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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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als die Hunde sie an ihrem Haus vorbeischleiften und am nächsten Laternenpfahl abrupt wieder stehen blieben. Erst hob der eine Hund das Bein, um sein Revier zu markieren, dann der andere.
    »Männer«, sagte Anne lachend, als die beiden Frauen die Arme unterhakten und weiter die Straße hinuntergingen.
    »Bist du je von einer Frau angemacht worden?«, fragte Emma.
    »Was?« Lily riss die Augen auf.
    »Ich schon«, fuhr Emma fort. »Ist lange her. Von einer der Lehrerinnen der Privatschule, auf der ich war.«

    »Mein Gott. Was ist passiert?«
    »Ich war dreizehn, vielleicht vierzehn. Ich fing gerade an, einen Busen zu kriegen, und war deswegen ziemlich verlegen. Wir hatten eine Sportlehrerin, Mrs. Gallagher, die alle liebten. Sie hatte lange, glänzende, blonde Haare, die die Mädchen für sie bürsten durften. Ich meine, kannst du dir das vorstellen? Wir hielten es tatsächlich für eine Ehre, die fettigen Haare dieser Frau zu bürsten. Und eines Tages fiel diese Ehre mir zu. Ich stehe also hinter ihr und bürste emsig. Mein Arm fühlt sich an, als würde er jeden Moment abfallen, aber ich bürste immer weiter. Sie erklärt mir, dass ich es besser machen würde als alle anderen, dass ich genau das richtige Gefühl dafür hätte, worauf ich natürlich noch kräftiger bürste und sie mich auffordert, am Abend noch einmal zu ihr zu kommen. Das tat ich. Nur dass diesmal nicht ich ihr das Haar gebürstet habe, sie fing vielmehr an, meins zu bürsten. Und ich muss zugeben, es fühlte sich toll an. Dabei säuselte sie, dass ich wunderbares Haar hätte, so weich und hübsch. Und dann spürte ich plötzlich etwas im Nacken und wusste, dass es nicht die Bürste war.«
    »Sie hat dich geküsst?«
    Emma nickte, zog eine Augenbraue hoch und schob die Lippen übereinander.
    »Was hast du gemacht?«
    »Nichts. Ich hatte panische Angst. Ich hab einfach dagesessen. Und sie sagte Sachen wie: ›Fühlt sich das gut an? Gefällt dir das?‹ Und dann bin ich plötzlich vom Stuhl aufgesprungen und aus dem Zimmer gerannt. Und ich bin gerannt, bis ich zu Hause war.«
    »Hast du es irgendjemandem erzählt?«
    »Meiner Mutter. Sie war die Direktorin der Schule.«
    »Und? Hat sie die Frau gefeuert?«
    »Sie hat mir nicht geglaubt. Sie hat gesagt, ich würde mir das alles nur ausdenken, um Aufmerksamkeit zu bekommen.«
    Lily sah sie entsetzt an. »Wie schrecklich für dich.«

    Emma zuckte die Achseln.
    »Du hattest ein wirklich interessantes Leben«, bemerkte Lily nach einer längeren Pause.
    »Manchmal ein bisschen zu interessant.« Emma trank den letzten Schluck Kaffee, stand auf und drückte Lily den Scully’s-Becher in die Hand. »Ich sollte jetzt wohl mal nach Hause gehen.«
    »Ich bin wirklich froh, dass du heute Abend gekommen bist.«
    »Ich auch. Sag mir Bescheid, wenn du dich wegen morgen entschieden hast.« Emma ging die Treppe hinunter und winkte vom Bürgersteig noch einmal zum Abschied. »Ich fand es wirklich sehr schön«, rief sie und setzte einen widerwilligen Fuß vor den anderen. Als sie bei ihrem Haus ankam, drehte sie sich noch einmal um, aber Lily stand nicht mehr auf der Treppe. Wahrscheinlich hätte sie ihr nicht erzählen sollen, dass ihre Mutter die Direktorin der Schule war, dachte sie, als sie die Tür aufschloss und auf Zehenspitzen ins Haus schlich. Hatte sie Angst, dass Lily sie nicht mögen würde, wenn sie ihr die Wahrheit sagte? Das war albern. Lily war anders als die Mädchen, mit denen sie aufgewachsen war. Sie würde sie nicht geringer schätzen, wenn sie erfuhr, dass ihre Mutter nur zum Hauspersonal gehört hatte.
    Aber kam es nach den vielen Lügen, die sie schon erzählt hatte, auf eine mehr oder weniger wirklich noch an?
    Emma warf einen Blick in Dylans Zimmer und sah, dass er fest schlief. Wenn ich auch nur so schlafen könnte, dachte sie neidisch, als sie sich auszog und ins Bett ging.
    Sie schloss die Augen und wartete auf die Dämonen.

11
     
     
    In den wenigen Minuten der Dämmerung zwischen Schlaf und Aufwachen durchlebte Jamie noch einmal die zweijährige Hölle ihrer Ehe mit Mark Dennison. Sie begann durchaus passend in ihrer Hochzeitsnacht, als eine Reihe hektischer Anrufe der Mutter des Bräutigams ihre Bemühungen, die Ehe zu vollziehen, wiederholt unterbrach.
    »Wie konntest du das tun?«, hörte Jamie ihre frischgebackene Schwiegermutter durch die Telefonleitung klagen. »Wie konntest du ein Mädchen heiraten, das du gerade erst kennen gelernt hast und über das du absolut nichts

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