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Trauerweiden

Trauerweiden

Titel: Trauerweiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Sing Keng. Die Kommissare wählten einen Tisch am Fenster. Sofort erschien eine chinesische Bedienung, die dieses für Chinarestaurants typische beflissene Dauergrinsen auf den Lippen trug.
    »Guten Tak, was möchten Sie trinkän, bittä?«
    »Ein Cola und das Buffet«, bestellte Heiko, und Lisa wollte »Litschisaftschorle und auch das Buffet.«
    Die Bedienung lächelte immer noch, ganz so, als hätte ihr jemand die Mundwinkel nach oben getackert. Mit so einem elektrischen Tacker. »Kollaaah und Litsisaftensolle, und Büffeh, jaaah, dankä.«
    Heiko sah der Frau entgeistert nach. »Denkst du auch immer, dass das Ganze bloß Theater ist?«, fragte er Lisa.
    Die blinzelte. »Wie bitte?«
    »Na ja, also, die Chinesen im Chinarestaurant. Die können doch hundertprozentig akzentfrei Deutsch. Die sind doch alle schon ewig hier. Ich bin mir ganz sicher, dass die so reden, damit die Atmosphäre schön exotisch bleibt.«
    Lisa lachte und wiegte den Kopf. »Wer weiß, vielleicht hast du recht.«
    Wenig später brachte die Bedienung das »Koolah« und das »Litsisaftensolle«.
    »Bittä, Sie könnähn sich am Büffeh Essän holän«, informierte sie dann und lächelte immer noch. »Xixi«, sagte Lisa, und die Bedienung erwiderte ein Wort, das sich so ähnlich wie »Bouillon« anhörte.
    »Was?«, fragte Heiko.
    »Das heißt »Danke« auf Chinesisch.«
    »Du kannst Chinesisch?«
    »Nein, nur Danke, vom Chinarestaurant.«
    »Holen wir uns was?«
    Wenig später standen sie vor dem Buffet und sichteten das Essen.
    »Probier mal das Sushi«, riet Lisa. »Das ist echt gut.«
    Heiko schüttelte sich innerlich. Igitt, kalter, roher, gefalteter Fisch. Er hatte nur einen Moment nicht aufgepasst, und schon hatte ihm Lisa eines der seltsamen Röllchen auf den Teller gelegt und etwas von dem hellgrünen Zeug draufgeschmiert.
    »Wasabi. Das gehört dazu«, erläuterte sie. Heiko schluckte. Na dann. Im Kreis um das schreckliche Teil drapierte er nun anderes Essen, richtiges, gekochtes Essen. Essen, das schmecken würde. Fisch ging nur in gebratenem oder in frittiertem Zustand. Vielleicht noch gedünstet und, wenn es sein musste, dann auch noch geräuchert. Aber roh ging gar nicht. Sie setzten sich an den Tisch und nahmen die Stäbchen zur Hand. Denn obwohl sie beide nicht unbedingt perfekt waren im Essen mit Stäbchen, so liebten sie es doch, es zumindest zu probieren. Heiko aß erst alles, was nicht Sushi war. Hähnchen mit braunen Champignons und Gemüse in Knoblauchsoße. Hmmm. Gebackenes Schweinefleisch mit süßsaurer Sauce. Ganz hervorragend. Knusprige Ente mit Bambussprossen. Lecker. Er schielte immer wieder auf Lisas Teller, auf dem zu Anfang fünf Sushiteilchen gelegen hatten, die sich aber nach und nach gelichtet hatten. Endlich war auch bei ihm nur noch das Sushi übrig, und er spielte mit dem Gedanken, den Teller einfach stehen zu lassen. Man nahm sich am Buffet ja sowieso einen neuen. »Denk nicht mal dran«, warnte Lisa und erriet damit seine Gedanken. Heiko schluckte und trank einen Mundvoll Cola. Dann besah er sich das Sushi genauer. Im Inneren befand sich ein rosafarbenes, undefinierbares Zeug. Drumrum etwas, das aussah wie ein grünes Papier. Dann kam eine Schicht Reis, die immerhin eindeutig als solche identifizierbar war. Was aber auch das Einzige an diesem Teil war, was eindeutig zuordenbar war. Den Abschluss bildeten kleine, orangefarbene Kügelchen, in denen das Ding wohl gewälzt worden war.
    »Was ist das?«, fragte Heiko zaghaft.
    »Frag nicht, iss«, befahl Lisa, und Heiko nahm mit einer zögernden Bewegung die Stäbchen auf. Er schnappte sich das komische Ding und steckte es schnell in den Mund. Sein Plan, es einfach runterzuschlucken, wurde jäh vereitelt, als Lisa barsch »Kauen!« forderte. Heiko biss auf dem Röllchen herum. Einmal, zweimal, dreimal. Er schmeckte Fisch. Intensiven, fischigen Fisch. Die Schärfe des Wasabis. Fisch und Reis. Irgendwas Grünes, Spinat vielleicht. Bäh, Spinat. Das hatte er als Kind immer essen müssen, mit der Begründung, das enthalte viel Eisen und Popeye sei schließlich so ein starker Kerl. Und die orangen Kügelchen schmeckten fischig-süßlich. Er schluckte das Ding herunter und spülte mit einem ordentlichen Schluck Cola nach. Schon besser.
    »Und, was war das jetzt?« Lisa ließ das letzte Sushi genüsslich in ihrem sinnlichen Mund verschwinden.
    »So, und?«, beharrte Heiko.
    Seine Freundin grinste. »Das Innere war Thunfischcreme. Das Äußere Fischrogen. Dann Reis und

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