Trauerweiden
gfunda?«, brüllte er und musterte Eva anerkennend von oben bis unten.
Die blickte wiederum hilfesuchend zu Lisa, die sich nur noch unter Aufbietung all ihrer Kräfte zusammenreißen konnte.
»Was wollen die denn bloß von mir?«, fragte die Nordrhein-Westfälin. Als sie sich noch einmal umdrehte, hatten die Kerle bereits Reißaus genommen, weil Heiko und Uwe sich wieder zu den beiden Frauen gesellt hatten.
»Was war das denn jetzt?«, fragte Eva noch einmal verständnislos und nippte am Caipirinha, den Heiko ihr reichte.
»Das«, erläuterte Lisa, »das war eine Anmache. Auf hohenlohische Art.«
Monika Silberschmidt saß zu Hause, allein. So allein, wie sie seit drei Jahren war, seit Florian sie damals hatte sitzen lassen, für Jessica. Eigentlich hätte sie wütend auf Florian sein müssen, aber das war sie nicht. Sie hatte eine Wut auf Jessica. Sie und Jessi waren Freundinnen gewesen, gute Freundinnen. Da spannte man der anderen nicht den Kerl aus, so was tat man einfach nicht. Das war richtiggehend unanständig. Und dass Florian den Reizen der jungen Friseuse erlegen war, konnte man ihm nicht einmal verdenken. Hübsch war sie gewesen, die Jessica, sehr hübsch. Hätte Model werden können, wenn sie etwas größer gewesen wäre. Aber darum war es ihr ja nie gegangen. Alles, was sie gewollt hatte, war, die Dorfschönheit zu sein, die Frau, die Freitagabend im P1 ihren glamourösen Auftritt hatte, die die Blicke der Männer auf sich zog und die jeden Mann haben konnte, auch den, der bereits liiert war, so wie Florian. Monika hasste solche Frauen abgrundtief. Sie selbst war im Grunde nicht unähnlich, auch sie genoss die Aufmerksamkeit, die Männer ihr schenkten, die bewundernden Blicke, all das, ja. Aber sie würde niemals einer Freundin einen Mann ausspannen, das war ein anderes Kaliber. Sie streichelte über das goldbemalte Polyresin des pseudobarocken Bilderrahmens. Mit fahrigen Fingern wischte sie den Staub weg, der sich in den Ritzen der Ornamente angesammelt hatte. Die Jessi tat ihr nicht im Geringsten leid. Verdient hatte es diese Schlampe, jawoll, verdient! Man spannte der besten Freundin nicht den Mann aus. Wieder betrachtete sie das Foto im Bilderrahmen. Sie und Florian vor fünf Jahren, auf dem Geburtstag ihrer Oma. Er hatte den Arm um sie gelegt und sie zu sich heran gezogen. Ein seliges Lächeln auf seinen Lippen verriet, wie sehr er sie liebte. Und sie blickte überhaupt nicht in die Kamera. Sie sah zu ihm auf, zu ihrem Florian, zu dem Mann, den sie heiraten wollte, eigentlich. Monika stellte den Bilderahmen auf den Nachttisch neben ihrem Bett. Bald. Bald. Es würde nicht mehr lange dauern.
Der Abend in der Arena war schön gewesen, sie hatten Cocktails getrunken, die Mädels hatten wild getanzt und die Männer hatten ihnen dabei zugesehen und waren stolz auf sie, sehr stolz. Die Band hatte mitreißend gespielt, und die Party war gut besucht gewesen. Und so langsam konnte sich Heiko auch mit dem etwas seltsamen Humor von Eva anfreunden. Er fand sie ja auch nett, aber Uwe war gänzlich hin und weg von ihr. Er hatte ihm zugewispert, die sei so scharf, mit der könne er sich sogar was Festes vorstellen. Da war Heiko ja mal gespannt. Anscheinend hatte sich Eva Lisa gegenüber nämlich ähnlich geäußert. Lisa schlief heute zu Hause, und Heiko lag noch ein bisschen wach und dachte über den Fall nach. Neben dem Bett stieß Sita einen langen, tiefen und äußerst zufriedenen Seufzer aus. Der Hofmeister war komisch, aber in diesem Fall schien er nicht der einzige Freak zu sein. Auch die Schuster war definitiv unheimlich, und Monika und Katja waren hasserfüllt bis zum Gehtnichtmehr, das war offensichtlich. Er seufzte, ähnlich langgezogen wie zuvor der Hund. Ein paar Verdächtige zu viel, für seinen Geschmack. Und fast alle hatten ein durchaus plausibles Motiv. Woraus man natürlich wiederum folgern konnte, dass das Mordopfer nicht gerade ein Engelchen gewesen war, sondern dass diese Dame es in jeder Hinsicht faustdick hinter den Ohren gehabt hatte. Auch nach längerem Nachdenken konnte er sich jedoch für keinen der Verdächtigen oder Freaks als Hauptkandidaten entscheiden. Und wer diese Marianne war, wussten sie immer noch nicht. Nun gut. Blieb abzuwarten, was die nächste Woche bringen würde.
Florian Ehrmann wälzte sich schon seit Stunden im Bett hin und her. Er konnte nicht schlafen, und das war auch kein Wunder. Sie fehlte ihm. Nächtelang hatte er geheult, und jetzt waren keine
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