Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
sehr persönlich und nett, also auf nach Viana. Weitere 1-2 Stunden vergehen, bis ich in Viana ankomme. Ich steuere direkt die Pfarrherberge an. Wie ich um diese Zeit bereits erwartet habe, empfangt mich nicht der Pfarrer, sondern ein Schild mit der Aufschrift „completo“ an der Tür. Na ja, war klar bei nur 11 Betten. In Viana treffe ich dann Ithan, den deutschsprachigen Kalifornier wieder. Auch andere bekannte Gesichter aus Puente la Reina tauchen hier plötzlich wieder auf. Kein Wunder, habe heute bereits ca. 40 km zurückgelegt. Eines der Gesichter kann ich jedoch nicht zuordnen, der Begrüßung nach zu urteilen sollte ich das aber anscheinend können. Sie ist Dänin und als sie mich kommen sieht, fällt sie mir förmlich um den Hals und erzählt mir, wie überrascht sie ist, mich wieder zu sehen. Ich habe absolut keinen blassen Schimmer, wer sie ist oder wo ich sie schon mal gesehen habe, lasse mir aber nichts anmerken und gehe geschickt auf unseren kleinen Small-Talk ein, bevor ich mich entscheide weiter zu laufen, um einen vermeintlichen See nur wenige Kilometer von Viana entfernt aufzusuchen. Ich frage einen Spanier nach dem Weg, den er mir aufs ausführlichste erklärt mit dem Zusatz: „Da kannst du campen, hast Feuerstellen zum Grillen und fließend Wasser“. Na, das klingt doch mal perfekt. Leider habe ich diesen Platz jedoch nie gefunden...
Stattdessen stoße ich nach etwa einer halben Stunde auf ein Schild, auf dem steht: 3,6 km bis zur Laguna de las Canas. Na prima, bei meinem Tempo, das durch eingetretene Rückenschmerzen und Plattfüße mittlerweile maximal 4km/h betragen dürfte, bin ich in etwa einer Stunde da und genau so ist es dann auch. Leider schon wieder ein Fehlschlag, da die Lagune eingezäunt ist und ein riesen Schild davor steht, welches unweigerlich klar macht, dass dieser nette, stille Platz ein Naturschutzgebiet ist. Fix und fertig beschließe ich, einen Blick zu wagen und denke mir, schön ist es hier ja. Mühsam überwinde ich die Umzäunung und gönne mir ein paar Minuten Pause an der Lagune. Es ist alles voller Nist- und Brutplätze hier und der ganze Boden scheint ein riesen Armeisenhaufen zu sein. Also tatsächlich absolutes Naturschutzgebiet. So ziehe ich mich respektvoll wieder zurück, auch wenn die Verlockung groß ist, einfach mein Zelt aufzuschlagen und am Wasser zu schlafen. Ich bin mitten im Nirgendwo und der nächste Ort ist Logroño. Was nützt es, hier kann ich nicht schlafen, also muss ich weiter. Eventuell finde ich auf den nächsten Kilometern ja meinen ersehnten Schlafplatz. Als ich dann weiter laufe, merke ich plötzlich, dass meine Rückenschmerzen der letzten Stunden verflogen sind und auch meine Füße tun nicht mehr weh. Meine Kondition ist prima und der 20kg Rucksack ist plötzlich federleicht. Erschrocken blicke ich mich um, ob ich ihn an der an der Lagune vergessen habe. Meinen Rucksack habe ich auf. Scheint, als hätte mein Körper plötzlich den Reservemotor rausgeholt. Ich spüre wirklich absolut nichts mehr und fühle mich wie in Trance. Beflügelt laufe ich zügig wie auf Wolken weiter, bevor gar noch eine Änderung auftritt. Ist das Gott? Ich beschließe, diese Frage später zu klären und mich wieder um meine realen Probleme zu kümmern, denn sollte ich keinen Platz zum Zelten finden, muss ich vor 22 Uhr in Logroño ankommen, ansonsten sind die Herbergen dicht und dann stehe ich wirklich dumm da. Bin auch ganz schön wählerisch mit meinem Zeltplatz. Eigentlich ist mir die Lage gar nicht so wichtig, denn sobald ich das Zelt schließe, habe ich eh nichts von der Umgebung, aber ein Bad oder eine Dusche würde ich doch schon gerne noch nehmen, zumal ich immer noch Ausschlag von meinen Kniebandagen und Rucksackgurten habe. Aufgrund des extrem hohen Gewichtes kann ich es mir auch nicht erlauben, die Bandagen abzulegen und die Wahl zwischen Knieschmerzen oder Hautausschlag ist für mich eine klare
Entscheidung. Also Zähne zusammenbeißen und weiter marschieren, grade klappt’s doch ganz gut.
Es ist bereits dunkel, als ich in Logroño ankomme und da der schmutzige Fluss am Stadteingang nicht zum Baden einlädt, steuere ich direkt die Herberge an. Um kurz nach 21 Uhr und etwa 50 km später bin ich endlich am Ziel angekommen und drücke erwartungsvoll auf die Klingel der Herberge. Die Tür wird geöffnet und ich werde freundlichst empfangen. Ich löse nur noch die Schnalle meines Rucksackes und breche förmlich auf dem Sofa hinter mir zusammen. Nun
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