Träume(h)r (German Edition)
Fischer beginnen, dachte Marc, bis er bemerkte, dass ihm noch das Wichtigste fehlte. Die Arbeitskleidung!
Die Uhr zeigte erst zehn Uhr und siebenundzwanzig Minuten an, doch Marc sprang in seinen Golf und raste in die Innenstadt Münsters, als gäbe es kein Morgen mehr. Er hatte nicht einmal eine Stunde gebraucht, um eine passende Montur für ihre Arbeit als Fischer aufzustöbern. Sogar für Ole hatte er ein Outfit besorgt.
Marc stellte sich vor, wie er mit seiner beigen Leinenhose, die er bis zu den Knien hochgekrempelt hatte, in einem kleinen Ruderboot hinaus aufs Meer fuhr. Er war drahtiger denn je und seine Haut sonnengegerbt. Das T-Shirt mit U-förmigem Ausschnitt war stark verblasst. Die einst strahlenden Farben waren nur noch als Pastelltöne zu erkennen. Er zog den Fetzen ohnehin nur noch anstandshalber über, wenn er an Land ging, um Einkäufe zu erledigen oder sich unter die Einheimischen zu mischen. An seinem Hals hing eine unauffällige Lederkette und an einem seiner Handgelenke trug er ein Armband. Er war inzwischen ein langhaariger, bärtiger Fischer geworden, der durch harte Arbeit seinen Lebensunterhalt verdiente.
Das Bild in seiner Vorstellung, sah wie ein Werbeplakat aus und Marc hatte viel Geld bezahlen müssen, um Kleidung und Accessoires zu bekommen, die dermaßen verschlissen aussahen. In der Regel waren kaputte Sachen immer teurer als neue, stellte er, an dieser Logik zweifelnd, fest, bis ihm jedoch die emsig im Keller arbeitenden Chinesinnen einfielen, die auch für ihr Tun entlohnt werden mussten.
Freudestrahlend, aber um einige Euros erleichtert, machte er sich auf den Weg zu seinem Auto. Wenige Meter davon entfernt begegnete Marc, wie der Zufall es wollte, Anna und Lara. Die Welt war so verdammt klein. Nicht nur so ein blödes Sprichwort, fiel ihm in diesem Moment auf.
»Hey, wie fandet ihr den Vortrag?«, fragte er die zwei, denn ihm war bewusst, welches Thema Lara anschneiden würde, wenn er nicht als erstes mit der Sprache herausrückte.
»Du bist einfach der Knaller, Marc. Kommst gefühlt einmal im Jahr zur Uni und haust so ein Ding raus. Nicht, dass es schon gereicht hat, dass du dich als der mysteriöse Gründer entpuppt hast. Nein, dann auch noch dieser Vortrag. Söring wusste gar nicht, was er sagen sollte und hat uns fünfzehn Minuten eher gehen lassen. Mit dem hattest du offenbar noch eine Rechnung zu begleichen, oder?«, fragte sie neugierig, während Anna schweigend neben ihr stand und nicht so aussah, als würde sie auch nur das Geringste mit Marc zu bereden haben.
»Nein, ich hatte nur meine Unterlagen vergessen und bin dann etwas abgedriftet«, sagte er mit ironischem Unterton.
»Hatte doch nichts mit dem Skandal um Söring zu tun? Davon gehen nämlich die Meisten aus!«
Marc stellte sich vollkommen ahnungslos. Die Theater-AG in der sechsten Klasse belegt zu haben, schien sich auszuzahlen, denn Lara fiel auf sein Schauspiel herein.
»Weisst du etwa noch nichts darüber? Guck dir mal im Netz an, was da in diesem Untergrund-Blog über unseren Prof berichtet wurde. Hartes Ding. Zufälligerweise ist der Lehrstuhl seitdem nicht zu erreichen, meinte Johanna, die dort als Werkstudentin arbeitet. Scheint wohl etwas Wahres dran zu sein, an dem Artikel von diesem Tyler.«
Marc tat erschüttert und entschuldigte sich nach ein oder zwei Minuten Smalltalk bei seinen ehemaligen Kommilitoninnen, indem er vorgab in Eile zu sein, und verschwand. Annas Gesichtsausdruck nach zu urteilen, würde er sie niemals auf einen Kaffee treffen.
Mit dem Schaden, den Oles Blog-Post angerichtet hatte, war Marc zufrieden. Von der Freisprechanlage seines Autos rief er seinen Kumpel an, der fast vor Freude über die Resonanz auf seinen Artikel explodierte.
»So viele Klicks hatte ich noch nie im Leben! Der reinste Shit-Storm. Sogar der offizielle Kanal der Uni hat sich gemeldet und versichert, dass sowohl Sörings Verhalten, als auch sein Hintergrund geprüft werden. Wir haben es geschafft! Was wolltest du eigentlich?«
»Ich wollte dich nur fragen, wann ich dich abholen soll. Meine Eltern bringen uns dann später zum Bahnhof.«
»Wir fahren mit der Bahn? Dauert das nicht Ewigkeiten bis nach Portugal? Naja, Zeit haben wir. Hol mich ab, wann es dir passt! Ich bin längst fertig.«
Nach ungefähr zwanzig Minuten befanden sich die zwei Freunde erneut auf dem Weg zu Marc.
Da Clara bewusst war, dass ihr Sohn für lange Zeit verreisen würde, gab sie sich besonders Mühe bei der Zubereitung der
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