Träume wie Gold: Roman (German Edition)
wäre, warum sollte er sich dann in einem Ein-Zimmer-Apartment einmieten?«
Will schüttelte mit dem Kopf. »Du als Conroy stellst Überspanntheit in Frage?«
»Habe kurzzeitig den Kopf verloren.«
»Na, egal.« Will ließ heißes Wasser ins Spülbecken laufen. »Wenn ich das Drehbuch richtig interpretiere, würde ich sagen, unser Held, der wohlbetuchte Captain, macht eine Verschnaufpause. Der letzte Sommer war ziemlich haarig für ihn. Die Speck-Ermittlungen brachten ihn monatelang in die Nachrichten, und als dann auch noch seine Schwester durch eine Autobombe ums Leben kam …«
»Warte.« Sie hielt seinen Arm fest. »Seine Schwester, sagst du?«
»Die Polizei nahm an, dass es Speck gewesen war, konnten es ihm aber nie beweisen, glaube ich.«
»O Gott, das ist ja furchtbar.« Dora war kreidebleich geworden und presste eine Hand auf ihren verkrampften Magen. »Grauenhaft.«
»Schlimmer noch, er stand daneben, als es passierte. Die Schlagzeile lautete: ›Captain des Police Departments sieht eigene Schwester verbrennen.‹ Ziemlich hart, wie?«
»Armer Jed«, murmelte Dora.
»Die Regenbogenpresse hat die Sache anschließend gründlich ausgeschlachtet. Kann mich nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern, aber die Reporter haben etliche Skandale in Zusammenhang mit dem Bester-Clan ausgegraben. Die Schwester war drei- oder viermal geschieden. Die Eltern haben sich mit Vorliebe in aller Öffentlichkeit angebrüllt und geprügelt. Und wenn ich mich recht entsinne, hat Jed als Jugendlicher ein krummes Ding gedreht. Du weißt ja, wie sich die Leute am Unglück Reicher ergötzen.«
»Kein Wunder, dass er in Ruhe gelassen werden will. Aber«, fuhr sie nach einer kurzen Pause fort, »das ist keine Lösung.« Sie beugte sich zu Will und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Schließ ab, wenn du gehst. Sehe ich dich Silvester?«
»Das lasse ich mir doch nicht entgehen. Dora!«
»Hmm?«
»Tu, was er dir sagt. Ich hab’ dich gern um mich.«
»Keine Sorge, so schnell wirst du mich nicht los.« Sie schnappte sich ihre Schlüssel und ging nach unten.
Es war wenig los an diesem Vormittag, sodass Dora viel Zeit zum Nachdenken hatte. Alles was sie über Jed nicht wusste, füllte anscheinend mühelos ein ganzes Lexikon. Die hochinteressanten Einzelheiten, die Will hatte fallen lassen, machten ihr das bewusst.
»Guten Morgen, Izzy, meine geliebte Tochter.« Angetan mit Ohrenschützern aus Nerz, die er sich über seine eisgraue Haarmähne gezogen hatte, kam Quentin zur Ladentür hereingerauscht. Dazu trug er einen knöchellangen Schaffellmantel, den Trixie ihm zu Weihnachten geschenkt hatte.
»Dad. Genau der Mann, den ich jetzt sehen möchte.«
»Es ehrt einen Vater, im Hause seiner Tochter willkommen zu sein, beweist es doch den Wert eines Mannes in den besten Jahren. Ah, Terri, eine Augenweide, wie immer.« Er ging auf die Rothaarige zu, nahm ihre Hand und legte eine bühnenreife Verbeugung hin. »Eine Bereicherung für die
Liberty Players, für Ihren Ihnen tiefst ergebenen Regisseur wie auch für Doras Antiquitäten- und Trödelladen. Was, keine Kundschaft heute Morgen?«
»Ein paar Leute, die sich nur umsehen wollten, ein Umtausch und der Blitzverkauf eines Zwanzig-Dollar-Türklopfers, der die Form eines brüllenden Nilpferds hat«, berichtete Dora. »Ich schätze, in den Kaufhäusern herrscht Hochbetrieb. Terri, du bewältigst den Ansturm doch allein, oder?«
»Mit verbundenen Augen und an Händen und Füßen gefesselt.«
»Dad.« Dora nahm ihren Vater am Arm und zog ihn aus dem Verkaufsraum in den kleineren Nebenraum. »Was weißt du über Jed Skimmerhorn?«
»Wissen?« Um Zeit zu schinden, zog Quentin eine Rolle Pfefferminzpastillen aus der Manteltasche. »Lass mich mal nachdenken. Er ist ungefähr einsfünfundachtzig groß, schätze ich, und etwas über achtzig Kilo schwer. Athletischer, wohlproportionierter Körperbau. Mitte dreißig. Dem Teint und der Haarfarbe nach zu schließen angelsächsischer Abstammung.«
»Vergiss es. Ich kenne dich, Quentin D. Conroy. Lea würde dir zwar zutrauen, dass du das Apartment an einen Ketten schwingenden Motorradfreak mit ›Born to Raise Hell‹-Tätowierung auf der Brust vermieten würdest, aber ich weiß es besser.«
Quentin, offenbar zutiefst schockiert, blinzelte Dora verdutzt an. »Das hat Lea gesagt? Meine Tochter spricht mit gespaltener Zunge, fürwahr!« Er presste seine Faust in die Handfläche.
»Schweif nicht vom Thema ab. Was immer es über Skimmerhorn zu
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