Trainspotting: Roman (German Edition)
katholisch und bei der Camorra, erzählte Gi. Die Säcke konnten das nich ab. Sie griffen sich Gi vor dem Restaurant der Familie und prügelten dem armen kleinen Schwein zehn verschiedene Sorten Scheiße aus dem Leib. Antonio kam hinterher auch noch dran.
Antonio hat sich dann umgebracht. Das heißt einiges in dem Land da, meint Gi, auf diese Weise seine Ehre zu verlieren. Ich denk, das is überall dasselbe. Dann erzählt Gi, daß Antonio sich vorn Zug geschmissen hat. Ich dachte, vielleicht isses da doch noch was anderes. Gi is nach England abgehaun und hat in ner ganzen Reihe italienischer Restaurants gearbeitet; seither haust er in runtergekommenen Bruchbuden, trinkt zuviel und nimmt die jungen Typen und alten Weiber aus, die er so aufgabelt, oder wird selber ausgenommen. Klingt nach nem ganz schön beschissenen Leben.
Mir gings gleich besser, als wir die Straße zu Mels Bude langkamen und ich die Reggaemusik auf die Straße dröhnen hörte und die Lichter sah. Der letzte Schwung einer Party, die mal ziemlich heftig gewesen sein mußte.
Es war gut, wieder vertraute Gesichter zu sehen. Alle waren se da, die ganzen Ärsche, Davo, Suzy, Nicksy (knüppelvoll) und Charlene. Überall in der Bude lagen die Leute rum. Zwei Schnallen tanzten miteinander, und Charlene tanzte mit nem Typen. Paul und Nicksy rauchten; kein Hasch, Opium. Die meisten englischen Junkies, die ich kenn, drücken sich das Opium nich, sondern rauchen es. Nadeln sind wohl eher n schottisches, n Edinburgh-Ding. Ich schnorr trotzdem n Zug.
– Echt toll dich zu sehen, mein Alter. Nicksy klopft mir auf den Rücken. Er sieht Gi und flüstert: – Wer isn der alte Sack da, mmh? Ich hab den armen Kerl mitgenommen. Habs nich über mich gebracht, den Kerl alleinzulassen, nachdem ich mir die ganzen traurigen Geschichten angehört hab.
– Alles klar, Mann. Toll dich zu sehen. Das is Gi. Guter Kumpel von mir. Ich klopfe Gi auf die Schulter. Der arme Wichser glotzt wien Kaninchen im Käfig, das um n Salatblatt bettelt.
Ich mach ne Runde, lasse Gi stehen, der sich mit Paul und Nicksy in der internationalen Männersprache des Fußballs über Napoli, Liverpool und West Ham unterhält. Manchmal bin ich echt scharf auf das Gequatsche, dann deprimiert mich seine sinnlose Langeweile wieder zu Tode.
In der Küche streiten sich zwei über die Kopfsteuer. Der eine is total besoffen, der andere n beschissener unterwürfiger Labour/ Tory-Wichser.
– Du bist doch n blödes Arschloch, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, weil du glaubst, daß die Labour Party in diesem Jahrhundert noch mal ne verdammte Chance kriegt dranzukommen, und zweitens, weil du glaubst, daß das auch nur den leisesten Unterschied macht, ob oder ob nicht, werf ich ein und gebs dem Sack. Er steht mit offenem Mund da, und der andere Typ grinst bloß.
– Das hab ich dem Arsch doch grad erklären wollen, sagt er mit fettem Birmingham-Akzent.
Ich verdufte und lasse den unterwürfigen Arsch verwirrt stehen. Ich geh ins Schlafzimmer, wo n Typ keinen Meter neben n paar Junkies, die grad was nehmen, seine Schnalle ausleckt. Ich schau mir die Junkies an. Scheiße, die ham Bestecke und spritzen sich was. Soviel zu Theorien.
– Willste vielleicht n Foto, Kumpel? fragt der dürre kleine Grufti, der was aufkocht.
– Willste vielleicht eine in deine blöde Fresse, du Arsch? beantworte ich seine Frage mit ner Gegenfrage. Er schaut weg und kocht weiter. Ich starre ihm einen Augenblick lang auf den Scheitel. Ich beruhige mich wieder, nachdem ich mich versichert hab, daß der Typ Angst hat. So bin ich immer drauf, wenn ich in den Süden komm. Nach n paar Tagen läßt das nach. Ich glaub, ich weiß, wo das herkommt, aber das zu erklären wird zu lange dauern und sich zu blödsinnig anhören. Als ich das Zimmer verlasse, hör ich die Schnalle aufm Bett stöhnen, und der Typ sagt: – Du hast vielleicht ne süße Möse, Mädel…
Ich stolper durch die Tür, und diese leise, langsame Stimme hallt mir im Ohr: – Du hast vielleicht ne süße Möse, Mädel… was mir schonungslos klarmacht, wonach ich eigentlich suche.
Nicht, daß ich die Riesenauswahl hätte. Mit dem potentiellen Fickmaterial siehts hier ziemlich duster aus. Um diese Morgenstunde sind die attraktivsten Frauen entweder im Bett oder ham sich verdrückt. Charlene is beschäftigt, die Frau, die Sick Boy an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag gevögelt hat, auch. Sogar das Mädchen mit den Augen wie Marty Feldman und Haaren auf dem Kopf wie
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