Träume(h)r (German Edition)
als stamme es aus Zeiten Ludwig XIV. Ein König hätte sich hier gewiss nicht unwohl gefühlt.
Mathis Lefort war sprachlos, als er auf dem bequemen Sessel im Wohnzimmer der Suite platzgenommen hatte und die beiden jungen Männer betrachtete. Wer waren diese Zwei?Lottomillionäre oder möglicherweise die Kinder irgendwelcher Neureicher? Er bat sie darum etwas Licht in die Sache zu bringen, denn die Tatsache, dass er vor einer Stunde auf dem Boden in der Nähe des Gare de l´Est saß und sich nun in einer Suite des Hôtel Ritz befand, verwirrte ihn allmählich.
Marc erzählte daraufhin dem ehemaligen Professor ihre Geschichte. Von seiner App-Idee, über Söring und ihrem Studienabbruch, bis hin zu dem Besäufnis, das verbunden war mit der Entscheidung nach Portugal zu ziehen, um dort Fischer zu werden.
Als Mathis den Namen Söring vernahm, stockte ihm der Atem, denn er meinte den Namen des Professors wiedererkannt zu haben. Er zog aus seiner Tasche eine deutsche Zeitung vom Vortag heraus und zeigte sie ihnen. Deutlich sah man auf einer der letzten Seiten ein Foto Sörings und darunter einen Artikel. Mathis erzählte ihnen eine Kurzfassung der Geschichte, die bisher bekannt geworden war.
»Dieser Mann wurde, laut der Zeitung, von irgendeinem Internet-Blogger namens Tyler als Schwindler entlarvt.«
Ole nickte zufrieden.
»Noch bevor die offiziellen Ermittlungen begonnen haben, hackten sich Anhänger des Internetkollektivs »Anonymous« in seinen Computer und veröffentlichten belastendes Material im Internet. Dabei hat sich herausgestellt, dass die während seiner Studienzeit gegründeten Unternehmen alle existierten und Gewinne erwirtschafteten, aber eurem Professor von Beginn an die Investoren zugespielt wurden. Er hat nämlich einen wohlhabenden Onkel, der sich bislang immer im Hintergrund halten konnte und ihm die notwendigen Kontakte verschaffte. Hier steht auch, dass die Businesspläne, die er geschrieben haben soll, nur provisorisch aufgestellt waren und keinesfalls professionell gewesen seien. Zudem sind Hinweise auf Geldwäsche aufgetaucht, die an eure Polizei weitergeleitet wurden. Das volle Programm also. Merde! Man kann froh sein euch als Freunde zu haben!«, sagte Mathis begeistert über die Schlagfertigkeit seiner Gönner.
Jetzt würde Söring wohl bekommen, was er wirklich verdient hatte, dachte Marc. Nun würde auch die Gesellschaft sein wahres Wesen kennenlernen.
Zur Feier des Tages bestellten sie beim Zimmerservice eine Flasche Hochprozentigen. Jedoch den Günstigsten, um nicht verschwenderisch zu werden, da die Nacht im Hotel bereits genug kosten würde. Die Drei redeten noch bis in die Morgenstunden miteinander und Ole und Marc lauschten zahlreichen Geschichten aus dem Leben des Mathis Lufert, der im Vergleich zu ihnen die halbe Welt gesehen hatte. Er erzählte von Reisen nach Israel, Venezuela und sogar in die Antarktis, wobei Marc hoffte irgendwann einmal auf ein genauso buntes Leben zurückblicken zu können.
Nachdem sie die Flasche geleert hatten, beschlossen die zwei, Mathis das königliche Bett zu überlassen und legten sich daraufhin in einem der übrigen Räume der Suite schlafen.
Mathis wachte am nächsten Tag erst gegen Mittag auf. Schon seit Monaten hatte er nicht mehr so gut geschlafen. Auf den Straßen von Paris weckten ihn täglich Verkehrslärm und vorbeigehenden Fußgänger.
Als er durch die Tür seines Schlafzimmers kam, sah er Marc im Wohnzimmer Liegestützen machen, wobei Ole der immer hungrige Lulatsch neben ihm saß und die Wiederholungen seines sportlichen Kumpels zählte.
»Guten Morgen, Herr Professor«, sagte der Riese schmatzend und unterbrach das Zählen. Bei dieser Gelegenheit nahm er einen großen Bissen von einem Schokoladen-Muffin, der daraufhin gänzlich in seinem Mund verschwand.
»Guten Morgen, Jungs. Wie sehen eure Pläne für den heutigen Tag aus?«, fragte Mathis, sich vollkommen im Klaren, dass er gleich wieder in seinen Alltag auf der Straße zurückkehren würde, wo ihm allein die Welt der Bücher und des Alkohols blieb.
Marc rappelte sich verschwitzt auf.
»Wir helfen ihnen dabei wieder auf die Beine zu kommen und verziehen uns dann mit dem Nachtzug nach Madrid!«
Es klang so, als hätte er einen entspannten Kinobesuch und nicht den Wiederaufbau einer gesamten Existenz angekündigt. Mathis schaute verwirrt.
»Was meinst du damit?«, fragte er ungläubig.
Ole und Marc hatten sich nach dem Aufstehen Gedanken über den Verbleib des unglücklichen
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