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Trauerweiden

Trauerweiden

Titel: Trauerweiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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können? Er schielte mit Hilfe des Spiegels zu Lisa hin, die sein Malheur bemerkte, aber keine Miene verzog und es sogar lustig zu finden schien.
    »Nun, wir haben die Information erhalten, dass eine Kollegin bei einer Beförderung … sagen wir … übervorteilt wurde, zugunsten von Jessica.«
    Uschi hielt inne. »Woher haben Sie das?«
    Lisa zuckte die Achseln und lächelte vieldeutig. Die Chefhairstylistin räusperte sich, während sie das Rasiermesser zur Hand nahm. Heiko hoffte inständig, dass Uschi zu den multitaskingfähigen Damen gehörte, die gleichzeitig reden und mit einem scharfen Messer in der Nähe seiner Kehle hantieren konnten.
    »Na, das war nicht zu vermeiden, dass das die Runde macht. Und ich muss zugeben, wenn es in meinem kleinen Laden einen Betriebsrat gäbe, dann wäre die Sache garantiert haarig für mich geworden.«
    Heiko unterdrückte ein Grinsen. Haarig.
    »Aber, wisst ihr, ich bin eben ein kleines Unternehmen, und da kann ich auf solche Sachen keine Rücksicht nehmen.«
    »Um welche Kollegin handelt es sich denn?«, wollte Lisa wissen. Die Hairstylistin seufzte. »Ich werde jetzt ehrlich zu euch sein, und das bleibt auch bitte unter uns – also die Katja, die mag ich ja wirklich gern und so, aber in unserem Beruf muss man … nun … auch was hermachen, sich ein bisschen herrichten, sich stylen. Und was das betraf, war die Jessi – , nennen wir es: repräsentativer.«
    Heiko versuchte trotz seiner Lage ein »Hm«.
    »Jessi war auch die Kreativere von beiden, nicht alle Kunden wollen das, hier überwiegt eher der klassische Dauerwellentyp, wenn ihr versteht, was ich meine. Aber so was braucht man ja auch, und deshalb ist das schon recht mit der Katja. Aber so zum Herzeigen – nun ja, ihr versteht. Und für eine neue Filiale macht sich so was Hübsches, Kreatives auch gut.«
    Heiko schluckte, als Uschi mit dem Messer über seinen Kehlkopf fuhr. Da es einen Moment lang ganz still war, hörte er das Kratzen des Haare schabenden Messers auf seiner Haut.
    »Und hatte die Katja deshalb ein Problem mit der Jessica?«
    Uschi wiegte den Kopf.
    »Also, toll fand sie das nicht. Sie hat geäußert, die Jessica hätte wohl geschleimt, und nur, weil sie hübscher sei und so. Aber ihr denkt doch nicht … « Die Hairstylistin hielt inne und streifte das Messer an einem Handtuch ab.
    »Momentan wissen wir nicht so recht, was wir denken sollen«, meinte Lisa.
    Uschi schüttelte so heftig den Kopf, dass sich ihre getaftete Frisur jetzt doch ganz leicht bewegte. »Auf keinen Fall! Das könnte … «
    »Man denkt es nie von den Leuten, die man kennt und mag«, warf Heiko ein, der nun endlich dieses Messer an seiner Kehle los war.
    Die Meisterin trocknete ihren Patienten ab, und Heiko strich sich mit der Hand über das babyglatt rasierte Kinn.
    »Nicht schlecht«, lobte er.
    »Aber, wenn, also, und das glaube ich auf gar keinen Fall, aber wenn die Katja etwas damit zu tun hätte, dann würde das ja bedeuten, dass ich auch mit Schuld hätte.«
    »So ein Blödsinn«, wiegelte Lisa ab. »Denken Sie doch nicht so was. Aber wissen Sie vielleicht, wo wir Katja Blum um diese Zeit finden können?«
    Uschi dachte angestrengt nach.
    Dann sagte sie: »Dienstag ist ihr freier Tag. Da geht sie immer auf den Reiterhof. Nach Tiefenbach.«
    Heiko stand auf und zückte seinen Geldbeutel.
    »Geht aufs Haus«, meinte Uschi und wirkte nun tatsächlich sehr verstört. Heiko murmelte ein Dankeschön und steckte trotzdem einen Fünfeuroschein in die Kaffeekasse, die aus einem pinkfarbenen geflügelten Schwein mit goldener Krone bestand.
    »Jetzt machen Sie sich bloß keine Gedanken. Ist doch klar, dass Sie an Ihr Unternehmen denken müssen. Ich hätte das auch so gemacht«, bekräftigte Lisa noch einmal. Die Hairstylistin versuchte ein Lächeln.
    »Wahrscheinlich haben Sie recht.«
     
    Auf dem Weg nach Tiefenbach kamen sie an der CDS – der Crailsheimer Darmsortieranlage – vorbei. Ein Tiertransporter mit riesenhaften Schweinen, die ihre rosigen Schnauzen durch das Gitter streckten, bog soeben in die Einfahrt ein. »Wie furchtbar«, befand Lisa. »Die armen Schweine. Eigentlich sollte man gar kein Fleisch mehr essen.«
    »Quatsch«, machte Heiko. »Fleisch ist zum Essen da.« Sinnend betrachtete er den Laster. »Aber mir tun die Viecher auch leid«, fügte er dann hinzu.
     
    Ihr letzter Mordfall hatte sich in Tiefenbach abgespielt, und deshalb kannten sie sich gut aus. Die Straße folgte ein kurzes Stück dem Schmiedebach.

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