Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Agenten!«, rief ich quer durchs Wohnzimmer in der Hoffnung, dass Stace mich hören würde.
»Ach so, das. Deswegen brauchst du nicht so einen Aufstand zu machen.« Stace kam mit dem großen Schminkkoffer aus ihrem Zimmer, den sie sonst immer bei ihren professionellen Einsätzen dabeihatte. Während sie sprach, hüllte sie mich in einen Umhang ein.
»Das ist kein Problem. Ich gebe deinen Headshot und deinen Lebenslauf an Mike weiter und sage ihm, dass du ein Cousin von Lauren bist, der für diese Rolle gecastet werden möchte. Und dann schwärme ich ihm noch vor, wie unheimlich talentiert du bist.«
»Ja, aber wenn er für das Casting gar nicht angesprochen wird? Wer weiß, ob er die richtigen Kontakte hat.«
»Schätzchen, wenn Mike für einen solchen Film nicht beauftragt wird, geeignete Schauspieler zum Casting zu schicken, dann ist es kein Film, der wert ist, im Kino gezeigt zu werden. Das kannst du mir glauben. Und jetzt hör auf, dir Sorgen zu machen.«
»Das sagst du. Es ist nicht dein Leben, das von dieser Rolle abhängt.«
»Deines auch nicht. Wenn ich mit dir fertig bin, wird mir Mike die Füße küssen, nur um dich unter Vertrag nehmen zu dürfen. Und jetzt sei still, ich muss mich konzentrieren.«
Es fiel mir nicht leicht, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Mir lag einiges auf der Seele, aber die Angst davor, am Ende mit einem fürchterlichen Haarschnitt dazusitzen, war größer. Und so wartete ich brav, während Stace an mir herumschnippelte und danach über eine Ewigkeit damit zubrachte, meine Augenbrauen mit Wachs zu überdecken. Dann begann sie mich zu schminken und mir neue Augenbrauen ins Gesicht zu kleben.
»Glaubst du wirklich, das ist nötig?«, fragte ich und kämpfte meine aufsteigende Panik nieder. Wenn diese Rolle eine zweistündige Schminksession pro Tag bedeutete, konnte ich die Idee vergessen.
»Den Aufwand treiben wir nur, solange du den Part noch nicht hast. Wenn sie dich genommen haben, können wir die Augenbrauen rasieren. Dann geht es schneller.«
»Rasieren? Und was mache ich, wenn ich mal nicht als Mann unterwegs sein will?«
»Dann modellierst du Augenbrauen, die zu einer Frau passen. Das ist doch kein Problem«, konterte Stace. Sie hatte gut reden. Es war ja nicht ihr Gesicht, das mit einem Rasierer traktiert werden sollte.
Endlich trat sie zurück.
»So, das hält jetzt für ein paar Stunden. Mit rasierten Augenbrauen muss ich dich nicht schminken. Dann siehst du natürlich aus. Außerdem kann ich dir noch eine Creme geben, die Bartstoppeln simuliert. Wenn du die aufträgst wird sich niemand mehr über deine glatte Haut wundern.« Stace verstummte und musterte mein Spiegelbild. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
»Du siehst aus wie jemand, der für diese Rolle geboren wurde.«
»Wie groß wird der Schock sein, wenn ich in einen Spiegel schaue?«
»Ich glaube, du wirst angenehm überrascht sein. Schließlich hat Humphrey Bogart nicht schlecht ausgesehen. Und du siehst ihm jetzt ähnlich, aber nicht zu sehr. Wenn ich nicht wüsste, dass du eine Frau bist, würde ich mich glatt in dich verlieben.«
Wenn das kein Kompliment war.
»Dann werde ich es wagen«, seufzte ich theatralisch. Grinsend zauberte Stace einen Spiegel aus ihrem Koffer hervor. »Sieh selbst, was für ein Meisterwerk ich vollbracht habe.«
»Wow.« Ungläubig starrte ich mein Spiegelbild an. Ein sehr gutaussehender, junger Mann mit einer leichten Ähnlichkeit mit Humphrey Bogart schaute mich an. Stace hatte ein Wunder vollbracht. Die »neuen« Augenbrauen verliehen meinem Gesicht eine männlich-markante Note. Jetzt ähnelte es noch mehr dem des großen Stars. Ein moderner Haarschnitt ließ mich außerdem richtig cool aussehen.
»Du bist ein Genie.«
Stace grinste. »Ich weiß. Wenn du diese Rolle nicht bekommst, werde ich Putzfrau.«
Leider war Stace von ihren Künsten so begeistert, dass sie die Maskerade gleich ausprobieren wollte. Und so kam es, dass ich von Chipstüten, Nachos und Salsaschälchen umringt auf dem Boden saß. Neben mir unsere Freundinnen Rosa und Amy, die Stace spontan zu einem DVD-Abend eingeladen hatte. Angeblich um ihnen Kim, Laurens Cousin, vorzustellen. Lauren allerdings war bei dieser »Vorstellung« nicht dabei, denn sie hatte gerade einen neuen Lover. So zumindest lautete die Version, die Stace unseren Freundinnen auftischte.
»Wie gefällt es dir in L. A.?«, fragte Amy und sah mich treuherzig an.
»Gut. Super. Ich habe noch nicht viel
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