Transzendenz
von ihnen geschaffene Netz hatte nicht ganz die erhoffte Qualität aufgewiesen. Kleine-Welt-Netze: Ein brauchbares, robustes Netz sollte um eine Reihe zentraler Knoten mit vielen Verbindungen angelegt werden, sodass man mit sehr wenigen Schritten von einem Punkt zum anderen gelangen konnte, und dennoch sollte das Ganze in der Lage sein, Störungen jeglicher Art gut wegzustecken. Da unser Kühlungsnetz von dem Moment an funktionieren sollte, in dem wir es in den Boden brachten, suchten wir eine Art kontinuierliches Optimum; es sollte in jedem Stadium seiner Ausdehnung so gut wie nur irgend möglich sein. Was wir in jenen ersten paar Arbeitsstunden bauten, war gut, aber nicht so gut. Einige der Maulwürfe schienen das größere Ziel vergessen zu haben und waren beim Graben ihrem eigenen Programm gefolgt. Wir vermuteten, dass die ungewohnte Umgebung der Maulwürfe vielleicht zu so etwas wie mechanischem Solipsismus führte, als wäre jeder Maulwurf versucht zu glauben, er sei allein, das Zentrum eines engen, dunklen Universums aus Kälte und Sediment. Wir würden einige der Maulwürfe zurückholen und therapieren müssen, beschlossen wir. Dies war die Technik des einundzwanzigsten Jahrhunderts, da arbeitete man eher mit Streicheleinheiten als mit dem Schraubenschlüssel.
Abgesehen davon sollten sich die Maulwürfe dem Plan zufolge von der zentralen Bohrinsel aus ungefähr einen Kilometer weit ins Gestein bohren. Nach der Fertigstellung unserer Kühlungsschleifen sollte als logischer Abschluss eine Phalanx von Kondensatorstationen auf dem Meeresboden entstehen. Anschließend würde der erste flüssige Stickstoff durch unsere ausgekleideten Tunnels gepumpt werden, und dann sollte es uns gelingen, ein relevantes Stück des Meeresbodens und der darunter liegenden Sedimente effektiv abzukühlen. All dies, so hoffte Ruud Makaay, würde binnen ein paar Monaten zu erreichen sein.
An diesem Punkt – wenn wir signifikante Temperaturreduktionen vorweisen konnten und genau über die Wärmeströme, die Effizienz und andere Parameter des ganzen Prozesses Bescheid wussten – würden wir an die Öffentlichkeit gehen.
Dabei würde es darum gehen, Mittel für unser Projekt einzuwerben, und das musste sorgfältig choreografiert werden. Wir hofften, dass wir Edith Barnettes Einfluss nutzen konnten, um uns in der Welt der Entscheidungsträger Aufmerksamkeit zu verschaffen. Geas Einschätzungen bezüglich der Effizienz unserer Kühltechnik und deren positiver Auswirkungen auf den Zustand des Planeten würden ebenfalls von entscheidender Bedeutung sein. Dann, so lautete das Szenario für den besten Fall, würden wir mit Unterstützung des Patronats, der Regierung der Vereinigten Staaten und diverser anderer Institutionen damit beginnen, die Technologie in der Umgebung beider Pole des Planeten einzusetzen, wobei wir die Konstruktion laufend verbessern und kontinuierlich dazulernen würden. Vielleicht würde es schon in einem Jahr so weit sein.
Und ab diesem Zeitpunkt, so vermuteten die Unternehmensanalysten, würde richtiges Geld in die Schatullen von EI und anderen beteiligten privaten Agenturen fließen. Selbst ich würde ein Beratungshonorar bekommen, versicherte man mir. Der Kapitalismus würde die Welt retten, aber nur, so lange das Projekt Gewinn abwarf.
So lautete der Plan. Ihn in die Tat umzusetzen, bedeutete für uns alle noch eine Menge Arbeit. Selbst Tom und Sonia hatten eine Aufgabe für sich gefunden: Sie fungierten als eine Art Projektbeobachter, was sich als überraschend nützlich erwies. In technischer Hinsicht konnten sie nicht viel beisteuern, aber sie hatten ein gutes Gespür für die Wirkung unseres Projekts auf die Gemeinschaften in den hohen Breitengraden, denen seine Infrastruktur »aufgezwungen« werden würde, um mit Tom zu sprechen. Sie bereicherten das Projekt um ein Maß an kultureller Sensibilität, das unserer kleinen Technikergemeinschaft vielleicht fehlte.
Und neben all dem mussten wir uns auch noch mit den negativen Auswirkungen des Pooleschen Familienzirkus herumschlagen.
Am Vorführungstag versuchte Ruud Makaay, den Morag-Vorfall gegenüber Edith Barnette als eine persönliche Angelegenheit von mir und Tom kleinzureden. Sie kaufte ihm das eindeutig nicht ab, aber ihr einziger Kommentar lautete, zum Glück sei keine Presse hier, die es hätte sehen können. Schließlich stand ich im Zentrum des Vorfalls, der Urheber des gesamten Projekts, wie alle wussten; spektakulärer ging es nicht.
Was alle
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