Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Bauch. »Eine Tasse Tee wäre fein.«
»Milch? Zitrone?«
»Nein, danke. Ohne alles.«
»Warum setzen Sie sich nicht?«, meinte Dora fürsorglich und führte die Kundin zu einem Stuhl. »Wir lassen heute den Tag etwas ruhiger angehen. Die Feiertagsstrapazen, Sie wissen ja.«
Als ein junges Paar hereingeschlendert kam, gab Dora ihrer Schwester mit einer Handbewegung zu verstehen, sich um die beiden zu kümmern. Sie schenkte inzwischen zwei Tassen Tee ein.
»Vielen Dank. Ich bin Sharon Rohman«, stellte sich die Kundin vor, als sie Dora die Tasse abnahm.
»Verzeihung, ich bin heute nicht ganz auf dem Damm. Oh!« Es traf sie wie ein Faustschlag. Sie setzte sich und griff nach Sharons Hand. »Sie sind Mrs. Lyles Nichte. Es tut mir so Leid, was Ihrer Tante zugestoßen ist. Bei meinem letzten Anruf im Krankenhaus befand sie sich immer noch im Koma.«
Sharon presste die Lippen aufeinander. »Sie ist letzte Nacht aufgewacht.«
»Oh, das freut mich zu hören.«
»Ihr Zustand ist aber immer noch sehr kritisch. Die Ärzte können nicht sagen, ob oder wann sie wieder gesund wird. Sie – sie ist sehr schwach.«
Doras Augen füllten sich unvermittelt mit Tränen. »Das muss eine schreckliche Zeit für Sie sein. Es gibt nichts Schlimmeres als zu warten.«
»Ja, da haben Sie Recht.« Doras freundliches Mitgefühl half ihr, sich ein wenig zu entspannen. »Wir sind uns immer sehr nahe gestanden, wie Freundinnen. Meine Tante war nach meinem Mann der erste Mensch, dem ich von dem Baby erzählte.«
»Sie sehen so erschöpft aus«, meinte Dora freundlich. »Warum kommen Sie nicht zu mir hinauf in meine Wohnung? Dort können Sie sich ein paar Minuten hinlegen und ausruhen.«
Doras Freundlichkeit trieb Sharon die Tränen in die Augen. »Ich kann nicht lange bleiben. Ich muss zurück ins Krankenhaus.«
»Sharon, wenn Sie sich so verausgaben, tun Sie Ihrem Baby nichts Gutes.«
»Ich bin so vorsichtig wie möglich.« Sie wischte sich mit dem Handrücken eine Träne ab. »Glauben Sie mir, ich befolge alles, was der Doktor mir rät.« Sharon holte tief Luft und meinte dann etwas entspannter: »Miss Conroy …«
»Dora«
»Dora.« Sie atmete noch einmal langsam ein und aus. »Ich bin vorbeigekommen, um mich für die Blumen zu bedanken,
die Sie ins Krankenhaus geschickt haben. Ein wunderschöner Strauß. Tante Alice liebt Blumen. Ihr Garten ist das reinste Blumenparadies. Die Schwestern sagten mir, dass Sie mehrmals angerufen und sich nach meiner Tante erkundigt hätten.«
»Ich bin ja so froh, dass es ihr besser geht.«
»Danke. Aber sehen Sie, ich dachte, ich würde alle ihre Freunde kennen. Darf ich Sie fragen, in welcher Beziehung Sie zueinander stehen?«
»Die Wahrheit ist, dass wir uns nur kurz begegnet sind. Hier. Sie kam vor Weihnachten zu mir in den Laden.«
Sharon schüttelte verwundert den Kopf. »Sie hat bei Ihnen eingekauft?«
»Ja, ein paar Kleinigkeiten.« Dora brachte es nicht übers Herz, Sharon von den Geschenken zu erzählen, die sie für ihre Nichte und das Baby gekauft hatte. »Sie erzählte mir, sie sei gekommen, weil Sie hier schon etliche Male etwas gekauft hätten.«
»Ja.« Sharon lächelte unsicher, als Dora ihr Tee nachschenkte. »Sie haben immer so interessante Stücke. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber es kommt mir etwas seltsam vor, dass Sie sich so um einen fremden Menschen sorgen, dem Sie nur einmal begegnet sind, als Ihre Kundin.«
»Ich mochte Ihre Tante«, erwiderte Dora schlicht. »Und es berührte mich sehr, dass sie so kurz nach ihrem Besuch hier verletzt worden ist.«
»Sie hat etwas für mich gekauft, habe ich Recht?«
»Sie hat Sie sehr gern.«
»Ja.« Es kostete Sharon einige Anstrengung, die Fassung zu wahren. Sie musste stark sein wegen ihres Babys und wegen ihrer Tante. »Wer immer das war, der Muriel umgebracht und Tante Alice so schwer verletzt hat, er hat auch viele Gegenstände zerschlagen. Mir erscheint das alles so sinnlos.«
»Hat die Polizei schon irgendwelche Spuren?«
»Nein.« Sharon stieß einen leisen, hilflosen Seufzer aus. »Nein, bisher noch nicht. Die Polizisten waren sehr freundlich. Als die Polizei zu meiner Tante kam, war ich völlig
hysterisch. Ich hatte sie und die arme Muriel am ersten Feiertag gefunden. Einen Krankenwagen und die Polizei zu rufen, das habe ich gerade noch geschafft. Aber dann bin ich restlos zusammengeklappt. Das Gespräch mit den Beamten hat mir etwas geholfen. Ihre Sachlichkeit hat mir gut getan.«
Dora musste an
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