auch noch Billy ständig in Gefahr, inhaftiert zu werden.
    Ihre Gedanken wandten sich den Witwen ihrer anderen Brüder zu. Zwei wohnten noch mit ihren Kindern bei ihnen und hatten endlich in der Ölpresse Arbeit gefunden. Das Geld war knapp, aber immer noch besser als gar nichts. Die Jüngste war zu ihren Eltern nach St. Mawes zurückgekehrt und arbeitete in der Seilfabrik. Gerüchten zufolge poussierte sie mit dem Sohn eines Kneipenwirts, und in ein paar Stunden würde nun auch Susan diese Kate zum letzten Mal verlassen.
    Mit den Fingern tastete sie nach dem Ring, den Ezra ihr geschenkt hatte. Sie trug ihn an einem Lederband um den Hals, um ihn vor Fisch und Salz zu schützen. Ihr wurde mulmig, wenn sie an ihren Bräutigam dachte; sie wünschte, er würde dieselbe Leidenschaft an den Tag legen wie damals, als er um ihre Hand anhielt, statt des gestelzten und sehr ordentlichen Gebarens, das er nach ihrer Verlobung angenommen hatte.
    Er war überaus ergeben in seiner Bereitschaft, ihr eine Freude zu machen, und sie hatte schnell begriffen, dass sie die Beziehung in die Hand nehmen konnte. Sie aber glaubte, ein Mann solle tonangebend und stark sein – und eine Frau komme dann zu ihrem Recht, wenn sie seine Gedankenwelt stillschweigend übernähme und nicht versuchte, ihn zu

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