Trauerweiden
nochmal auf dem Schweinemarktblatz auf.«
Lisa witterte eine Möglichkeit, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. »Gehn wir zusammen hin?«, schlug sie also vor. Die beiden Männer waren einverstanden.
Wenig später rief Uwe an. Sie beide sollten zum Jagstbrückensteg kommen, es würde sich höchstwahrscheinlich um den Tatort handeln. Lisa und Heiko machten sich also auf den Weg durch das festlich beflaggte Crailsheim. Die Müllabfuhr war noch mit den Aufräumarbeiten beschäftigt – der Festzug hinterließ immer einen ansehnlichen Müllberg, der aus einer Mischung aus Pferdemist, Plastikbechern und bunten Bonbons bestand. Deshalb war es am Volksfest definitiv schneller, innerhalb der Stadt zu Fuß unterwegs zu sein, als mit dem Auto ganz außen herum zu fahren. Und das, obwohl Heiko einen auf Hochglanz polierten BMW M3 mit rasanten 321 PS besaß, der eine echte Rarität war (immerhin hatte BMW das Schmuckstück nur vier Jahre lang im Programm), weil noch niemand daran rumgeschraubt, ihn tiefer gelegt oder sonst wie verkrüppelt hatte. Schon bald passierten sie das letzte verbliebene Stück Stadtmauer und betraten schließlich den Jagstbrückensteg, der polizeilich abgesperrt war, und wo sich schon etliche Schaulustige versammelt hatten.
»Was issn bassiert?«, wollte eine ältliche, sehr hagere Frau im grünen Kleid mit Brosche am Kragen wissen.
»Do hens oon umbroocht«, gab ein Mann mittleren Alters mir fliehender Stirn Auskunft. »Woher wisst ihr des jetz?«, hakte Heiko nach.
»Ha, sonsch wära doch die Kerl in da weißa Mäntele net do«, antwortete der Mann. Heiko grinste. Da hatte er allerdings recht.
»Gehen Sie bitte, behindern Sie die Arbeit der Polizei nicht«, bat Lisa nun sehr höflich, aber bestimmt.
Die Umstehenden ignorierten ihre Bitte geflissentlich, aber die Kommissare hatten keine Zeit, sich darum zu kümmern. Denn Uwe, der von mehreren Helfern begleitet wurde, hatte sie bereits entdeckt und winkte sie aufgeregt heran.
»Das scheint tatsächlich der Tatort zu sein, denn schaut, was wir gefunden haben.«
Er hielt einen Plastikbeutel mit einem silberglänzenden Knopf hoch.
»Der war hier«, sagte er und deutete auf eine der Ritzen zwischen zwei Holzbrettern, die den Boden der Brücke bildeten.
»Bei dem Stich muss der Knopf wohl abgegangen sein. Und hier haben wir außerdem einen kleinen Blutfleck.« Uwe wies auf eine dunkle Stelle im Holz.
»Woher weißt du, dass das Ding zur Majorettenuniform gehört?«
»Weiß ich eben.«
Heiko runzelte die Stirn. »Und sonst irgendwas? Eine Tasche? Dieser Stab?«
»Du meinst den Twirling-Stab? Nein, nichts«, meinte Uwe und kaute auf seinem Kaugummi herum.
»Hä, kennst du dich mit dem Zeug aus?«
»Ich hab eine Ex bei den Majoretten«, informierte der Spurensicherer endlich und strich sich über die Glatze.
»Da hab ich das Opfer auch schon mal gesehen, früher. Ich weiß aber den Namen nicht mehr.«
»Jessica Waldmüller«, informierte Heiko.
Uwe hob die Schultern. »Kann sein.«
»Aber das mit deiner Ex ist ja hervorragend«, meinte dann Lisa. »Da könnten wir uns doch bestimmt mal mit der unterhalten.«
»Gute Idee«, befand Heiko, und Uwe zuckte die Achseln. »Haja.«
Heiko blickte ungläubig zum Ende der Brücke, wo die Menschentraube schon wieder angewachsen war.
»Haut ab«, rief er, und einer rief zurück: »Wir müssen aber da drüber.«
»Lauft außenrum.« Das war durchaus zumutbar, war der nächste Steg doch nur etwa fünfzig Meter weiter weg. Er drehte sich um 180 Grad und sah auf der Seite, wo der Busbahnhof und die Post lagen, eine ebenso große Menschenmenge. Er winkte ihnen, zu verschwinden, aber sie standen weiter mit offenen Mündern da und stierten herüber.
»Und habt ihr noch andere Spuren?«, fragte Lisa, um die Situation zu entschärfen.
»Nein, nichts. Hier kommen ja tagsüber so viele Leute durch. Wenn jetzt der Knopf zu dem Kostüm passt, dann wissen wir Bescheid.«
Lisa sah hinunter auf die Insel, von der aus mehrere Schafe blökend heraufstarrten. »Was machen denn die Schafe da unten?«, fragte sie.
»Die wohnen da. Haben bestimmt alles mitgekriegt. Sind aber schlechte Zeugen, leider«, antwortete Uwe.
»Und das Auto?«
»Ja, der Karren steht da hinten. Ein grüner Fiat Punto. Was ganz Kleines. Auf den ersten Blick nichts Auffälliges, aber wir schauen uns das Ding später noch genauer an.«
Sie hatten noch Uwe Bescheid gegeben, der gerne dazu gestoßen war. Gemeinsam hatten
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