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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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einmal den übrigen Papierkram durch, hielt alles andere allerdings für wertlos.
Den pinkfarbenen Zettel allerdings stopfte ich in meine Jackentasche zurück. Irgendetwas
sagte mir, dass wir ihn vielleicht noch brauchen könnten.
    Gregor blieb
verschwunden. Daher stand ich auf und inspizierte die bebilderte Regalwand unmittelbar
vor mir. Die Fotos auf den Brettern zeigten Momentaufnahmen aus längst vergangenen
Zeiten. Es war eigenartig, sie zu betrachten, hatte ich monatelang doch nichts anderes
versucht, als hinter seinem Rücken ebensolche Einblicke in seine Vergangenheit zu
erhalten. (Zugegebenermaßen kollidierte es mit meinem Moralverständnis, einen Menschen
zu mögen , der seinen Körper mit rechtsradikalen Tätowierungen schmückte und
fünf Jahre seines Lebens wegen Totschlags im Gefängnis gesessen hat. Vermutlich
hätte jeder andere genauso wie ich versucht, diese Untaten in einem besseren Licht
erscheinen zu lassen, um das eigene Gewissen zu besänftigen. Was mir allerdings
nie gelang.) Und nun stand ich hier und fühlte mich wie eine Gafferin.
    Gregor stellte
sich neben mich und wir betrachteten das Schwarz-Weiß-Foto einer blonden Frau, auf
dem sie in leichter Bekleidung versuchte, ihren Fotografen, in dem ich Gregor vermutete,
zu bezirzen. Es gelang ihr nicht sonderlich gut. Nicht weil sie nicht gut aussah,
sondern weil sie grinste wie ein übermütiges Kind.
    »Glaubst
du, Julia hätte mich gemocht?«
    »Nein.«
    Es war wie
ein Schlag in die Magengrube.
    »Sie wäre
fürchterlich eifersüchtig gewesen.«
    Die Verlegenheitsröte
schoss mir in die Wangen. Ich hastete zur Pantryküche und stemmte meine Hände auf
die blecherne Arbeitsplatte. »Ich brauche einen Kaffee. Dieser Whisky macht mich
ganz duselig.«
    Gregor folgte
auf dem Fuße und ich bemerkte, dass er seinen Oberkörper jeder Bekleidung entledigt
hatte.
    Zuerst stach
mir die rote OP-Narbe ins Auge. Dann zog ein heftzweckgroßer Rückstand meine Aufmerksamkeit
auf sich: eine Erinnerung an die Schusswunde in der Schulter, die ich ihm im Kampf
gegen Bolker mit der Halbautomatik versehentlich verpasst hatte. Die Narbe war kaum
der Rede wert, wenn man einen direkten Vergleich zu dem tätowierten Monstrum auf
seinem Rücken wagte.
    Vorwitzig
starrte es mich an.
    Gregor öffnete
den Schrank über seinem Kopf und ich starrte zurück. Dann wanderte mein Blick weiter
und klebte geradewegs an den Klauen fest. Ich wusste, dass Gregor es merkte. Ich
spürte förmlich sein Unbehagen und mir wurde es peinlich. Ich wollte ihm nicht das
Gefühl geben, der Anblick würde mir Angst einjagen. Daher sah ich zu den Induktionsplatten.
Völlig übereifrig glotzte ich die eingebrannten Soßenflecke an, was alles nur noch
schlimmer machte.
    Mit dem
Flaschenboden einer Ouzo-Flasche zeigte er auf mich. Ich verstand nicht, wo sie
herkam. Aber seiner Fahne nach zu urteilen, hatte er sich ihrer bereits gründlich
angenommen. »Soll ich mich besser wieder anziehen?«
    »Nein.«
    »Magst du
mir zur Hand gehen und mir die Haut abziehen? Alleine schaffe ich es nicht.«
    »Als Teenager
half ich, ein Kaninchen zu häuten. Glaub mir, das willst du nicht.«
    »Verdammt
noch mal, Esther. Wo kann ich mich frei bewegen, wenn nicht hier?« Er schob sein
Gesicht in mein Blickfeld, doch ich antwortete nicht darauf. Schließlich stellte
er die Flasche auf den Boden und trat einen Schritt zurück. Er öffnete seinen Gürtel.
Er schwankte.
    »Was tust
du?«
    »Ich ziehe
meine Hose aus.«
    »Warum?«
    »Ich wohne
hier.«
    »Es gehört
sich nicht, vor Gästen die Hose runterzulassen«, sagte ich.
    »Ich wusste
gar nicht, dass du Manieren hast.«
    Ich öffnete
die nächstbeste Schrankwand und versteckte mein Gesicht vor ihm.
    Kein Interesse
zeigen. Einfach ignorieren, dachte ich, schaffte es aber nicht ganz, sondern beobachtete
aus den Augenwinkeln, wie er sich die Hose von den Beinen streifte. Die Boxershorts
ließ er glücklicherweise am Leib.
    Mein Bemühen,
sein kindisches Verhalten mit Desinteresse zu strafen, misslang völlig. Ich kam
nicht umhin, ihn anzusehen.
    Seine schmalen
Schultern sowie die schlank gemagerte Brust vermittelten den Eindruck eines unscheinbaren,
sich kaum von der Masse abhebenden Körpers. Ausnahmen machten das Sixpack um den
Bauchnabel und die sehnigen Muskeldefinitionen entlang seiner Oberarme. Teils bläuliche
Adern schlängelten sich wie Flüsse von den Unterarmen bis zu den Ellenbogen hinauf.
    Seine Beine
wiederum waren wesentlich weniger trainiert, auch

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