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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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seinem Sessel hoch. Er schaute so verdrießlich drein, wie mir zumute war.
    Sonia machte sich eine letzte Notiz. »Kühlen. Haltet diesen Gedanken fest.«
     
    Zum Lunch gab es ein Buffet, mit Klarsichtfolie abgedeckte Platten, die ich früher am Tag vorbereitet hatte: geräuchertes Schlangenfleisch, einen Salat aus den großen, leuchtend grünen Blättern eines genmanipulierten Kopfsalats, den es zu dieser Jahreszeit ansonsten nicht gab. Wir füllten unsere Teller und unsere Gläser. Ich besaß ein paar von diesen kleinen Getränkehaltern, die man seitlich am Teller festklemmt, und ließ meine Gäste im Haus herumwandern.
    Mit einem Happen Schlangenfleisch im Mund sagte Shelley zu mir: »Es läuft doch gut, oder?«
    »Die Sitzung? Es sind ein paar recht brauchbare Ideen dabei, schätze ich. Ich finde, Sie haben Recht, wir sollten mit diesen Geotechnikern Kontakt aufnehmen, wenn wir schon in deren Gebiet wildern…«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht das. Worauf es wirklich ankommt. Sie und Tom. Ihr scheint ganz gut miteinander klarzukommen. Der wahre Grund, der einzige Grund, weshalb Sie die Welt retten wollen, ist, dass Sie dann etwas haben, worüber Sie mit Ihrem Sohn reden können. Stimmt’s?«
    George hatte genau dasselbe gesagt, erinnerte ich mich.
    »Kann schon sein. Aber weshalb sollte man es sonst tun? Jedenfalls zeigen wir uns beide von unserer besten Seite, wenn ihr zwei da seid.«
    »Sonia ist eine echte Entdeckung, nicht wahr?«
    »Sie mögen sie?«
    »Ich finde sie großartig«, sagte Shelley. »Intelligent, offensichtlich kompetent, gesund – was will man mehr? Sie wird Tom gut tun. Was glauben Sie, wie nah sich die beiden stehen?«
    »Da bin ich überfragt. So was konnte ich noch nie erkennen…« Ich hatte schon immer eine komplizierte, je nach Standpunkt entweder scharfsinnige oder verworrene Einstellung zu Beziehungen gehabt. Mir scheint, es gibt ein ganzes Spektrum von Möglichkeiten zwischen den Polen der platonischen und der körperlichen Liebe, etliche Ebenen der Intimität und der Gemeinsamkeit, Grade der Distanz. Als ich noch jünger war, hatte ich die Anfangszeit einer neuen Liebe stets genossen, wenn beide forschend ihre Fühler ausstrecken und sich darüber klar zu werden versuchen, was sie da haben, wo in diesem Spektrum der Möglichkeiten sie sich befinden.
    Das versuchte ich Shelley zu erklären.
    »›Ein Spektrum von Beziehungstypen‹«, sagte sie. »Selbst wenn Sie von der Liebe sprechen, klingen Sie wie ein Ingenieur.«
    »Ist das schlecht?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Von außen betrachtet, scheint es Tom genauso zu gehen«, sagte ich. »Vielleicht ist er mit dieser Sonia noch im Anfangsstadium, was meinen Sie?«
    »Oh, ich glaube, die sind schon viel weiter.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Die Art, wie sie einander anschauen – oder vielmehr, wie sie es nicht tun. Wie sie beieinander sitzen. Sie sind sich der Gegenwart des anderen bewusst, aber ohne jede Unsicherheit, sie brauchen sich nicht zu vergewissern. Sie sind aneinander gewöhnt, Michael.«
    Jetzt, wo ich darüber nachdachte, merkte ich, dass sie Recht hatte. »Ich hoffe, sie werden glücklich.«
    »Oh, ich glaube, das werden sie. Und was meinen Sie, wo in Ihrem Spektrum wir uns befinden?«
    Ich war verblüfft; so hatte ich Shelley noch nie betrachtet.
    Sie drückte meinen Arm. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Keine Angst, Michael. Ich verstehe das, wissen Sie.«
    »So?«
    »Na klar. Für Sie gibt es kein Spektrum mehr, stimmt’s? Für Sie gibt es nur Morag, und mehr kann es nicht geben. Morag, in einen Umhang aus allen Regenbogenfarben gehüllt. Aber ich bin trotzdem hier.«
    »Ich…«
    »Sie wissen nicht, was Sie sagen sollen? Dann sagen Sie nichts.«
    Tom kam aus dem Wohnzimmer herein, gefolgt von Sonia. Seine harte Miene ließ nichts Gutes ahnen. »Da war ein Anruf für dich, Dad. Ich hab ihn entgegengenommen. Tut mir Leid, er war offensichtlich nicht für mich gedacht.« Sein Ton troff vor Unverschämtheit oder Verachtung.
    »Was für ein Anruf?«
    »Von Rosa in Sevilla. Meiner Großtante«, erklärte er Shelley und Sonia. »Noch so ein verrücktes Huhn in der Familie. Sie hat gesagt, die Einreiseformalitäten seien erledigt, und sie sei als geeignete persönliche Mentorin für dich während deines Aufenthalts in Spanien akzeptiert worden. Ach, und sie hat gesagt, sie freue sich schon darauf, ›Gespenstergeschichten mit dir auszutauschen‹.« Sein kalter Zorn war unübersehbar.
    Shelley trat einen

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