Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?
ihn ab. Dann stand sie schwankend da. Mit schwerer Zunge sagte sie: “In meiner Handtasche hab’ ich einen Mechanismus, den unsere automatische Fabrik auf dem Mars als Notsch …” Sie verzog das Gesicht. “Als Notsicherung herstellt, für die Routineüberprüfung eines neuproduzierten Andys. Hol’s doch mal ‘raus, das Ding. Sieht wie ‘ne Auster aus. Wirst es schon sehen.” Unterdessen schleuderte Rachael ihre Schuhe weg und zog den Reißverschluß ihrer Shorts auf. Sie balancierte auf einem Bein, fing das herabgleitende Kleidungsstück mit der großen Zehe auf und schleuderte es quer durchs Zimmer. Dann ließ sie sich aufs Bett fallen, drehte sich um, tastete nach ihrem Glas und stieß es versehentlich auf den teppichbelegten Fußboden. “Verdammt”, murmelte sie und stand wieder schwankend auf. “Ist es das?” Er hielt einen runden metallischen Gegenstand mit einigen Druckknöpfen hoch.
“Damit wird ein Androide bewegungsunfähig gemacht”, sagte Rachael mit geschlossenen Augen. “Jedenfalls für einige Sekunden. Es unterbricht die Atmung. Deine auch, aber ein Mensch hält es ein paar Sekunden lang ohne Luftholen aus und bleibt dabei bewegungsfähig. Sogar Minuten. Aber der Vagusnerv eines Andy …”
“Ich weiß.” Er richtete sich auf. “Das autonome Nervensystem eines Androiden reagiert auf Unterbrechungen nicht so flexibel wie das unsere. Aber du sagst ja selbst, daß das höchstens fünf oder sechs Sekunden lang wirkt.” “Lange genug”, murmelte Rachael, “um dir das Leben zu retten. “Siehst du …” Sie setzte sich auf und öffnete die Augen. “Sollte Roy Baty hier hereinkommen, dann hältst du das Ding in der Hand und drückst auf den Knopf da oben. Und während Roy Baty wie angefroren dasteht, keine Luft bekommt und seine Gehirnzellen schon zerstört werden, kannst du ihn mit dem Laserrohr erledigen.” “Du hast auch ein Laserrohr in deiner Handtasche.”
“Eine Nachahmung.” Sie gähnte. “Androiden dürfen keine Laserwaffen tragen.”
Wieder schlössen sich ihre Augen.
Er trat ans Bett.
Rachael rutschte hin und her, drehte sich schließlich auf den Bauch und vergrub das Gesicht ins Bettuch. Dumpf stellte sie fest: “Das hier ist ein sauberes, vornehmes, jungfräuliches Bett. Nur saubere, vornehme Mädchen, die …” Sie dachte angestrengt nach. “Androiden können keine Kinder bekommen. Ist das eigentlich ein Nachteil?”
Er zog sie vollends aus und fühlte ihre blassen, kalten Hüften. “Ist es ein Nachteil?” wiederholte Rachael. “Ich weiß es wirklich nicht. Ich kann’s mir auch nicht vorstellen. Wie ist das, ein Kind zu bekommen? Was für ein Gefühl ist das Geborenwerden überhaupt? Wir werden nicht geboren; wir wachsen nicht auf, wir sterben nicht an Krankheit und Alter, sondern wir nutzen uns einfach ab wie Ameisen. Wieder die Ameisen. Ja, so sind wir. Nicht du - ich meine mich. Auf Reflexe reagierende Maschinen aus Chitin, die nicht richtig lebendig sind.” Sie drehte ihren Kopf zur Seite und sagte vernehmlicher: “Ich lebe nicht! Du liegst nicht mit einer Frau im Bett. Sei also nicht enttäuscht, okay? Hast du schon mal einen Androiden geliebt?” “Nein”, antwortete er, band den Schlips ab und zog sein Hemd aus. “Ich habe gehört - man hat mir gesagt -, es ist täuschend echt, wenn man nicht zuviel darüber nachdenkt. Aber wenn du zuviel denkst, überlegst, was du da
tust, dann mußt du aufhören.” Er beugte sich vor und küßte ihre bloße Schulter.
“Danke, Rick”, sagte sie undeutlich. “Aber vergiß nicht: Nie denken, einfach tun. Betrachte die Sache nicht philosophisch, denn vom philosophischen Standpunkt aus ist es grausig - für uns beide.”
Er sagte: “Nachher will ich mich trotzdem nach Roy Baty umsehen. Ich brauche dich wirklich dabei. Ich weiß, daß du das Laserrohr mitgebracht hast, weil …”
“Weil du glaubst, ich werde damit einen der Andys erledigen?” “Ich glaube trotz allem, was du vorhin gesagt hast, daß du mir helfen wirst, so gut du kannst. Sonst lägst du jetzt nicht bei mir im Bett.” “Ich liebe dich”, sagte Rachael. “Würde ich einen Raum betreten und ein Sofa mit deinem Fell darauf vorfinden, so gäbe das auf dem Voigt-Kampff-Gerät einen weiten Ausschlag.”
Rick knipste das Licht neben dem Bett aus und dachte: Irgendwann heute abend werde ich einen Nexus-6 erledigen, der haargenau so aussieht wie dieses nackte Mädchen. Du lieber Himmel - es ist genauso gekommen, wie Phil Resch gesagt hat.
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