Traeume wie Samt
nicht zu verlassen?«
»Er ist ein erwachsener Mensch. Es ist seine Zukunft. Seine Entscheidung. Warum sollte ich mich einmischen?«
»Weil er ohne dich nie auf diese dumme Idee gekommen wäre!« rief Olivia verhalten. »Verdammt, Harry, er tut das nur, um etwas zu beweisen, und nicht, weil es das beste für unsere Zukunft ist. Ich habe es versucht, aber er will die Situation nicht vernünftig betrachten.«
Harry sah Olivia über die Schulter an. »Was, glaubst du, will er beweisen?«
»Daß er genauso stark und unabhängig ist wie du.« Mit einer ärgerlichen Handbewegung warf Olivia ihre Tasche aufs Sofa. »Er ist auf dich eifersüchtig, Harry.«
»Eifersüchtig? Warum zum Teufel sollte er eifersüchtig sein? Du hast mich verlassen, um ihn zu heiraten.«
Olivia fuhr zornig herum. »Mußt du damit wieder anfangen?«
»Ich wollte die Vergangenheit nicht wieder aufwärmen, sondern nur sagen, daß Brandon gewonnen hat, sollte es jemals eine Rivalität zwischen uns gegeben haben.«
Olivia wurde rot. »Es geht nicht um mich, sondern um dummen, männlichen Stolz. Machismo. Potenz. Wie immer ihr Männer das nennt. Bei Brandon ist es ein potentiell destruktiver Drang. Er will sich beweisen, daß er den gleichen Mut wie du besitzt. Er hat dich immer heimlich dafür bewundert, daß du dem Stratton-Geld den Rücken zugekehrt hast. Nun ist er entschlossen, es ebenfalls außerhalb der Familie zu etwas zu bringen.«
»So? Laß es ihn doch ausprobieren. Wo liegt das Problem?«
Olivias Augen verengten sich in zorniger Empörung. »Das Problem liegt darin, daß sein Großvater ihn dafür bestrafen wird, wenn er deinen Spuren folgt. Das wissen wir doch beide. Parker wird Brandon aus seinem Testament streichen. Danielle steht wegen dieser Sache am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Sie hat viel für Brandon geopfert, und nun droht alles in Rauch aufzugehen.«
»Ich wußte nicht, daß es immer noch Menschen gibt, die ›Nervenzusammenbrüche‹ erleiden«, bemerkte Harry nachdenklich. »Ich dachte, ihr Psychologen hättet modernere Ausdrücke für diesen Zustand.«
Olivias Gesichtsausdruck war angespannt und leer. »Das ist kein Spaß, Harry.«
»Und nicht mein Problem.«
»Doch, das ist es. Du hast es verursacht, weil du Brandons Vorbild bist.«
»Ich habe es nicht darauf angelegt, irgend jemandes Vorbild zu sein«, antwortete Harry sehr leise.
Olivia zuckte zusammen. »Bitte, Harry, sprich nicht in diesem Ton mit mir. Du weißt, wie sehr mich das aufregt.«
Harry atmete tief ein. »Unter den gegebenen Umständen halte ich meinen Ton für bemerkenswert zivilisiert.«
»Wenn du in einer deiner Stimmungen bist, klingt jedes Wort, als wäre es aus einem Gletscher geschnitten.«
Harry verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Dann sag mir jetzt, was du von mir erwartest, Olivia.«
»Sprich mit Brandon. Mach ihm klar, daß es kein weiser Schritt ist, Stratton Properties zu verlassen.«
»Er wird kaum auf mich hören, wenn er wild entschlossen ist, sich selbst etwas zu beweisen.«
»Wenigstens kannst du versuchen, es ihm auszureden. Harry, du mußt etwas tun, bevor er seine Pläne in die Tat umsetzt. Parker verzeiht ihm niemals, wenn er Stratton Properties verläßt, wie du es getan hast. Danielle bricht es das Herz. Und Brandon wird es am Ende bereuen, daß er diesen furchtbaren Fehler begangen hat.«
Das war also Harrys Exverlobte.
Molly saß am Küchentisch vor einem Teller Spinatravioli, die mit Parmesan und frischen Basilikumblättern gewürzt und mit Olivenöl angemacht waren. Sie spießte zwei Teigtaschen mit der Gabel auf und betrachtete den neuen Stapel mit Finanzierungsanträgen vor sich. Bestimmt würde sie darunter eine Erfindung entdecken, die Harrys Überprüfung standhielt.
Olivia war ohne Zweifel hübsch. Nein, das wäre zu wenig gesagt. Sie war schön. Molly kaute die Ravioli und fragte sich, was zwischen Harry und Olivia schiefgegangen war. Stunden der Langeweile, unterbrochen von Augenblicken des Entsetzens. Heute abend schien Olivia keine Angst vor Harry gehabt zu haben. Sie hatte wie eine Frau gewirkt, die über seine Zeit und Aufmerksamkeit verfügen konnte. Molly fragte sich, was die beiden wohl anfänglich zusammengebracht hatte. Olivia sah nicht so aus, als wäre sie Harrys Typ. Wobei sie selbst in dieser Hinsicht natürlich vorbelastet war.
Sie nahm noch eine Gabel voll Ravioli und blätterte die Seite um. Diese Spekulationen waren sinnlos. Schließlich hatte Olivia Brandon
Weitere Kostenlose Bücher