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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Spaß macht. Für ihn ist das nicht anders, als eine Fliege zu erschlagen.«
    »Das klingt wirklich beängstigend.« Lily blickte wieder zu dem Mann mit dem Bart, der sich gerade ein Stück Apfelkuchen in den Mund schob und weiter auf seine Begleiterin in dem gepunkteten Kleid einredete. »Vermutlich weiß man bei anderen Menschen nie ganz genau.«
    »Überleg doch mal. Was sagen alle, wenn sie von einem besonders grausigen Verbrechen erfahren?«, fragte Jeff. »Die Nachbarn des Irren, der gerade verhaftet worden ist, weil er in seinem Garten zwanzig Menschen lebendig begraben
hat? Sie sagen immer das Gleiche: ›Er war so nett und so ruhig. Wir hätten ihn nie im Leben verdächtigt.‹«
    »Willst du damit sagen, dass jeder ein geheimes Leben hat?«
    »Also, ich nicht«, sagte Jeff und lachte. »Bei mir kriegt man auf jeden Fall genau das, was man sieht.«
    Was ich sehe, gefällt mir, dachte Lily und nahm einen weiteren Bissen von ihrem Lachs, um es nicht laut zu sagen. »Und privat?«, fragte sie stattdessen.
    »Privat?«
    »Worüber lügst du privat?«
    »Worüber lüge ich privat?«, wiederholte er. »Meistens Kleinigkeiten.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel hat mir meine Mutter zu Weihnachten einen Pullover gestrickt, ein schrilles, rosa-dunkelrot gestreiftes Teil - weiß Gott, was sie sich dabei gedacht hat -, und sie ist natürlich stolz wie Oskar und fragt mich ständig, ob er mir gefällt. Was soll ich sagen? ›Es ist das hässlichste Kleidungsstück, das ich je gesehen habe, und ich wollte nicht mal tot darin gesehen werden?‹ Nein, natürlich nicht. Ich erkläre ihr, dass der Pullover wunderschön ist und ich ihn liebe.«
    »Das heißt, du lügst, um die Gefühle eines anderen nicht zu verletzen?«
    »Und vermutlich übertreibe ich manchmal ein bisschen«, gab er nach einer Pause zu. »Damit sich eine Geschichte besser anhört, verstehst du?«
    »Du meinst wie der Fisch, der noch vom Haken gesprungen ist?«
    »Oder in meinem Fall der Kunde.«
    »Der Kunde?«
    Jeff lachte. »Der Straftäter, Verbrecher, Schurke. Der Typ, den ich jage - ›Er muss Olympiasieger gewesen sein. Superman hätte ihn auch nicht schnappen können.‹ So in der Richtung.«

    Nun war es an Lily zu lachen. »Das heißt, du bist gerne Polizist?«
    »Ja, sehr gerne.«
    »Was gefällt dir daran?«
    »Ganz ehrlich?«
    »Es sei denn, du denkst, du könntest meine Gefühle verletzen.«
    Er lächelte. »Ehrlich gesagt mag ich alles daran. Ich löse gern Rätsel, rette gern irgendjemandes Hund oder finde ein vermisstes Kind. Ich verhafte gerne die Bösen und sperre sie ein. Ich erscheine gern vor Gericht. Verdammt, ich mag sogar Anwälte, und das ist etwas, was ich nicht vielen Menschen verrate.«
    »Ich werde es bestimmt nicht weitersagen.«
    »Und du?«, fragte Jeff. »Was magst du?«
    »Nun, ich mag auf jeden Fall diesen Lachs.« Lily widmete sich ihrem Teller und wusste, dass sie seiner Frage auswich. Sie wusste auch, dass er sie beobachtete und darauf wartete, dass sie fortfuhr. »Und ich mag dieses Restaurant.« Sie machte eine Pause, ließ ihre Gabel sinken und sah ihn direkt an. »Und ich bin froh, dass ich es mir anders überlegt habe und heute Abend mit dir ausgegangen bin.«
    »Warum hast du deine Meinung geändert?«
    »Ganz ehrlich?«
    »Es sei denn, du denkst, du könntest meine Gefühle verletzen«, sagte er, und sie lächelten beide.
    »Nun, es war nicht so, dass ich nicht wollte. Eigentlich wollte ich von Anfang an.«
    »Und deshalb hast du natürlich Nein gesagt.«
    »Es ist einfach nur so lange her, dass ich eine richtige Verabredung mit irgendjemandem hatte, und ich war mir nicht sicher, ob das so eine tolle Idee ist.«
    »Warum?«
    »Warum ich mir nicht sicher war, ob es eine gute Idee ist?«

    »Warum du keine Verabredungen hattest.«
    Lily legte Messer und Gabel auf dem Teller ab und massierte sich mit den Fingern der rechten Hand den Nacken. »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Du hast mir erzählt, dass dein Mann voriges Jahr einen tödlichen Motorradunfall hatte.«
    Lily nickte.
    »Wie lange wart ihr verheiratet?«
    Lily zögerte. Sie wollte eigentlich nicht über ihre Ehe reden, aber nicht darüber zu sprechen, könnte sie mysteriöser erscheinen lassen als nötig. Und hatte Jeff nicht gesagt, dass er gern Rätsel löste? »Vier Jahre. Ich war schwanger, als wir geheiratet haben«, fügte sie hinzu, obwohl er nicht danach gefragt hatte.
    »War es eine gute Ehe?«
    Lily zuckte die Achseln. »Sagen wir mal, sie

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