Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Jed denken. »Ich weiß.« Nach kurzem Zögern traf sie eine Entscheidung. »Möchten Sie wissen, was Ihre Tante für Sie gekauft hat?«
»O ja, gerne.«
»Sie erzählte mir, dass Sie nähen. Sie hat sich dann für einen viktorianischen Türstopper entschieden, damit die Tür Ihres Nähzimmers offen bleibt und Sie das Baby im Kinderzimmer hören können, falls es weint.«
»Einen Türstopper?« Sharon lächelte. »Etwa einen Elefanten aus Bronze, einen Dumbo?«
»Genau.«
»Wir haben ihn in der Ecke des Wohnzimmers gefunden.« Tränen stiegen ihr wieder in die Augen. »Das ist genau die Art von Geschenken, die sie für mich aussucht.«
»Sie hat auch fürs Kinderzimmer einen Türstopper mitgenommen, einen chinesischen Hund, der in zusammengerollter Position schläft.«
»Den habe ich nicht gesehen. Wahrscheinlich ist der auch zerbrochen. Der Kerl hat die meisten der eingepackten Geschenke zerschlagen und vieles andere mehr.« Ihre Finger schlossen sich um Doras Hand. »Es sah so aus, als ob er völlig durchgedreht wäre. Man muss ja auch verrückt sein, wenn man eine alte Frau umbringt und eine andere halb tot schlägt, denke ich mir. Ich möchte meiner Tante gern etwas mitbringen, wenn ich sie nachher besuche. Können Sie mir helfen, etwas Hübsches auszusuchen?«
»Aber gerne.«
Zwanzig Minuten später begleitete Dora Sharon zu ihrem Wagen und wartete, bis sie weggefahren war.
»Was war denn mit der los?«, erkundigte sich Lea. »Das arme Ding sah ja völlig niedergeschlagen aus.«
»Das war die Nichte von Mrs. Lyle – die Frau, die am Heiligen Abend überfallen wurde.«
»Society Hill? Sie liegt im Koma, stimmt’s?«
»Sie ist vor kurzem aufgewacht.«
Lea schüttelte den Kopf. »So ein Einbruch ist einfach schrecklich.«
Bei der Erinnerung an ihr eigenes Erlebnis lief Dora ein eiskalter Schauer über den Rücken. »Grauenvoll«, stimmte sie zu. »Ich hoffe nur, sie kriegen den Kerl.«
»Jetzt aber«, begann Lea und drehte Dora zu sich herum, »wieder zu dir. Warum siehst du so elend aus, nachdem du gestern den ganzen Tag frei hattest?«
»Keine Ahnung. Ich habe mich den ganzen Tag nicht aus dem Bett gerührt.« Ein verschmitztes Lächeln lag auf Doras Gesicht, als sie sich von Lea abwandte, um eine Sammlung Spieldosen umzudekorieren.
»Moment mal.« Lea machte einen Schritt um Dora herum und musterte sie mit ihrem scharfen Adlerblick. »Ooh!«, machte sie und schaffte es, dieses »Ooh« in drei immer lauter werdende Silben zu zerlegen. »Jetzt geht mir ein Licht auf – Jed.«
Dora klappte den Deckel einer emaillierten Spieldose auf, und die Mondscheinsonate erklang. »Was ist mit ihm?«
»Komm, Isadora, spiel nicht die Verständnislose. In welchem Bett hast du denn den Tag verbracht?«
»In meinem eigenen.« Grinsend ließ sie den Deckel zuschnappen. »Und es war ungeheuerlich.«
»Wirklich?« Lea war ganz Ohr. »Na los, spuck’s schon aus.«
»Nun, er ist … ich kann nicht«, erklärte sie verdutzt. »Das gestern war etwas anderes.«
»Ach, tatsächlich«, feixte Lea und grinste von einem Ohr zum anderen. »Weißt du noch, was ich gemacht habe, als mich John zum ersten Mal küsste?«
»Du kamst heim, bist ins Bett gekrochen und hast eine Stunde lang geheult.«
»Genau. Weil ich Schiss hatte und durcheinander war
und mir zudem absolut sicher, dass ich gerade den Mann getroffen hatte, mit dem ich mein restliches Leben verbringen würde.« Die Erinnerung daran zauberte ein wissendes, leicht blasiertes Lächeln auf Leas Gesicht.
»Du warst damals achtzehn«, bemerkte Dora, »äußerst theatralisch und dazu noch Jungfrau.«
»So, und du bist neunundzwanzig, äußerst theatralisch und warst noch nie richtig verliebt.«
Ein genervter Seufzer. »Aber natürlich war ich das schon.«
»Nein, warst du nicht.«
Dora schnappte sich ein Staubtuch. »Ich habe nicht gesagt, dass ich in Jed verliebt bin.«
»Und, bist du es?«
»Ich weiß nicht.«
»Aha«, rief Lea triumphierend. »Da haben wir es ja schon. Wenn du es nicht wärst, würdest du es sagen. Und weil du es bist, bist du verunsichert. Übrigens, wo steckt er eigentlich?«
»Ausgegangen.« Dora, die sich durchschaut fühlte, warf ihrer Schwester einen finsteren Blick zu. »Stell dir vor, ich lasse ihn ohne Leine laufen.«
»Gereizt«, konstatierte Lea mit einem weisen Nicken, »auch ein sicheres Anzeichen.«
»Hör mal, wenn ich irgendwann einmal Zeit dazu habe, werde ich meine Gefühle schon selbst analysieren.« Sie
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