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Trauerspiel

Trauerspiel

Titel: Trauerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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zwar verhören, aber ich gehe mit dem Material noch nicht einmal das Risiko einer Verhaftung ein. Ich habe mit den Kollegen von der Technik gesprochen. Theoretisch ließe sich zwar herausfinden, auf welchem Computer im Sender Berger dein Geständnis zusammengeschnitten hat. Aber das würde Tage dauern, wir bräuchten Personal, das wir nicht haben, und dann müssten wir alle Computer, die sie haben, beschlagnahmen und damit den kompletten Sender lahm legen. Diese Dinger sind tonnenschwer und könnten von uns nur vor Ort kontrolliert werden, da gibt es keinen schnellen Ersatz, und am Ende könnten wir – vielleicht – beweisen, an welchem Computer dieses Band zusammengeschnitten wurde, aber immer noch nicht, wer das getan hat. Kein Richter würde uns unter diesen Voraussetzungen erlauben, das Radio und Fernsehprogramm eines ganzen Senders auf unabsehbare Zeit zu stoppen, denke mal an die Folgekosten. Berger ist zwar in der Fahndung, aber das kann ich offiziell nur mit dringendem Gesprächsbedarf begründen.»
     Susanne schüttelte den Kopf. «Das gibt's doch nicht. Du meinst, er kommt mit seinen üblen Machenschaften tatsächlich ungeschoren davon?»
    Tanja nickte. «In der Tat. Das ist zwar bedauerlich, aber wenn wir nicht noch irgendetwas finden, das ihn konkret belastet, dann wird Michael Berger als freier Mann weiterleben.»
    «Und weitermorden?», fragte Susanne.
    Arne zuckte mit den Schultern. «Wir können ihn ja nicht Tag und Nacht beobachten. Sagen wir mal so – die Katze lässt das Mausen nicht. Warum sollte er plötzlich vom Kain zum Abel werden, oder, um die Sache mit Otello aufzugreifen: aus Jago zur Desdemona. Wir können nur die Hoffnung haben, dass er gewarnt ist und sich vielleicht zusammenreißt.»
    Susanne lief im Zimmer hin und her. «Was soll ich denn Julias Eltern sagen? Wollt Ihr den beiden reinen Wein einschenken? Das wäre doch unerträglich, wenn er morgen bei der Beerdigung von Julia in der ersten Reihe der St. Johanniskirche sitzt. Und auch, wenn wir es ihm nicht nachweisen können – wir wissen doch, dass er Julias Mörder ist.»
    Tanja nickte. «Aber wenn er mitbekommt, dass wir das behaupten, dann haben wir eine Klage am Hals, die sich gewaschen hat. Ehrlich gesagt – ich habe keine Lust, wegen Berger meine Karriere an den Nagel zu hängen. Ich höre schon Frau Klaas-Selters hämischen Kommentar: ‹Frau Schmidt, eigentlich hatte ich erwartet, dass eine so erfah rene Kollegin keine Anfängerfehler mehr macht, schon gar keine so gravierenden, die das Renommee eines beliebten Journalisten mit untadeligem Ruf antasten. Wir konnten nicht anders, das werden Sie verstehen, als auf seine berechtigten Vorwürfe hin mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen zu reagieren. Sie sind mit sofortiger Wirkung in den Innendienst versetzt und sortieren die Kleiderkammer.›»
    Arne stimmte seiner Kollegin zu. «Wir haben nichts in der Hand. Wir dürfen streng genommen Julias Eltern nicht mit unserem Verdacht konfrontieren.»
    Susanne nagte an ihren Fingerknöcheln. «Ich kann das nicht, die Beerdigung leiten und er sitzt in der ersten Reihe. Das schaffe ich einfach nicht.»
    Tanja überlegte. «Ich glaube nicht, dass er kommt. Er will ja keine offene Konfrontation, und er kalkuliert ein, dass wir eventuell Julias Eltern informiert haben. Ich denke mal, er findet irgendeinen Vorwand, unter dem er sich entschuldigt – ein dringender Auslandseinsatz, Krankheit, was weiß ich.»
    Arne schüttelte den Kopf. «Nein. Ich glaube eher, dass er bestimmt kommen wird. Weil er intelligent ist und klug. Er müsste ja viel mehr erklären, wenn er nicht kommt. Julias Eltern warten schließlich auf ihn, und von uns, das weiß er genau, hat er nichts zu befürchten. Tja, Susanne, du solltest dich auf sein Erscheinen einstellen.»
    Susanne schüttelte sich. «Gibt es denn gar keine Möglichkeit, ihn für seine Taten verantwortlich zu machen?» Sie grübelte. «Ich weiß nicht, wer mir das einmal gesagt hat, ich glaube, Urs Bernhardt, dass man hinter jeder Wirkung noch eine Ursache findet, und dass noch die letzte Ursache, die man findet, eine Wirkung ist.»
    Arne und Tanja blickten verwirrt.
    «Wie meinen?», fragte Tanja.
    Susanne winkte ungeduldig ab. «Was ich meine ist: vielleicht habt ihr etwas übersehen, etwas, das noch vor allem war.»
    Arne grinste spöttisch. «Und was sollte das sein? Der erste Schöpfungstag? Am Anfang schuf Gott Michael Berger?»
    Susanne schaute ihn ärgerlich an. «Denk doch mal mit! Was

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