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Trauerspiel

Trauerspiel

Titel: Trauerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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Eingangstür gewöhnen.
    «Frau Hertz, ein Herr Berger wartet in Ihrem Zimmer auf sie», riss ihre Sekretärin sie aus den religionspädagogischen Erwägungen heraus. Julias Onkel! Unwillkürlich schaute Susanne an sich herunter. Heute Morgen hatte sie ihr Outfit eher pragmatisch zusammengestellt. Es waren zwar schon große Kinder, ihre Viertklässler. Aber wenn 29 Kinder, die zuvor ihre Butterbrote gegessen, sich auf dem Schulhof mit Blättern beworfen und nebenbei festgestellt hatten, dass ihre Trinkflasche mit Apfelsaft ausgelaufen war, wenn also diese Kinder an einem zerrten (und irgendwer zerrt immer), dann empfiehlt sich keine Abendgarderobe. Jetzt hätte Susanne aber schon lieber etwas anderes getragen als ihre alte, etwas abgeschabte Jeans und ein Ringel-T-Shirt, das auch schon bessere Tage gesehen hatte.
    «Streifen machen nicht schlank», dachte Susanne resigniert, als sie den Türgriff herunterdrückte, «erst recht nicht, wenn sie dreckig sind. Und warum habe ich dieses Shirt nicht schon längst in die Kleiderspende gegeben – aber so dreckig nimmt es nicht mal das Rote Kreuz!» Immerhin hatte sie ein Paar ihrer Lieblingssandalen an, knallrot mit hohem Korkabsatz. Als sie Michael Berger sah, der sich zu ihrer Begrüßung aus dem Besucherstuhl erhob, hatte sie jedoch sofort ein schlechtes Gewissen. Der Mann war ja nicht gekommen, um ihre Garderobe zu begutachten. Sicher hatte er noch Fragen wegen der Beerdigung von Julia. Susanne war zerknirscht. Wie konnte sie so egozentrisch sein und an ihr altes T-Shirt denken, während der arme Mensch über die Beerdigung seiner Nichte nachdachte. Sie gab Michael Berger freundlich die Hand. Der Mann sah immer noch erschöpft aus. Er hatte nach wie vor dunkle Ringe unter den Augen und lächelte Susanne müde an.
    «Guten Tag, Herr Berger. Haben Sie schon den konkreten Termin für die Beerdigung von Julia?»
    Michael Berger nickte. «Genau deshalb bin ich da. Wir wollten fragen, ob Ihnen dieser Termin passt oder ob Sie an diesem Tag verhindert sind. Schließlich sollen Sie ja den Gottesdienst gestalten und niemand anders. Und die Kir che muss ja auch frei sein.» Susanne setzte sich an ihren Schreibtisch und griff nach ihrem Kalender. «Wann soll es denn sein?»
    Michael Berger zückte seinen Planer. «Julias Leiche wird wahrscheinlich noch in dieser Woche freigegeben, bestimmt aber Anfang der nächsten Woche. Uns wäre es recht, wenn die Beerdigung am Freitag der nächsten Woche stattfinden könnte. Das ist zwar noch lange hin, und es wird eine schwere Zeit für uns alle sein, aber dieser Termin wäre verlässlich, wir könnten auch die Einladungen entsprechend verschicken. Nach dem Gottesdienst wäre dann die Beisetzung im engsten Familienkreis auf dem Friedhof. Passt das bei Ihnen?»
    Susanne überprüfte die Daten. «Freitag nächster Woche geht sehr gut. Warten Sie, ich schaue noch im Kalender der Gemeinde. Ja, das geht auch. Also Freitag können Sie sich die Uhrzeit aussuchen. Ich schlage 13.15 Uhr vor, damit die Mitschüler und die Lehrer daran teilnehmen können. Anschließend sind wir dann auf dem Hauptfriedhof, das müsste für die Arbeiter dort auch noch passen. Am besten, Sie melden das gleich über das Bestattungsinstitut bei der Stadt an.»
    Michael Berger nickte. «Schön, dass das bei Ihnen so unkompliziert geht. Es ist ja alles schon schwer genug.» Er schwieg. «Darf ich Ihnen einmal etwas ganz offen sagen?» Susanne nickte erstaunt.
    «Ich finde, Sie machen das gut, einfach so, dass man sich Ihnen bedenkenlos anvertrauen kann. Meine Schwester und mein Schwager sind auch ganz dankbar, dass Sie die Beerdigung übernommen haben. Kein falsches Pathos, keine schwülstigen Phrasen, das hat Sie ja schon bei der Beerdigung meiner Mutter ausgezeichnet. Jetzt ist alles noch viel tragischer und schwerer. Und trotzdem – Sie bleiben ruhig und vermitteln uns allen, dass Sie die Beerdigung im Griff haben. Das tut einfach gut.» Susanne war perplex. Mit dieser Rückmeldung hatte sie nicht gerechnet. In der Regel gab es zwar öfter dankbare Reaktionen nach ihren Trauerfeiern und Beerdigungen, aber es war selten, dass sich jemand solche Gedanken machte, in der Regel waren die Angehörigen mit ihrem eigenen Schmerz und mit den organisatorischen Aufgaben bis über beide Ohren beschäftigt.
    «Danke», meinte sie. «Es ist für Sie alles schon schwer genug, da sollen Sie die Beerdigung und der Trauergottesdienst nicht noch zusätzlich belasten.»
    Berger nickte. «Das

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