Trapez
seine Handgelenke.
»Es geht doch«, sagte Tommy und lächelte in das junge Gesicht unter ihm und fühlte die Anspannung in den Armen und Handgelenken. »Ab geht’s!«
Als er wieder aufrecht saß , hörte er Mario kritisieren.
»Die Schwierigkeit ist die, Clay, du springst überhaupt gar nicht. Du lä ss t dich bloß von Tommy raufziehen und von der Flugstange holen.«
»Na ja, Johnny hat gesagt, dass man es so machen mu ss «, erwiderte Clay, und Tommy fiel vor Verwunderung beinahe von seinem Trapez. Er konnte sich vorstellen, was Angelo zu ihm gesagt hätte, wenn er Ausflüchte gehabt hätte!
Mario schimpfte: »Ich kann mich nicht erinnern, Johnny darum gebeten zu haben – und dich auch nicht; verdammt, keine Widerworte, Clay! Geh zur Seite und halt für Bart die Stange. Okay, Bart, das ist gut. Aber greif die Stange ein bi ss chen mehr in der Mitte, okay? Ich will dich dahinbekommen, dass du wenigstens einen einfachen Übergang selbst schaffst. Ich weiß , dass das meiste gedoubelt werden wird, aber so verstehst du besser, was du machen wirst. Wenn du jetzt anfängst zu schaukeln, achte drauf, dass du deine Ellenbogen gebeugt hältst…«
Bart lernte jetzt anmutig zu fallen. Tommy vermutete, dass es sein langes Training in anderen athletischen Disziplinen war – Fechten, Tanzen, Fahren – , das ihm so großartige Reflexe verliehen hatte. Er würde nie ein Flieger sein, aber er könnte eine sehr gute Imitation abgeben.
Er fing schon an wie Mario zu gehen, seine Gesten ungekünstelt nachzuahmen, ohne Absicht, wie der Schauspieler den Charakter seiner Rolle annimmt.
»Sie verpflichten jetzt Leute für den Parrish-Film«, erzählte er ihnen im Umkleideraum, als die Jungen gegangen waren. »Barry Cass wollte Reggie Parrish spielen –Barneys Bruder und sein Fänger. Sie haben ihn sogar für die Rolle getestet. Aber keine Chance.«
Tommy erinnerte sich an den gutaussehenden, grauhaarigen Mann, der Jim Fortunati ähnelte. »Ist er nicht ungefähr dreißig Jahre zu alt?«
»Das heißt nicht viel in diesem Geschäft«, sagte Bart.
»Es war nicht sein Alter, sondern seine Größe . Er ist einsfünfundachtzig. Da sahen wir beide aus wie Pat und Patachon. Natürlich muss der Fänger normalerweise groß sein. Tommy ist grö ss er, nicht?«
Mario blickte ihn an und lachte. »Du machst wohl Scherze, Bart? Die Leute sagen mir immer, ich bin zu groß für einen Flieger. Wir beide haben ungefähr die gleiche Größe , und keiner von uns ist viel kleiner als Tom.«
Reeder blickte verwirrt von einem zum anderen. »Irgendwas lä ss t ihn wohl grö ss er aussehen. Ich hätte schwö ren können – im Fangtrapez –, dass er zweimal so groß ist wie du.«
»Alle Flieger sehen am Trapez groß aus«, bestätigte Mario. »Das ist eine der Haupttäuschungen in dem Geschäft. Jeder glaubt, dass Luftakrobaten große Leute sind, bis sie uns in normalen Kleidern sehen.«
»Egal«, sagte Bart. »Mason ist völlig vernarrt in die Idee, die Santellis als Doubles für die Flugszenen zu nehmen.«
Mario stand mit dem Rücken zu ihnen und zog sein Trikot aus. »Aber ich werde ihm keinen Dreifachen zeigen können, noch nicht.«
Bart zuckte die Schultern. »Es eilt nicht. Es kann ruhig das letzte sein, was du machst«, sagte er, und Tommy zuckte wegen der Do ppeldeutigkeit zusammen. Als er sich aus seinem Trikot pellte, fügte Bart hinzu: »Schade, dass es hier unten keine Dusche gibt.«
Mario zuckte die Achseln. »Du kannst raufkommen und oben duschen, wenn du willst.«
»Nein, ist schon in Ordnung«, sagte Bart und lachte.
»Bei meinem Ruf könnte jemand einen falschen Eindruck bekommen.« Plötzlich wurde er ernst, stand nackt da und sah die anderen an. »Gott«, sagte er, »ich weiß , warum du es tun mu ss test, aber es hat mich fast fertig gemacht, heute mit den Jungs um den heißen Brei zu reden. Unfä hig, mit ihnen ehrlich zu sein. Verdammt noch mal, wenn wir es gewesen wären, würde wahrscheinlich jemand auf die Idee kommen, dass wir versucht hätten, sie zu bekehren oder so was. Alles, was ich wollte war – frei reden zu können. Diese verdammt blöde Meinung, dass das Ballett voll von Schwulen ist und dass ihre Söhne da nicht sicher sind.«
Mario lachte gequält. »Na, du kannst nicht abstreiten, dass das passiert. Und wer kann es besser wissen als du?«
»Nein verdammt, Matt«, sagte Bart heftig. »Das meine ich nicht, und das weißt du auch. Mensch Junge, ich wu ss te über dich Bescheid, und wenn ich falsch
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