Trauerweiden
ein Stück abzuschneiden und sie zu probieren. Gut war die Wurst, wirklich ganz außergewöhnlich gut. Nicht zu fettig und sehr schmackhaft. Und das Brot war frisch und hatte eine herrliche Kruste, und das Kraut passte ganz wunderbar dazu. »Eine von den Damen?«, schlug die Kommissarin eher halbherzig vor.
Heiko schüttelte den Kopf. »Ich denke, der Schlüssel zum Ganzen ist die Schwangerschaft. Wir müssen unbedingt herausfinden, wer der Vater von dem Kind ist.«
Eine halbe Stunde später saßen die beiden im Büro und tranken Automatenkaffee. Simon streckte den Kopf zur Tür herein und nickte grüßend. »Es gibt Neuigkeiten«, sagte er. Lisa und Heiko sahen den Sekretär fragend an.
»Der DNA-Test?«
Simon schnalzte missbilligend mit der Zunge. »So schnell schießen die Preußen nicht. Aber was anderes. Also erstens hab ich die Alibis überprüft. Und der Kellner vom Bacchuskeller meint, die Rothaarige sei aber schon früher aufgestanden. So um elf.«
Heiko und Lisa wechselten einen Blick. Das war ja interessant.
»Aber ich hab noch was anderes. Kommt mal mit«, sagte er und führte die beiden zum Verhörzimmer, wo ein älterer Mann im Karohemd saß, der unablässig seine Hände knetete. »Der hat heut die Handtasche vom Opfer vorbeigebracht«, informierte Simon. »Ich hab sie schon dem Uwe gegeben.«
Die Kriminalkommissare bedankten sich und betraten das Zimmer. Sofort erhob sich der Mann. Schweiß stand ihm auf der Stirn, und er wirkte nervös.
»Ii hob se net umbroochd, Herr Wachtmeischder«, sagte er mit zitternder Stimme.
Heiko unterdrückte ein Grinsen. »Beruhigen Sie sich erst mal.« Die beiden setzten sich zu dem Mann an den Tisch.
»Ii bin doch jetzt net verdächtig, odder?«, fragte der Besucher wieder »Wenn ii des gwisst hätt, no hätt ii mir des nochamol iwwerleicht!«
Lisa lächelte ihr beruhigendes Lächeln. »Neinnein«, sagte sie. »Erzählen Sie doch mal, wo Sie die Tasche gefunden haben.«
»Is des die Dasch von dem tota Maadle, gell?« Der Mann wirkte auf einmal sehr neugierig. »Ha, ii bin iwwer da Jagststeeg gfoohra, wissa S, do beim Rota Buck, un ii gugg do immer noo und gugg in des Wasser nei, un no denk ii uff oomol, was issn des, do hängt doch ebbes in da Bisch. Un noo bin ii nookraxelt un hobb plötzlich die Dasch in der Hend ghett.«
Lisa blinzelte. Sie hatte kein Wort verstanden.
»Sie haben die Tasche also bei der Jagstbrücke gegenüber der Auffahrt zum Roten Buck gefunden«, übersetzte Heiko.
»Haja, un no howwi denkt, die hat bestimmt ooner verloura, un no howwi den Geeldbeidel rauszoucha, un no wor des von dem Maadle, wos umbroochd hen.«
»Sie haben in die Tasche reingegriffen?«, fragte Heiko und zog tadelnd die Augenbrauen hoch.
»Ha, des denkt mer ja net, dass die von dem Maadle is«, versetzte der Mann.
Heiko nickte einsichtig. »Vielen Dank, Herr … «
»Dollinger.«
»Herr Dollinger. Sie haben uns sehr geholfen.«
Der Mann nickte eifrig. »Geera gscheha, Herr Wachtmeischder, wirklich geera gscheha. Un wenn ich noch irchendwie helfa kou … «
»Dann melden wir uns, versprochen.«
Uwe streifte frische Latexhandschuhe über und inspizierte die Tasche. Es war eine billige schwarze Lacktasche. Eine, die durchaus zur Majorettenuniform gepasst hätte. Aber nun war das Ding arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Lackschicht hatte sich gelöst und klebte in hässlichen Krümeln auf dem Stoff, der eine grünliche Färbung angenommen hatte.
»Also wegen dem Reinlangen braucht ihr euch wohl keine Gedanken zu machen. Die Spuren wären auch so weg gewesen.«
Heiko trank einen Schluck Automatenkaffee. Er schmeckte stark und intensiv.
»Und was ist drin?«, fragte Lisa neugierig und beugte sich über die Tasche.
Uwe fischte und kommentierte alles, was er zu Tage förderte. »Ein völlig durchnässtes Tempopäckle … Schminksachen … ein Kamm … ein Geldbeutel … ein Kalender … und ein Handy.«
Die Augen der beiden Kommissare begannen zu glänzen.
»Das Handy?«, fragte Heiko.
»Könnt ihr vergessen«, desillusionierte Uwe sie umgehend. »Mit viel Glück können die Jungs von der Technik vielleicht noch was retten. Aber der Einzelverbindungsnachweis ist schon beantragt.«
»Der Kalender?«
Uwe langte nach dem triefenden Buch und klappte es auf. Die Seiten klebten aneinander, und wenn man nicht aufpassen würde, würden sie zu einem pappigen Papiergemisch zerbröseln. »Das muss unbedingt erst getrocknet werden«, diagnostizierte der
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