Trainspotting: Roman (German Edition)
Das hätte eine Menge anderer Frauen fertiggemacht, aber Donna hat versucht, es abzuschütteln. Warum sich von einem widerlichen Stück Scheiße das Leben versauen lassen? Leichter gesagt als getan, aber sie hats geschafft. Was sie nicht wußte, war, daß das Arschloch HIV -positiv war. Dann lernt sie diesen anderen Typen kennen. Sie schaffen es zusammen. Er mag sie, aber er weiß, daß sie Probleme mit Männern und Sex hat. Kein Wunder, oder? Ich wollt dem Arschloch die perverse Macht aus dem Leib quetschen, die bei dem als Leben durchging. Noch nicht, hab ich mir gesagt. Noch nicht, du Wichser. Ich holte tief Luft, erzählte weiter, durchlebte den ganzen Schrecken noch einmal.
– Sie kriegten es hin, die Frau und der Typ. Ne Weile war alles in Butter. Dann kriegte sie raus, daß der Widerling, der sie vergewaltigt hat, AIDS hatte. Und dann kriegte sie raus, daß sie selber infiziert war. Aber noch schlimmer war für sie, die ein richtiger Mensch war, ein Mensch mit Moral, als sie rauskriegte, daß ihr neuer Typ auch infiziert war. Und alles bloß wegen dir, dem Vergewaltigerschwein. Ich war der neue Typ. Ich. Der große Weichling hier, sagte ich und zeigte auf mich.
– Davie… tut mir leid, Mann… was soll ich sagen? Du bist n guter Kumpel gewesen… es is diese Krankheit… das is ne verdammte, widerliche Seuche, Davie. Unschuldige sterben daran, Davie… die Unschuldigen sterben daran…
– Für den Scheiß ist es jetzt zu spät. Du hast deine Chance gehabt. Genau wie der kleine Goagsie.
Er lachte mir ins Gesicht. Ein tiefes, keuchendes Lachen.
– Und was… was willste jetzt machen?… Mich umbringen? Na, mach schon… tust mir n Gefallen mit… is mir doch scheißegal. Sein verhutzeltes Totengesicht schien sich zu beleben, von einer merkwürdigen, häßlichen Energie erfüllt zu werden. Das war kein Mensch. Das zu glauben, paßte mir in dem Augenblick in den Kram, machte es mir leichter, das zu tun, was sein mußte, doch bei Licht betrachtet, glaube ich das noch immer. In aller Seelenruhe zog ich die Fotos aus meiner Innentasche.
– Was ich tun werde, ist nicht so wichtig; viel wichtiger ist, was ich schon getan habe, lächelte ich und weidete mich an dem Ausdruck verwirrter Angst auf seinem Gesicht.
– Was is das… was meinste damit? Es ging mir großartig. Schockwellen durchzuckten ihn, und er schüttelte den dürren Kopf, während sein Verstand mit seinen größten Ängsten rang. Voller Grauen sah er die Fotos an, ohne etwas erkennen zu können, und fragte sich, welche entsetzlichen Geheimnisse sie wohl bargen.
– Stell dir das Schlimmste vor, was ich dir antun könnte, um dich sauer zu machen, Al. Dann nimm es mal tausend… und du bist nicht mal annähernd dran. Ich schüttelte traurig den Kopf.
Ich zeigte ihm ein Foto von Frances und mir. Wir posierten zuversichtlich und stellten die Arroganz frisch Verliebter zur Schau.
– Was zum Teufel, platzte es aus ihm heraus, und kläglich versuchte er, sein dürres Gestell im Bett aufzurichten. Ich legte ihm eine Hand auf die Brust und schob ihn mühelos zurück. Das tat ich langsam und genoß in dieser einen überwältigenden Bewegung meine Macht und seine Ohnmacht.
– Ruhig, Al, ruhig. Beruhige dich. Entspann dich. Nimms gelassen. Du weißt doch, was die Ärzte und Schwestern sagen. Du brauchst Ruhe. Ich blätterte das erste Foto um und zeigte ihm das nächste Bild. – Das Bild grade hat Kevin geschossen. Macht ziemlich gute Bilder für sein Alter, was? Da ist er, der Kleine. Auf dem nächsten Bild war Kevin im Trikot der schottischen Nationalmannschaft auf meinen Schultern zu sehen.
– Was hast du getan, du Schwein… Das war eher ein Geräusch als eine Stimme. Es schien von irgendwo aus seinem verfallenden Körper zu kommen, nicht aus seinem Mund. Die Unwirklichkeit der Stimme traf mich, aber ich bemühte mich, weiter so beiläufig wie möglich zu klingen.
– Ach, eigentlich folgendes. Ich zeigte ihm das dritte Foto. Darauf war Kevin zu sehen, an einen Küchenstuhl gefesselt. Sein Kopf hing schwer zu einer Seite, und er hatte die Augen geschlossen. Wenn Venters genau hingesehen hätte, dann hätte er vielleicht die bläuliche Farbe an Augenlidern und Lippen seines Sohnes erkennen können und auch die clowneske Blässe seiner Haut. Ich bin mir ziemlich sicher, daß Venters nur die schwarzen Wunden an Kopf, Brust und Knien und das Blut sah, das aus ihnen floß und seinen Körper bedeckte, so daß man im ersten Augenblick nur schwer
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