Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
hätte ich eine kalte Dusche bekommen, halte ich inne. Was tue ich? Ich kenne nicht einmal den Namen des Feuerschluckers! Dann aber gebe ich mir einen Ruck, wahrscheinlich werde ich Christian ohnehin nie wiedersehen. Und außerdem ist er ein Callboy. Sein Beruf garantiert, dass er bereits mit etlichen Frauen im Bett war, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe.
„Wollen wir zu mir aufs Zimmer gehen?“, flüstert mein neuer Begleiter in mein Ohr.
„Nein, sei mir nicht böse …, aber das geht mir ein bisschen zu schnell.“
Mit einem entschuldigenden Lächeln ziehe ich mich zurück. Ich bin eine dämliche Kuh, beschimpfe ich mich in Gedanken, aber ich kann nichts daran ändern. Irgendwie bin ich nicht in der Stimmung, mit einem Fremden intim zu werden.
„Schade.“ Mit einem Schulterzucken dreht er sich um, durchsucht mit seinen Blicken den Raum nach der nächsten Schönen, die abenteuerlustiger ist als ich. Ich komme mir etwas seltsam vor, als ich wieder zu Anna zurückgehe. Irgendwie ein komisches Gefühl, so austauschbar zu sein.
„Und?“, fragt Anna mit einem bezeichnenden Blick auf den Typen, den ich eben noch geküsst habe.
„Ich weiß auch nicht, es ist nicht meine Sache, mit einem total Fremden mal eben ins Bett zu hüpfen“, gestehe ich. Das ist zwar nicht der wirkliche Grund, aber es ist trotzdem keine Lüge. Auch wenn sich Christian nicht in meinen Kopf gedrängt hätte, wäre mir das Ganze zu schnell gegangen. Als ich Christian anrief, war es etwas anderes. An diesem Abend war ich fest entschlossen, mir einen Seitensprung zu gönnen. Zu meinen Bedingungen. Dass Christian außerdem nicht nur attraktiv, sondern auch sehr nett war, spielte dabei keine Rolle, rede ich mir ein.
„Möchtest du auch einen Espresso?“, frage ich Anna mit einem angestrengten Lächeln, während ich versuche, an etwas anderes zu denken. Es ist ausgeschlossen, dass ich mich in einen Callboy verliebe! Zum Glück ahnt sie nicht, dass die Erinnerung an einen Mann, der im horizontalen Gewerbe arbeitet, mich davon abgehalten hat, mehr zu wollen. Sie muss mich ja nicht für total bescheuert halten.
Ziemlich angeheitert, gehen wir wenig später den Hügel hinauf, der zu Annas Haus führt. Sie stützt sich schwer auf meinen Arm. Anscheinend verträgt sie den Alkohol nicht so gut, wie sie dachte, denn sie hängt mit ihrem ganzen Gewicht an mir. Obwohl es nach Mitternacht ist, ist es noch immer heiß. Ich schwitze, bin froh über jeden Lufthauch, der uns streift.
Zum Glück sind wir gleich da. Wir müssen nur noch die Straße überqueren und in die kleine Gasse einbiegen, die von dort abzweigt. Die Straßenlaternen werfen einen milchigen Lichtkreis auf den Bürgersteig. Anna wird immer schwerer an meinem Arm, und ich bin froh, dass die Gasse, die zu ihrem Haus führt, vor uns liegt. Eine Katze geht neben uns auf der Mauer spazieren, aber es ist nicht Minn. Vielleicht einer ihrer Verehrer? Und dann sehe ich noch etwas, und mein Herz setzt einen Schlag aus, bevor es zu rasen anfängt.
28
Ein schwarzer BMW. Mit getönten Scheiben. Das kann auch ein Zufall sein, wispert eine Stimme in meinem Kopf. Aber ich glaube nicht daran. Langsam weiche ich mit Anna zurück, ziehe sie unter die schützenden Zweige eines Baumes. Starre auf den Wagen, während ich versuche, einen klaren Gedanken zu fassen.
„Was ist los? Warum gehen wir nicht weiter?“, quengelt Anna neben mir.
„Ruhig. Sag jetzt nichts.“ Ich ziehe sie noch weiter zurück in dem Bemühen, mit den Schatten der Nacht zu verschmelzen. Gut, dass wir uns beide für das kleine Schwarze entschieden haben.
„Was ist los?“ Anna versucht, sich von mir loszumachen, aber ich halte sie fest.
„Da vorne. Der BMW. Genau so einen fuhr der Mann in der Tiefgarage“, flüstere ich.
„Der Mann, der dich beinahe überfahren hätte?“ Zum Glück redet Anna jetzt auch leise. Wirkt wacher, als hätte sie den Ernst der Lage begriffen.
„Genau der.“
„Was tut er hier? Wie haben sie dich gefunden?“
„Keine Ahnung. Vielleicht täusche ich mich. Vielleicht ist es nur ein blöder Zufall.“
Anna schaut mich zweifelnd an. „So viele BMWs gibt es nicht auf dieser Insel. Vor allem keine mit einem Frankfurter Kennzeichen.“
Jetzt ist es Anna, die mich weiter zieht, in eine Seitengasse hinein. Und dann rennen wir. Zum Hafen hinunter, dorthin wo die Taxis stehen. Steigen in das Fahrzeug, das uns am nächsten steht. Anna redet in Spanisch auf den Fahrer ein. Der
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