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Träume wie Gold: Roman (German Edition)

Träume wie Gold: Roman (German Edition)

Titel: Träume wie Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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zu zücken. Wenn ich einen Unterrock tragen würde, so müsste ich ihn jetzt für Binden in Stücke reißen.«
    Jed gönnte sich einen weiteren Blick auf ihren glitzernden Overall. »Was trägst du da drunter?«
    »Nur nackte Haut.« Zielstrebig schob sie ihn auf einen Stuhl. »Jetzt musst du sagen: ›Aber ich bitte Sie, gnädige Frau, es ist doch nur ein Kratzer.‹«
    »Ist es ja auch.« Er schenkte ihr ein dünnes Lächeln. »Aber es hätte schlimmer kommen können.«
    »Ohne Zweifel.« Ihr Anzug raschelte leise, als sie sich
neben ihn kniete und die Wunde mit einem bereitgelegten Wattebausch abtupfte. »Meine Schwester würde sagen, du hättest dein Auge verlieren können. Irgendwie hat es Lea dauernd mit ausgestoßenen oder ausgestochenen Augen. In dieser Hinsicht ähnelt sie unserer Mutter, die rechnet auch immer mit dem Schlimmsten.« Dora tunkte einen zweiten Wattebausch in eine Flüssigkeit und sagte fröhlich: »Das kann jetzt ein bisschen brennen.«
    Als der kleine Kratzer tatsächlich Feuer fing, packte Jed ihr Handgelenk. »Verflucht nochmal, was ist das?«
    »Alkohol. Damit reinigt man bekanntlich Wunden.«
    »Ja, bis auf die Knochen«, knurrte Jed.
    »Komm, stell dich nicht so wehleidig an, Skimmerhorn. Halt still.«
    Er zog eine Grimasse, als sie wieder mit dem Wattebausch anrückte. »Vorhin, als du hysterisch schreiend die Treppe heruntergestürzt bist, hast du mich beim Vornamen genannt.«
    »Ich schreie nie hysterisch.«
    »Vorhin aber schon.« Er griente hinterhältig. »Jed! Jed! Oh, Jed!«
    Dora ließ den Wattebausch in eine flache Emailschüssel fallen. »Da hatte ich auch die Befürchtung, du würdest in ein offenes Messer rennen. Leider habe ich mich getäuscht.«
    Sie legte ihren Daumen an sein Kinn und drehte seinen Kopf zur Seite, um die Wunde zu inspizieren. »Willst du ein Heftpflaster?«
    »Nein.« Dann leuchteten seine Augen auf einmal. »Willst du meine Verletzung nicht küssen?«
    »Nein.« Sie stand auf, nahm die Schüssel in die Hand, setzte sie aber gleich wieder ab. »Hör mal, ich muss dich was fragen. Die Antwort kenne ich allerdings schon. Du wirst sagen, ich sollte mich wegen so einer komischen Geschichte nicht aufregen. Aber ich frage trotzdem: Glaubst du, er kommt nochmal zurück?«
    Jed studierte ihr Gesicht. Da war ein Ausdruck in ihren Augen, den sie bis jetzt meisterhaft verborgen gehalten hatte.
Doch es gab wenig, was er tun konnte oder wollte, um ihn zu vertreiben.
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte er lahm.
    »Großartig.« Dora schloss die Augen und holte tief Luft. »Ich hätte mir die Frage sparen können. Wenn du schon nicht weißt, was der Typ hier gesucht hat, wie sollst du dann wissen, ob er nochmal wiederkommt oder nicht, stimmt’s?«
    »Ja, in etwa.« Er hätte lügen können, überlegte Jed, beunruhigt über die Blässe, die jetzt wieder ihre Wangen überzog. Es wäre nicht so schwierig gewesen, sie so weit zu beruhigen, dass sie sich einigermaßen friedlich hätte schlafen legen können. Sie sah sehr müde aus.
    »Schau.« Er stand auf und überraschte sie beide damit, dass er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr strich, um dann sofort die Hand zurückzuziehen und in seiner Hosentasche zu vergraben. »Schau«, begann er erneut. »Ich glaube nicht, dass du heute Nacht noch irgendetwas zu befürchten hast. Was du jetzt brauchst, ist eine dicke Mütze Schlaf. Lass die Cops ihre Arbeit tun.«
    »Hm.« Es lag ihr auf der Zunge, ihn zu bitten, dazubleiben. Allerdings war der Grund für diese Bitte nur zu einem geringen Teil die Angst, allein zu sein. Sie schüttelte den Kopf und rieb sich dabei die Arme, um sie zu wärmen. »Morgen werde ich nicht hier sein, ich bin bei meiner Schwester.«
    »Fein. Schließ hinter mir ab, okay?«
    »Darauf kannst du dich verlassen.« Sie hatte die Hand auf der Klinke, als er in den Flur hinaustrat. »Du auch. Schließ du auch ab, meine ich.«
    »Klar.« Er wartete, bis sie die Tür zugemacht und verriegelt hatte. Er musste grinsen, als er das unverwechselbare Geräusch eines Stuhls hörte, der unter die Türklinke geschoben wurde. Gute Idee, Conroy, dachte er und ging hinunter in den Lagerraum, um sich dort noch einmal umzusehen.
     
    In einem hübschen, von Eichen umgebenen Stadthaus aus der Gründerzeit saß eine wohlhabende Witwe mit einem
Glas Sherry vor dem Fernseher und sah sich Bing Crosby’s White Christmas an.
    Als sie leise Schritte hinter sich hörte, hob Mrs. Lyle lächelnd eine Hand. »Komm, Muriel, setz dich und

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