Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
sein?“
„Ja. Aber es scheint, als wolle er die Tat auf mich abwälzen. Anders kann ich mir es nicht erklären, wie das Blut auf meinen Pullover kam.“ Stille. Mist . So hatte ich das nicht erzählen wollen, aber irgendwie ist es herausgerutscht.
„So genau wollte ich es gar nicht wissen“, murmelt Antonio prompt und betrachtet versunken sein Weinglas. „Also, um noch einmal zusammenzufassen: Die Polizei kam, du schickst sie weg und entdeckst danach etwas Ungewöhnliches in eurem Wohnzimmer. Dann wirst du bedroht und findest Indizien, die darauf hinweisen, dass Ron möglicherweise ein Verbrechen begangen hat. Stimmt das soweit?“
„Ja.“
„Mit anderen Worten, es ist sehr wahrscheinlich, dass Ron kriminell ist und versucht, dir etwas anzuhängen. Und du hast jeden Hinweis auf diese Straftat verschwinden lassen?“
„Ja.“
„Dios! Das sieht nicht gut aus.“ Antonio schüttelt den Kopf. „Du hast aus einer Situation, die ohnehin schon schlimm war, eine noch schlimmere gemacht.“
„Den Eindruck habe ich auch“, gebe ich mit einem Seufzer zu. „Was soll ich jetzt tun?“
„Es ist höchste Zeit, dass du zur Polizei gehst. Ich würde dir das allein deswegen raten, weil du bestimmt noch eine Weile weiterleben willst. Es sieht so aus, als seist du da in etwas hineingeraten, dass mehrere Nummern zu groß für dich ist.“
„Du hast recht. Es ist nur ... Ich brauchte erst einmal … Ich musste von allem weg, um über das Ganze nachzudenken. In Deutschland jagte eine Katastrophe die andere. Ich war gar nicht mehr fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Aus diesem Grund bin ich hier.“ Und weil ich hier in Sicherheit bin , füge ich im Geiste hinzu. Aber das muss er nicht wissen. Seine Meinung von mir ist ohnehin nicht mehr die Beste, da bin ich mir sicher.
„Je eher du zur Polizei gehst, desto besser“, Antonio sieht mich eindringlich an. „Glaube mir. Je länger du das aufschiebst, desto schlimmer wird es. Du hast dich ohnehin schon in eine schlechte Position manövriert, indem du sämtliche Spuren beseitigt hast. Du hast die Ermittlungen behindert. Ein Staatsanwalt kann dir daraus locker Beihilfe zu einer Straftat andichten. Schließlich kannst du nicht beweisen, dass du den eigentlichen Täter nicht unterstützt hast. Und das ist noch die gute Lösung. Wenn du ganz großes Pech hast, halten sie dich für die Schuldige“, fügt er hinzu.
„Oh.“ Mein Herz setzt einen Schlag aus. Anklage wegen Mordes, geistert durch meinen Kopf. Antonio, der nun wirklich ein Mann vom Fach ist, sieht es also genauso, wie ich es im Stillen die ganze Zeit befürchtet hatte.
„Wie sieht es mit der Strafe in solchen Fällen aus?“
„Das kommt ganz darauf an, was du Ungewöhnliches im Wohnzimmer beseitigt hast, und für welches Vergehen du in der Folge konkret angeklagt wirst.“
„Aha.“ Ich glaube, mit dem Gang zur Polizei warte ich noch etwas. Möglicherweise wäre es doch besser, so zu tun, als hätte ich niemals eine Leiche gefunden. Schließlich muss mir erst jemand beweisen, dass ich den Toten entdeckt und anschließend begraben habe. Und außerdem ...
„Tamara? Alles klar?“
„Oh.“ Erschreckt blicke ich auf. Hoffentlich hat Antonio meine Gedanken nicht erraten.
27
Es ist spät am Morgen, als ich aufwache. Der Rotwein, den Antonio uns kredenzte, hat seine Wirkung nicht verfehlt. Ich habe zum ersten Mal seit Tagen tief und fest geschlafen. Zufrieden räkele ich mich in den Kissen. Allerdings hält das Gefühl nicht lange an, denn Antonios Worte haben sich in meinem Kopf festgebissen: Beihilfe zum Mord, Anklage wegen Mordes, Behinderung der Ermittlungen. Dabei ermittelt doch niemand, oder? Zumindest nicht, soweit ich das beurteilen kann. Wie es scheint, wird der Tote noch nicht einmal vermisst.
„Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“, begrüßt mich Anna, als ich kurz darauf die Küche betrete.
„Ja. Danke.“ Ich gähne, obwohl es bereits elf Uhr ist und ich lange genug in den Federn gelegen habe.
„Hier. Ich glaube, du brauchst jetzt erst einmal einen Kaffee.“ Mit diesen Worten schiebt sie mir eine dampfende Tasse hinüber.
„Du bist ein Engel!“ Mit halb geschlossenen Augen nehme ich einen Schluck. Merke kurz darauf, wie das Koffein mich belebt. „Bist du schon lange wach?“
„Schon eine ganze Weile. Ich bin um acht Uhr aufgestanden und habe mit Antonio gefrühstückt. Hier bedien dich.“ Anna zeigt auf einen Brotkorb, in dem Croissants und Brötchen darauf
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