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Träume(h)r (German Edition)

Träume(h)r (German Edition)

Titel: Träume(h)r (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Moos
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heute diese Entscheidung getroffen habe, Marc«, sagte er verunsichert.
    Kein Wunder. Sein Vater hatte seine schwangere Mutter ohne Vorwarnung in Berlin zu Zeiten der Wende einfach so im Stich gelassen. Ole hatte ihn niemals kennenlernen dürfen. Kein Kontakt. Kein Unterhalt. Nichts. Das war bis heute der wunde Punkt des Riesen geblieben, sein persönliches Kryptonit.
    Die ernste Situation hätte auf einen Zuschauer durch ihre lächerlichen Brillen absolut surreal gewirkt.
    »Mach dir keine Sorgen! Wir gehen gemeinsam wie Frodo und Sam durch dieses Abenteuer. Wenn du willst, dann kannst du auch der Ringträger sein. Ist das okay, Herr Frodo?«, fragte Marc und stupste seinen Kumpel brüderlich an, womit er ihn endlich wieder zum Lächeln bringen konnte.
    »Ich will, dass wir einen Schwur leisten!«, sagte Ole wenige Minuten später in einem gekünstelt verschwörerischen Ton und packte Marc dabei mit seiner riesigen Pranke an den Nacken.
    Dieser nickte nur zustimmend. Der Forderung einen Schwur zu leisten, der beide Teilnehmer absichern würde, konnte er nichts entgegensetzen, also begannen die zwei Freunde auf Anhieb den Inhalt festzulegen. Das Credo bestand darin gemeinsame Wege zu gehen und zusammen etwas ins Leben zu rufen. Falls einer von ihnen sich dazu entscheiden wollte diesen Schwur zu brechen, so mussten drei Bedingungen erfüllt werden:
     
    1. Einen verdammt guten Grund für den Alleingang zu liefern, der auch den Gegenpart überzeugen kann.
    2. Sich bei der Entscheidung hundertprozentig sicher zu sein.
    3. Bei dem allzeit bekannten Spiel »Schere, Stein, Papier« mit drei Punkten zu gewinnen.
     
    Nachdem also die Formalitäten geklärt waren, blieb nur noch eine Frage für die beiden zu klären.
    »Wie entscheiden wir eigentlich, welche unserer Ideen wir realisieren?«, fragte Marc und schaute ratlos zu Ole herüber, der ihn als Antwort mit einem allwissenden Blick, durch seine herzförmigen Brillengläser, angrinste.
    »Ich habe da so einen Gedanken. Das wollte ich schon immer machen. Eigentlich hatte ich vor irgendwann einmal einen unserer Sauftrips auf diese Weise zu planen, aber warum nicht unsere Zukunft? Müsste vom Prinzip her auch ganz gut gehen!«
    Der Einfall war simpel. Das dazu notwendige Instrumentarium bestand aus einem Golfschläger, einem wasserfesten Stift und ein paar Golfbällen. Man musste eine Ziffer auf jedem der Bälle notieren. Die Ziffern auf den Bällen entsprachen der Nummerierung der Punkte auf ihrer Liste. Die Bälle wurden vor dem Abschlag so platziert, dass man nicht die darauf befindliche Zahl erkennen konnte. Es gewann der Golfball und somit die Idee, die am weitesten geflogen war. Selbstverständlich wechselten sich die Spieler nach jedem Schlag ab.
    Die Dachterrasse war der perfekte Ausgangspunkt für ihren Wettbewerb. Marc holte unbemerkt einen Golfschläger seines Vaters und vier Golfbälle aus dem Keller. Nach dem Beschriften der Bälle hob das Tee, so nannte man den Halter des Golfballs, den kleinen Kunststoffball um einige Zentimeter in die Höhe. Provisorisch wurde aus einem flachen Blumentopf abgeschlagen.
    Ole wollte beginnen. Er setzte ohne großartig zu zielen zu einem kräftigen Schlag an und drehte sich mit viel Schwung einmal um die eigene Achse. Den Ball hatte er dabei nicht getroffen, aber den Schläger losgelassen und seine trottelige Brille verloren.
    Marc lief auf Zehenspitzen in den Garten, um Oles Prügel zu holen. Super Ole, dachte er sich. Der zweite Versuch gelang dem zottligen Riesen irgendwie. Es war ein Querschläger, der nur wenige Meter vom Haus im hohen Gras landete. Glücklicherweise mussten sie sich keine Sorgen machen jemanden zu treffen, da sich in ihrer Schussbahn ein menschenleeres Feld befand, das Marc bei sonnigen Tagen, wie dem heutigen, einen süßlichen Duft, aber auch zahlreiche, nervige Insekten bescherte.
    Als nächstes trat Marc an den Abschlagspunkt heran. Wie sein Vater es ihm beigebracht hatte, führte er den Abschlag tadellos aus und der Ball flog lange durch die Luft, um irgendwann, weit draußen auf dem Feld, wieder den Boden zu berühren.
    »Super!«, rief Ole anerkennend, nachdem er mit einer langsamen Kopfbewegung die Flugbahn des Balls mitverfolgt hatte. Daraufhin griff sich der Riese motiviert den Schläger und versuchte sein Glück erneut.
    Es war unfassbar, aber der Ball flog sogar noch einige Meter weiter, als der von Marc. Oles Schlag sah zwar technisch gesehen alles andere als schön aus, doch er tat seine

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