Träume(h)r (German Edition)
Mannes gemacht. Sie wollten nicht, dass er wieder auf der Straße leben musste und da Marc durch die kontinuierlichen Einnahmen seiner App genug Geld gespart hatte, um etwas davon abgeben zu können, beschloss er das auch zu tun. Ihm war die Idee gekommen, für Mathis eine bescheidene Bleibe zu finden, die sie mit einer Schreibmaschine versehen würden. Somit würde ihr neuer Freund endlich die Möglichkeit haben seinen Roman zu schreiben und damit ein neues Leben zu beginnen.
Mathis versuchte mit aller Kraft gegen die Großzügigkeit seiner neuen Vertrauten anzukämpfen, aber gab sich am Ende geschlagen und akzeptierte sein Glück.
Nachdem Ole und Marc bei ihrer Internetrecherche nach einer bezahlbaren Wohnung in Paris erfolglos geblieben waren, meldete sich die Rezeptionistin des Hôtel Ritz zu Wort, die zufällig neben ihrem makellosen Englisch auch die deutsche Sprache beherrschte und einige Gesprächsfetzen der beiden Sonderlinge mitgehört hatte. Sie erzählte ihnen, dass ihr Schwager einige Schrebergärten mit Gartenhäuschen, ungefähr fünfzehn Kilometer abseits der Stadt, besaß, die zwar schlicht eingerichtet, aber dafür nicht besonders teuer waren. Nachdem sie Ole und Marc an ihn weitervermittelt hatte, wurden sie bei der Besichtigung des dritten Schrebergartens fündig.
Die Einrichtung des kleinen Holzhäuschens war zwar spartanisch, aber genau das Richtige für einen Autor, der sich seiner Kunst hingeben wollte, fand Marc. Sie erteilten daraufhin dem Schwager die Zusage und kehrten im Anschluss in das Hôtel Ritz zurück, wo noch immer Mathis Lefort, der zukünftige Eigentümer des kleinen, aber feinen Schrebergartens, auf sie wartete.
Im Restaurant des Hotels war es eigentlich alles andere als einfach einen Tisch zu ergattern, aber die Rezeptionistin zeigte sich im Namen ihres Schwagers dankbar und organisierte ihnen ein schönes Plätzchen.
Hier hatte sogar Clara ihren Meister gefunden, dachte sich Marc, als der Hummer eine Geschmacksexplosion in seinem Mund auslöste. Ole verschlang alles gnadenlos, was sich auf seinem Teller befand und ließ nicht einmal das dekorierende Salatblatt übrig.
Nach dem Essen sorgten sie noch dafür, dass Mathis einen anständigen Haarschnitt und eine gründliche Rasur bekam. Als krönenden Abschluss präsentierte Marc ihrem neuen Freund ein Schriftsteller-Outfit, das er speziell für ihn zusammengestellt hatte, während der ehemalige Professor sich vom Friseur zurechtmachen ließ.
Nachdem Mathis umgezogen war, kam er als neuer Mensch zu ihnen. Ole staunte über die radikale Veränderung des Mannes. Gestern hatte er noch wie ein Penner ausgesehen und heute hätte er ohne Mühe wieder an einer Universität unterrichten können.
»Kleider machen eben Leute!«, sagte Marc über das positive Auftreten von Mathis erfreut und zugleich über die Oberflächlichkeit der Gesellschaft entrüstet.
Gegen Abend wurde es langsam Zeit für die Freunde aufzubrechen. Sie holten ihr Gepäck aus dem Hotel und verabschiedeten sich von dem Luxus, den sie darin genossen hatten.
Am Gare d´Austerlitz angekommen begleitete Mathis die beiden bis zu ihrem Gleis, um gemeinsam mit ihnen auf den EuroNight zu warten, der laut Fahrplan um 18:53 Uhr eintreffen sollte.
Wie es sich in Frankreich gehörte, sagte er seinen Samaritern Adieu und umarmte sie vollen Herzens. Ihm liefen dabei Tränen über die Wangen. Er hatte leider nichts wertvolles, was er ihnen hätte schenken können, aber bereits im Hotel war ihm eine Idee gekommen. Er zog aus der Gesäßtasche seiner Hose ein altes Taschenbuch heraus und reichte es Marc.
»Weil ihr bald Fischer sein werdet, möchte ich euch das hier geben. Es ist nicht viel, ich weiß, aber es ist ein wahres Stück Weltliteratur. Ich habe es unzählige Male gelesen. Dabei geht es auch um das Fischen, also könnte es euch möglicherweise weiterhelfen. Nehmt es aber nicht zu ernst«, sagte Mathis schluchzend.
Ole und Marc blickten auf die Vorderseite des vergilbten Buches, worauf »Der alte Mann und das Meer« von Ernest Hemingway zu erkennen war und bedankten sich.
Als die beiden Freunde in dem Zug verschwunden waren, winkte der Professor ihnen noch lange hinterher, bis auch der letzte Wagon nicht mehr zu sehen war.
Er wusste genau, dass ein Buch nicht genug sein konnte, um nur annähernd jene Dankbarkeit auszudrücken, die er ihnen gegenüber empfand, da sie ihm so selbstlos, wie niemand zuvor, geholfen hatten.
Nachdem er noch in derselben Nacht die
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