Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
und ging in die Hocke, um den Boden vor der Türschwelle zu inspizieren.
»Das kann ich leider nicht erklären.«
»Ich schon«, sagte Gabrielle. »Das ist ebenfalls eine Voodoo-Praktik aus New Orleans: Es hält negative Energie und böse Menschen ab, wenn man den Bereich vor der Eingangstür mit rotem Ziegelstaub reinigt.«
»Das passt ins Bild.« Derek klingelte noch einmal.
Die Tür ging auf, aber nicht mehr als einen Zentimeter. »Wer ist da?«
»Ich bin’s, dein Neffe Derek.« Er warf Gabrielle einen Blick zu.
Jetzt öffnete Edward die Türe ganz. »Du bist nicht allein.«
Derek schüttelte den Kopf. »Nein. Erinnerst du dich an Gabrielle Donovan? Wir sind zusammen zur Highschool gegangen.«
»Schreibt sie nicht über den Fluch, der unsere Familie zerstört hat?«
Erneut bedachte Derek Gabrielle mit einem vielsagenden Blick.
Sie trat einen Schritt nach vorn. »Mr. Corwin, ich würde gern mit Ihnen reden, wenn Sie mich eintreten lassen. Ich versichere Ihnen, ich habe allergrößten Respekt vor dem, was Sie und Ihre Familie durchgemacht haben.«
»Vergessen Sie’s. Alles, was ich sage, kann und wird gegen mich verwendet werden.« Er schlug ihnen die Tür vor der Nase zu.
»Man bezeichnet ihn nicht ohne Grund als Eremiten.« Derek zuckte die Achseln, nahm Gabrielles Hand und schlug den Weg zurück zur Straße ein. Sie waren ohnehin nicht wegen Onkel Edward gekommen.
»Das war bereits sehr aufschlussreich«, sagte Gabrielle.
Derek wollte ihr nicht so recht glauben. »Inwiefern denn?«
Sie überquerten die Auffahrt zu Onkel Edwards Haus und schlugen den Weg zum Nachbarhaus ein.
»Nun, sein Einsiedlerdasein, die Jujus … Ich habe mir alles genau eingeprägt. Vom Aussehen der Jujus kann man zum Beispiel darauf schließen, welche Art von Unglück dein Onkel abzuwehren versucht«, erklärte Gabrielle lebhaft. Sie blühte richtig auf. »Alles, was ich gerade gesehen habe, zählt zu den Auswirkungen eines Fluches auf eine real existierende Familie. Erstklassiges Material für mein Buch.«
»Also, mir wäre es lieber, wenn du nicht über meine verrückten Verwandten schreiben würdest«, brummte Derek.
Sie blieb stehen und zog an seiner Hand, so dass er sich zu ihr umwandte und sie verdutzt ansah.
»Deine Verwandten sind nicht verrückt.« Die Aufrichtigkeit in ihren Augen überraschte ihn.
Sie fand also nicht, dass bei seinem Onkel eine Schraube locker war?
»Hör mal, ich habe Psychologie studiert, und ich weiß, dass jeder Mensch auf bestimmte Ereignisse anders reagiert. Dein Onkel hat sich in sich selbst zurückgezogen. Das ist nicht weiter ungewöhnlich, genauso wenig wie die Tatsache, dass er versucht, sich zu schützen. Sei nachsichtig. Ich werde es auch sein, versprochen.«
Derek hob eine Augenbraue. »Das freut mich zu hören.«
»Gut. Ich schreibe nur die Tatsachen nieder. Es geht mir nicht darum, jemanden lächerlich zu machen.«
»Auch das freut mich sehr.« Derek drückte ihre Hand. »Und, bist du bereit für Harry Winters?«
Sie nickte. »Ich hoffe nur, er ist etwas gesprächiger als dein Onkel.«
»Da gehört nicht viel dazu.«
Sie klopften an Harry Winters’ Tür. Keine Reaktion.
Gabrielle seufzte enttäuscht, doch Derek war nicht gewillt, gleich aufzugeben. Winters konnte nicht weit sein; er ging kaum je außer Haus.
»Vielleicht ist er im Garten hinter dem Haus, dort gibt es einen Teich. Komm mit.«
Sie gingen um die Ecke und einen Abhang hinunter zu einem großen Teich. Tatsächlich, dort unter einem Baum saß ein Mann und starrte auf das Wasser hinaus.
»Der ist doch nicht älter als Mitte vierzig«, stellte Gabrielle erstaunt fest.
Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Shorts und folgte Derek über den steinigen Pfad nach unten.
Derek holte tief Luft. Er wusste weit mehr über diesen Mann, als er Gabrielle erzählt hatte, denn er wollte, dass sie die Wahrheit aus Harry Winters’ Mund hörte. Und dann sollte sie sich mit Dereks Hilfe den Rest zusammenreimen und sich überlegen, wie sie ihre Probleme lösen konnte.
»Mr. Winters?«
Der Mann starrte weiter stur geradeaus. »Wer will das wissen?«, fragte er mit monotoner Stimme.
Gabrielle wollte zu ihm treten, doch Derek legte ihr die Hand auf den Arm und hielt sie zurück. Es war einfacher, wenn er die Vorstellungsrunde übernahm und das Gespräch eröffnete.
»Ich
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