Träume wie Gold: Roman (German Edition)
dass sie sie ihm nicht entziehen konnte. »Und jetzt erzähl mir, was passiert ist. Ganz genau.«
»Ich glaube, du hattest Recht damit, dass gestern hier eingebrochen worden ist. Allem Anschein nach war er auch bei mir. Ich habe zwar nicht bemerkt, dass irgendetwas verrückt wurde oder fehlte, aber er behauptete, mir gestern Abend beim Ausziehen zugesehen zu haben.« Sie zögerte. »Als er mir die Farbe meiner Unterwäsche beschrieb, habe ich ihm das wohl oder übel glauben müssen.«
Er erkannte die Zeichen: Erniedrigung gemischt mit Angst; Scham, die mit hilfloser Wut einherging. »Dora, ich könnte Brent anrufen und ihm sagen, dass er eine Kollegin mitbringt, wenn dir das angenehmer ist.«
»Nein.« Sie holte tief Luft. »Er muss sich hier irgendwo versteckt haben – wahrscheinlich wieder im Schlafzimmer. Ich bin zuerst in die Küche gegangen, um Teewasser aufzusetzen … oh, der Kessel steht noch auf dem Herd.«
»Den habe ich runtergenommen.«
»Gott sei Dank. Ich liebe nämlich diesen alten Wasserkessel.« Sie begann nervös mit den Fransen der Decke zu spielen. »Also, weiter im Text. Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, war plötzlich die Christbaumbeleuchtung aus. Ich hatte sie gerade zuvor eingeschaltet, und dachte mir, der Stecker sei aus der Steckdose gerutscht. Und wie ich auf den Baum zugehe, geht in der Küche ebenfalls das Licht aus. Er hat mich von hinten gepackt.«
Ihre Stimme zitterte jetzt leicht. Dora räusperte sich. »Ich hätte mich ja gewehrt. Ich wollte mich wehren, aber er hat seinen Revolver unter meinen Pullover geschoben und angefangen … und angefangen, damit über meine Haut zu fahren.«
»Komm her.« Er nahm sie in die Arme, denn sie hatte zu weinen begonnen, und bettete ihren Kopf an seine Schulter. Obwohl er innerlich vor Wut kochte, streichelte er ihr beruhigend übers Haar. »Jetzt ist ja alles vorbei.«
»Ich wusste, dass er mich vergewaltigen wollte.« Sie schloss die Augen und schmiegte sich an ihn. »Ich habe zwar letztes Jahr diesen Selbstverteidigungskurs mitgemacht, doch ich konnte mich auf einmal an nichts mehr erinnern. Er hat dauernd von dem netten Abend gefaselt, den wir uns machen würden, und plötzlich habe ich rot gesehen. Ich spürte seine sabbernden Lippen in meinem Nacken, und dabei hat er gemurmelt, ich müsse nur nett zu ihm sein, müsse mich nur kooperativ zeigen, dann würde mir nichts geschehen. Ich glaube, ich bin in erster Linie deshalb so sauer geworden, weil er damit rechnete, dass ich alles mit mir machen lassen würde, nur um meine Haut zu retten. Es war diese unbändige Wut, die mir wahrscheinlich die Kraft gegeben hat, mich zu wehren. Ich habe es nämlich tatsächlich geschafft, ihm den Ellbogen in den Magen zu stoßen und davonzurennen. Gerade, als du kamst.
»Gut.« Er wollte gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn er nicht rechtzeitig zurückgekommen wäre. »Kanntest du ihn?«
»Ich glaube nicht. Mir kam auch seine Stimme nicht bekannt
vor. Hier drinnen war es stockfinster, und er stand genau hinter mir. Draußen im Flur habe ich sein Gesicht einmal ganz kurz sehen können, aber wie gesagt, bekannt kam er mir nicht vor.« Sie atmete tief aus. »Dein nagelneues Treppengeländer ist zu Bruch gegangen.«
»Dann muss ich es eben noch einmal reparieren. Hast du irgendwo Aspirin?«
»Im Medizinschrank im Badezimmer.« Sie lächelte, als sie seine Lippen an ihrer Schläfe spürte. Das half auch schon ein bisschen. »Bring mir gleich mehrere davon.« Schon wesentlich ruhiger, lehnte sie sich zurück, als Jed aufstand. Dann entdeckte sie die zusammengeknüllte Serviette auf dem Couchtisch. Es war ihre Lieblingsserviette, die handbestickte mit den Satinecken. Und sie war voller Blut.
»Verdammt, Skimmerhorn, musstest du ausgerechnet mein bestes Leinen nehmen?« Ärgerlich beugte sie sich vor, um sie aufzuheben. »Und nass ist sie außerdem! Weißt du denn nicht, dass man nichts Nasses auf einen Holztisch legt?«
»An die Möbel habe ich dabei nicht gedacht.« Er kramte sich durch den Medizinschrank. »Da ist kein Aspirin.«
»Lass mich mal sehen.« Sie war sehr erleichtert, dass sie aufstehen und gehen konnte. Als sie jedoch ihr Gesicht im Spiegelschrank über dem Waschbecken sah, war sie entsetzt. »Oh, mein Gott!«
»Schwindlig?« Jed griff nach ihren Armen, für den Fall, dass sie wieder zusammenklappte.
»Nein, angewidert. Das Einzige, was noch an Make-up auf meinem Gesicht zu sehen ist, ist diese Schmiererei unter meinen
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