Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
fürchtete sie sich jetzt zu Tode. Ein Glück, dass sie Richard an ihrer Seite hatte.
Sharon schloss die Augen und zählte bis zehn. »Okay.«
Sie machte einen Schritt nach vorn. Diesmal hielt Richard sie zurück. »Sharon …«
»Ja?«
»Ich bin stolz auf dich«, sagte Richard. »Es tut gut zu sehen, dass du neuen Mut gefasst hast. Ich hatte schon befürchtet, dass all deine Fortschritte zunichtegemacht wurden, als erneut diese Fotos aufgetaucht sind.«
Sie lächelte grimmig. »Danke. Ich weiß es zu schätzen.« Vielleicht liebte er sie ja doch, mit allen Fehlern und Schwächen. »Es tut mir nur leid, dass du da mit hineingeraten bist. Also, los.« Sie schüttelte seine Hand ab und rüstete sich innerlich für die bevorstehende Begegnung.
Richard ging mit gesenktem Kopf neben ihr her zu der Bank, auf der Tony saß. Er trug verwaschene Jeans und ein rotes T-Shirt. Die brünette Frau neben ihm wirkte entspannt und glücklich.
Sharon fragte sich unwillkürlich, ob sie im Begriff war, Aufruhr in die Beziehung der beiden zu bringen, genau wie Tony in die ihre.
Gerade ging er vor dem kleinen Jungen, den sie schon neulich gesehen hatte, in die Knie.
Sie lehnte sich an die Kette, die den Spielplatz vom Gehweg trennte, und räusperte sich. »Tony?«
Der Angesprochene fuhr herum, als er seinen Namen hörte. Ob er wohl ihre Stimme erkannt hatte? Nein, sagte sich Sharon, das war albern.
Er stand auf, und seine Augen verengten sich, als er sie erkannte. »Sharon?«
Sie nickte.
Dankbar registrierte sie, wie Richard ihre Hand nahm, um ihr schweigend seine Unterstützung zu signalisieren.
Tony musterte sie argwöhnisch, während er auf sie zukam. »Behalt ihn im Auge«, befahl er seiner mutmaßlichen Ehefrau und deutete auf den Jungen.
Sie nickte und setzte sich auf den Rand des Sandkastens, verfolgte die Geschehnisse jedoch misstrauisch.
»Es sollte mich wohl nicht besonders überraschen, dass du hier aufkreuzt«, stellte Tony fest und trat zu Sharon.
Diese war froh, dass sich die Absperrung zwischen ihnen befand, obwohl sie wusste, dass Tony ihr nicht viel anhaben konnte. »Weil neulich schon Freunde von mir hier waren.«
»Sie haben mir eine Menge Fragen gestellt.«
»Und du hast sie angelogen.«
Er vergrub die Hände in die Taschen seiner Jeans und zuckte die Achseln. »Ich muss an meine Familie denken.«
»Genau deshalb – weil du jetzt eine Familie hast – möchte ich an dein Gewissen appellieren. Du siehst, ich gehe davon aus, dass du unschuldig bist, weil ich annehme, dass du inzwischen so etwas wie ein Gewissen entwickelt hast.«
Sie ließ ihn nicht aus den Augen. Er sah noch immer ausnehmend gut aus, wenngleich seine Züge härter wirkten als früher und sein Verhalten brüsker. Diese Veränderungen waren wohl auf seine Zeit im Knast zurückzuführen. Sie schauderte.
Richard ließ ihre Hand los und legte ihr den Arm um die Schultern.
»Wer ist der Kerl im Anzug?«, wollte Tony wissen.
Sharon straffte die Schultern und sah ihm in die Augen. Wenn er der Erpresser ist, dann sollte er wissen, dass Richard nicht nur mein zukünftiger Mann, sondern auch der potentielle neue Bürgermeister von Perkins ist, dachte sie und sagte einfach nur: »Mein Verlobter«.
»Tja, ich kann nur das wiederholen, was ich schon deinen Freunden gesagt habe: dass ich keines dieser Fotos behalten habe. Die Polizei hat sie alle mitgenommen. Und ich werde nicht zulassen, dass du mich anschwärzt, nur weil du wieder erpresst wirst.«
So sehr es Sharon gegen den Strich ging, war sie doch geneigt, seinen Worten Glauben zu schenken. Der arrogante Schnösel von früher war wie ausgewechselt; ein gebrochener Mann, der sich offensichtlich damit zufriedengab, ein einfaches Leben zu führen. Er wirkte verunsichert. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er irgendetwas mit der Angelegenheit zu tun hatte. Er würde das Risiko nicht eingehen. Andererseits hatte er sie schon einmal erfolgreich getäuscht.
»Ich hoffe, dir ist klar, dass Wiederholungstäter von der Polizei nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst werden«, schaltete Richard sich ein.
»Hey, stell hier keine Behauptungen auf, die du nicht beweisen kannst.«
Sharon sah eine Ader an Richards Schläfe pulsieren, ein sicheres Zeichen dafür, dass er sich nur mit Mühe und Not beherrschte. In seinen Augen spiegelten sich Wut und Abscheu. Diesmal war sie
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