Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Ron dabei spielt.
Es dauert lange, bis ich mir alles von der Seele geredet habe. Stille umgibt uns, als ich fertig bin. Ich fühle mich ausgelaugt, aber auch erleichtert. So, als hätte ich gerade die Beichte abgelegt. Die Frage ist nur, ob Anna mir die Absolution erteilen wird.
„Du musst mit den Nerven völlig am Ende sein“, sagt sie. „Da bist du in einen ganz schönen Schlamassel hineingeraten.“ Sie schüttelt den Kopf. „Aber dir ist klar, dass du die Sache der Polizei melden musst?“
„Ich weiß“, ich schließe kurz die Augen. Was nicht viel nützt, denn die Bilder, die ich sehe, lassen sich nicht so leicht vertreiben. „Ich traue mich nicht. Sie werden denken, ich hätte es getan. Anna, ich war allein im Haus, als der Mord passiert ist. Ich habe kein Alibi. Was, wenn sie mir nicht glauben? Wenn sie denken, dass ich den Mann ermordet habe?“
Anna fährt sich mit beiden Händen über das Gesicht, reibt sich die Augen. Das tut sie immer, wenn sie nachdenkt. „Jetzt bleibst du erst einmal hier. Und dann sehen wir weiter.“
„Danke, aber ich will mich nicht aufdrängen. Ich werde mir hier in der Nähe ein Hotel nehmen.“
„So ein Unsinn. Du wohnst natürlich bei mir.“
„Ich weiß nicht, Anna. Was, wenn ich dich auch noch in Gefahr bringe? Ich bin mir nicht sicher, wie sie mich im Mainhatten gefunden haben. Ich will nicht, dass dir auch noch etwas passiert.“
„Mach dir um mich keine Sorgen. Ich weiß mich zu schützen. Letztes Jahr habe ich eine Alarmanlage einbauen lassen, und außerdem …“, Anna grinst verschmitzt, „… ist der Polizeichef von Ibiza mein Freund. Du glaubst gar nicht, wie nett die Leute plötzlich sind, wenn sie wissen, dass die Polizei auf deiner Seite ist. Die Einzigen, die hin und wieder Ärger machen, sind betrunkene Touristen.“
26
„Glaubst du wirklich?“ Zweifelnd schaue ich in den Spiegel. An meinen Körper schmiegt sich ein Nichts aus Stoff.
„Ja. Du siehst toll darin aus. Wie eine Femme fatale.“
Ich muss lachen. „Ich glaube, das ist genau die richtige Beschreibung für mich. Femme fatale. Sehr viel fataler geht es nicht.“
„Eben. Und das ist genau das richtige Kleid dafür.“
„Also gut“, ich raffe die Sachen zusammen, die sich in meiner Umkleidekabine auftürmen, und gehe zur Kasse. Das windige Fähnchen, das ich anprobiert habe, behalte ich gleich an. Wenige Minuten später bummeln wir die Promenade in San Antonio entlang. Ich muss Anna recht geben. Das Kleid scheint die Blicke der Männer wie ein Magnet anzuziehen. Aus den Augenwinkeln nehme ich wahr, wie einer fast eine Laterne umrennt, weil er sich den Kopf nach mir und Anna verdreht.
Mit einem zufriedenen Seufzer strecke ich die Arme aus.
„Es ist so schön, hier zu sein!“
„Ja. Ich komme mir auch vor wie im Paradies. Jeden Morgen, wenn ich aufs Meer schaue, denke ich, dass ich etwas richtig gemacht haben muss.“
„Das hast du ganz bestimmt. Lass uns ein Glas Sekt trinken. Wir müssen unser Wiedersehen feiern.“
Anna lacht. „Jetzt klingst du ganz wie die Tamara, die ich kenne!“ Und dann deutet sie auf ein kleines Café, das wie eine Insel inmitten der Promenade liegt. Eine Insel, auf der sämtliche Touristen gestrandet sind.
„Meinst du wirklich? Es ist so voll.“
„Und das mit gutem Grund“, antwortet sie und zieht mich hinter sich her, steuert zielstrebig auf einen winzigen Tisch in der hinteren Ecke zu, der wie durch ein Wunder noch nicht belegt ist.
„Ist das gut.“ Mit einem zufriedenen Seufzer lehnt sich Anna in ihrem Stuhl zurück und reckt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Ich lasse mich ebenfalls in die Polster sinken und genieße die Aussicht, die warmen Sonnenstrahlen und das Kreischen der Möwen, die über der Bucht kreisen.
„Ich hätte schon viel früher kommen sollen.“
„Ja. Ich habe dich vermisst. Aber jetzt bist du hier. Zum Glück! Wie lange willst du bleiben?“
„Ich weiß nicht. Eine Woche, zehn Tage? Ich habe nichts geplant, wollte nur weg von zu Hause. Mich entspannen und Zeit zum Nachdenken haben.“
„Bleib so lange, wie du willst. Du musst so viel entscheiden.“
Ich nicke. Sie hat recht. Es wird Zeit, Entscheidungen zu treffen, die Tatsachen zu akzeptieren, anstatt davonzulaufen und zu hoffen, dass sich meine Probleme in Luft auflösen.
Wir bleiben lange in dem Café. Es gibt einiges zu erzählen. Dieses Mal ist es Anna, die die Unterhaltung bestreitet. Sie berichtet, wie es ihr in den letzten Jahren
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