Träume wie Gold: Roman (German Edition)
sieht.«
»Das ist aber nett von Ihnen.« Terri wickelte die Staffordshire-Figur in Seidenpapier ein. »Sie scheinen ein sehr aufmerksamer Neffe zu sein.«
»Nun, Tante Mary hat mich mit großgezogen.«
»Wirklich zu schade, dass Sie nicht schon ein paar Tage früher hier hereingeschaut haben. Da hatten wir genau so einen Hund, wie Sie ihn mir eben beschrieben haben. Aus Porzellan, braun-weiss gefleckt. Er stand nur einen einzigen Tag im Laden, und schon war er verkauft.«
»Verkauft?«, wiederholte DiCarlo mit einem gequälten Lächeln. »Das ist wirklich zu schade.«
»Aber er war bei weitem nicht so hübsch wie der, den Sie jetzt ausgesucht haben, Mr. DiCarlo«, setzte sie nach einem
Blick auf seine Kreditkarte hinzu. »Glauben Sie mir, Ihre Tante wird Sie vergöttern.«
»Ja, die Wahl war gewiss die richtige. Wie ich sehe, verkaufen Sie auch Gemälde.«
»Eine kleine Auswahl, überwiegend Drucke und Portraits, die aus Haushaltsauflösungen stammen.«
»Nichts Modernes also? Ich richte gerade meine Wohnung neu ein.«
»Leider nicht. Wir haben zwar noch etliches im Lager, aber Gemälde sind nicht darunter.«
Während sie die Rechnung ausschrieb, stand DiCarlo da und trommelte mit den Fingerkuppen auf die Ladentheke. Er musste herausfinden, wer diesen verdammten Köter gekauft hatte. Wäre es nicht mitten am helllichten Tag gewesen – abgesehen von der großen Schaufensterscheibe in seinem Rücken – hätte er dieser hübschen Verkäuferin seine Pistole unters Kinn gehalten und sie gezwungen, den Käufer ausfindig zu machen. Anschließend hätte er sie natürlich umbringen müssen.
Er warf einen Blick durchs Schaufenster nach draußen. Nur wenig Verkehr, kaum Fahrräder oder Fußgänger. Doch er schüttelte den Kopf. Ein junges Mädchen in einem grünen Parka schoss auf Rollerblades über den Gehsteig. Nein, das war das Risiko nicht wert.
»Unterschreiben Sie bitte hier.« Terri schob ihm die Quittung und die Karte hin. »So, das wär’s, Mr. DiCarlo. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Tante ein ganz tolles Weihnachtsfest.«
Da sie ihn durchs Fenster beobachtete, verstaute er den Karton vorsichtig im Kofferraum und winkte ihr kurz zu, bevor er sich hinters Steuer setzte. Langsam rollte der Porsche davon.
Er würde sich irgendwo ein verspätetes Mittagessen genehmigen. Wenn es dann dunkel und der Laden leer war, würde er zurückkommen.
Dora stand vor Jeds Tür und klopfte an. Sie wusste, dass er sie anknurren würde – doch das ließ sich nicht ändern. Tatsache
war, dass sie sich schon an sein Geraunze und Geknurre gewöhnt hatte. Und er enttäuschte sie nicht.
Sein kurzärmeliges Sweatshirt hatte dunkle, feuchte Flecke. Auf seinen Unterarmen glänzten Schweißperlen. Eigentlich hätte sie sich eine Sekunde Zeit gönnen sollen, um dieses Musterbeispiel an Männlichkeit zu bewundern, doch seine griesgrämige Miene beanspruchte ihre ganze Aufmerksamkeit.
Er packte die Enden des Handtuchs, das er um den Nacken gelegt hatte. »Was ist denn nun schon wieder?«
»Entschuldigen Sie, dass ich hier so reinplatze.« Sie spähte an seiner Schulter vorbei ins Zimmer. Auf dem Fußboden lagen Gewichte und Hanteln. »Und dass ich Sie beim Stählen Ihrer Muskulatur störe, aber mein Telefon ist kaputt. Und ich muss dringend einen Anruf tätigen.«
»An der Ecke steht eine Telefonzelle.«
»Sie sind wirklich ein selten reizender Mann, Skimmerhorn. Ich verstehe gar nicht, warum eine vom Glück mehr begünstigte Frau als ich es bin, Sie sich nicht schon längst geschnappt hat.«
»Ich verscheuche sie mit einem Holzprügel.«
»Das glaube ich ihnen aufs Wort. Kommen Sie, seien Sie ein Sportsfreund, ist doch nur ein Ortsgespräch.«
Einen Augenblick lang war er versucht, ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Wieder einmal. Stattdessen öffnete er sie noch weiter und trat einen Schritt zurück. »Machen Sie es kurz«, brummte er und verschwand in der Küche.
Um sie in Ruhe telefonieren zu lassen? fragte sich Dora. Wohl kaum. Und sie hatte sich nicht getäuscht. Eine Minute später kam er, eine Flasche Wasser in sich hineinschüttend, zurück. Dora schüttelte den Apparat, klopfte leise fluchend auf die Gabel und legte den Hörer wieder auf.
»Ihr Telefon geht auch nicht.«
»Kein Wunder. Schließlich hängen wir an derselben Leitung.«
Er hatte die Tür offen gelassen, genau wie sie ihre. Aus ihrer Wohnung kam leise Musik. Weihnachtliche Musik diesmal, aber gesungen von einem mittelalterlich
Weitere Kostenlose Bücher