Trauerweiden
verstehen, dass man da noch miteinander redet, mal einen Kaffee trinken geht und so … aber … «
»Aber wir kommen Ihnen doch sehr eng befreundet vor«, beendete Monika den Satz.
Lisa zuckte die Achseln und lächelte entschuldigend.
Die Majorette trank Kaffee und betrachtete sinnend die gelben Vorhänge. Dann sagte sie: »Freunde zu finden, ist nicht leicht. Ich meine, nicht so Bekanntschaften, so, hach, wie geht’s dir denn, das ist aber toll, blablabla. Ich meine richtige Freunde. Freunde, denen man alles erzählen und denen man vertrauen kann.«
Lisa verstand durchaus. Zu Hause in Wesel hatte sie einen großen Freundeskreis gehabt. Einen gewachsenen Freundeskreis. Hier war er eher improvisiert. Heikos Freunde waren auch ihre Freunde geworden. Mit den Kollegen war sie befreundet, konnte man sagen, zumindest mit Uwe und Simon. Aber ihr bester Freund war zugleich ihr Partner. Von Garfield einmal abgesehen.
»Jedenfalls, Sie wissen vielleicht, wie das ist, man kennt sich in-und auswendig, weiß um die Stärken und Schwächen des anderen, was ihn belastet, wie er tickt … man versteht sich.«
»Und haben Sie denn auch einen richtigen Freund?«, wollte Heiko dann wissen. Monika lächelte charmant, warf die Haare schwungvoll zurück und sagte dann: »Nein, ich bin Single.«
Täuschte Lisa sich, oder hatte die Rothaarige ihrem Heiko zugezwinkert? Auf die müsste sie aufpassen. Unmerklich berührte sie Heikos Arm, um ihren Besitzanspruch zu illustrieren. »Wo waren Sie denn am Freitagabend?«, wechselte die Kommissarin das Thema.
Monika Silberschmidt zuckte die Achseln. »Nach dem Leuchtstabauftritt waren wir noch im Bacchuskeller. Und dann bin ich halt heim. Wieso?«
»Hm. Und Sie, Herr Ehrmann, wollten Sie sich nicht an Ihre Schwester halten?«
»Schon. Aber so viel Idylle, wie bei der in der Familie herrscht, vertrage ich grad nun wirklich nicht«, rechtfertigte sich der Mann.
Heiko rührte in seiner Kaffeetasse. »Mal was anderes: Bei den Majoretten, welche Position üben Sie da aus?«
Monika lächelte und fläzte sich auf ihrem Sessel wie Kleopatra auf ihrem Thron. »Nun, ich bin da so was wie eine Zweite Vorsitzende.«
»Offiziell?«, hakte Lisa nach.
Monika lachte glockenhell. »Nein, nicht offiziell. Aber wissen Sie, das ist eh ein Scheißjob, viel Arbeit, und alles ehrenamtlich. Die sind froh, wenn das einer macht. Und irgendjemand muss der armen Tanja ja schließlich helfen.«
»Na dann, wenn wir noch Fragen haben, melden wir uns«, meinte Heiko und erhob sich.
»Ich nehm der das nicht ab«, meinte Lisa kopfschüttelnd, als sie wieder in Heikos M3 saßen. Der Crailsheimer Kommissar ließ es sich nicht nehmen, ihn auch als Dienstwagen zu benutzen. Welche Polizeikarre war schon so cool schwarzglänzend lackiert und verfügte über fürstliche 321 PS? Lisa grinste, als Heiko kurz nach dem Ortsschild das Gaspedal voll durchdrückte und damit einmal mehr bewies, dass sein Baby von Fünfzig auf Hundert nur drei Sekunden benötigte.
»Prolet«, lachte sie und wuschelte ihm durch die Haare.
Heiko brummte und sagte dann: »Die wirkt schon sehr abgeklärt. Wenn das meine Ex wär … «
»Also, ich rede mit meinem Ex keinen Ton mehr«, unterbrach Lisa. »Und wenn, dann fände ich das schwierig. Kann doch sein, dass man sich wieder ineinander verliebt, so wegen der alten Zeiten und so.«
»Finde ich auch komisch. Aber vielleicht ist ja da auch was im Busch?«, vermutete Heiko.
»Die einfachste Theorie wäre natürlich, dass Florian und Monika Jessica um die Ecke gebracht haben, weil sie doch wieder zusammen sein wollten.«
»Da hätte es aber doch gereicht, die Jessica zu verlassen. Deshalb bringt man doch keinen um.«
»Außer, es gäbe eine Lebensversicherung«, gab Lisa zu bedenken. »Das kann der Simon ja überprüfen.«
Den Nachmittag verbrachten sie bei Lisa zu Hause, wo sie sich einfach ins Bett legten und aneinander gekuschelt Mittagsschlaf hielten. Schließlich war Wochenende, Sonntag noch dazu, und da musste man sich ja auch mal ausruhen, bei dem ganzen Gerenne unter der Woche.
Gegen halb sechs waren sie wieder in der Stadt, auf dem Weg zum Volksfest. Heiko bog ab zum Berufsschulzentrum, wo er den Wagen zu parken gedachte. »Wann treffen wir uns mit Till?«, fragte Lisa. »Um sechs am Riesenrad. Er bringt noch einen Kumpel mit.«
Der Volksfestplatz war in abendliches Leuchten getaucht. Rot glühte das restliche Tageslicht und gleißte auf den Metallteilen des
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