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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Informationen über den Input – zum Beispiel klimatische Bedingungen oder geologische und von Menschen ausgelöste Veränderungen – und über den Output dieser Maschinen, wie etwa Nahrung, Wasserreinigung, Nährstoffkreisläufe, ja sogar Tourismuseinkommen, aber auch nicht so unmittelbare Leistungen wie die Biodiversität. Sie verfolgt so flüchtige Trends wie die Tagesmode, verschiedene Edelsteine im Ohrknopf zu tragen, was Auswirkungen auf den Bergbau haben könnte, bis hin zur allmählichen, Jahrmilliarden dauernden Aufheizung der Sonne, derentwegen die Erde eines Tages vollständig unbewohnbar werden wird – werden könnte. Das ist jedoch harte Wissenschaft. Alles ist auf chaotische Weise miteinander verbunden.«
    Ich verstand, was er meinte. Die Wissenschaft des sehr Großen und des sehr Kleinen ist relativ simpel: Sterne und Quarks werden gleichermaßen von einfachen Gesetzen regiert. Nur in den mittleren Größenordnungen werden die Dinge knifflig. Deshalb hatte ich mich immer von der Technik angezogen gefühlt. Man konnte das Leben, ebenso wie das Wetter, nicht in Symbole oder Codes komprimieren: Die Biosphäre war ihre eigene Geschichte – und darum unerkennbar für den menschlichen Geist. Vielleicht aber nicht für Gea.
    In der Vorführung wurden einige Teillösungen genannt, die Gea bereits geliefert hatte. Vander verzog das Gesicht. »Das Werbegeschwätz«, sagte er. »Ihr werdet’s nicht glauben, aber wir müssen kämpfen, damit sie uns nicht die Mittel kürzen.«
    Gea hatte einige Einschätzungen auf der so genannten »subglobalen« Ebene produziert. Wir bekamen Beispiele aus Nordamerika zu sehen – zweifellos ausgewählt, weil wir in einer amerikanischen Einrichtung waren. Überall in der Welt schmolzen Gletscher. Kurzfristig konnte die Freisetzung gewaltiger Mengen in Eis gebundenen Gletscherwassers zu katastrophalen Überschwemmungen führen; das war in Peru, Nepal und Norditalien geschehen. Aber auf längere Sicht war die Schmelze noch katastrophaler, denn die Gletscher dienten als gefrorene Wasserspeicher. Wir bekamen düstere Bilder zu sehen von schrumpfenden Flecken alten braunen Eises, von Überschwemmungen, austrocknenden Flüssen und Menschen, die an Standrohren Schlange standen, und erfuhren, wie Geas Modelle Gemeinden in Kalifornien geholfen hatten, sich ohne katastrophale Umsiedlungsmaßnahmen auf einen dreißigprozentigen Trinkwasserverlust im Verlauf der letzten Dekade einzustellen.
    Die Präsentation ging zu einem noch lokaleren Problem über: der zwanzigjährigen Dürre, die die Zentralebenen von Amerika heimsuchte, auch in Oklahoma. Der entscheidende kausale Faktor war wiederum die vom Klimawandel erzeugte Wärme. Über den wärmeren Meeren stieg die feuchte Luft in größere Höhen als früher, was zu heftigerem Regen in den tropischen Regionen führte; dies hatte jedoch Regenmangel in einem Gürtel um die mittleren Breiten des ganzen Globus zur Folge. In Amerika war dies eine Rückkehr zu Bedingungen, wie sie vor achttausend Jahren geherrscht hatten, als der Maisgürtel eine »Prärie-Halbinsel« gewesen war. Amerikanische Farmer traf es hart, aber auch in diesem Fall hatten ihnen Geas Warnungen Zeit zur Vorbereitung gegeben. Bilder von Staubschüsseln und gebleichten Rinderknochen aus Tadschikistan in Zentralasien zeigten, wie schlimm es hätte kommen können.
    »Gea kann die Klimaprobleme nicht lösen«, sagte Vander. »Das ist nicht ihre Aufgabe. Aber indem sie uns glaubwürdig die Zukunft zeigt, kann sie uns helfen, mit den Folgen für die Menschen fertig zu werden.«
    Wir hörten uns das alles eine Weile pflichtbewusst an. Es war sogar gut präsentiert. Doch es war für uns nichts Neues.
    Und wie Shelley mir zuflüsterte: »Wie kommt es bloß, dass sich der Umweltkollaps immer auf eine Abfolge langweiliger Listen reduziert?«
    Vander Guthries Interesse galt offenbar mehr der Softwaretechnik hinter Gea als der Klimamodellierung selbst. Während die Show weiterging, beugte er sich vor und plauderte im Flüsterton mit mir. »Shelley hat erzählt, Ihr Onkel habe im Zeitalter der Help Desks gearbeitet.«
    Er schien sich ernsthaft für die Geschichte dieser Disziplin zu interessieren. Sein Job war jedoch nur ein ferner Nachfahre der Software-Analyse, mit der George sich seine Brötchen verdient hatte. Vander beschrieb uns neue Design-Paradigmen, die auf so genannter »Oberflächenbindung« beruhten. Das bedeutete, dass man Geas Weltmodell in separate Module aufbrach.

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