Traum ohne Wiederkehr
hinter ihm rissen den Mund weit auf, als könnten sie ihren Augen nicht trauen. Kas schüttelte benommen den Kopf.
Schließlich fletschte er die Zähne zu einem gräßlichen Grinsen. In seiner ausgestreckten Hand hielt er einen kleinen Laser. Tamisan konnte sich nicht rühren. Er würde sie zerstrahlen! In diesem Augenblick war sie dessen so sicher, daß sie nicht einmal Angst empfand, sondern lediglich darauf wartete, daß ihr Fleisch von den Knochen brannte.
Aber der Laser zielte nicht auf sie, sondern über sie hinweg zur Tür. Unter dem Strahl gingen sowohl Offizier als auch Wachmann zu Boden. Kas kam, sich mit einer Hand an die Wand stützend, auf Tamisan zu. Dann trat er dicht an sie heran, nahm den Laser in die andere Hand und beugte sich über sie, um seine Finger an der Schulter in ihr Gewand zu haken.
»Hoch – mit – dir!« Seine Stimme klang, als wäre seine Erschöpfung nicht geringer als ihre. »Ich weiß nicht, wie oder warum oder wer …«
Die Fackel, die den verkohlten Händen ihres Trägers entglitten war, verbreitete nur wenig Licht. Kas schwang Tamisan herum und stieß sein Gesicht dicht an ihres heran. Er starrte sie durchdringend an, als könnte er ihr allein mit seinem Blick die Maske, die ihr hiesiger Körper darstellte, abreißen.
»Du bist Tamisan – anders ist es nicht möglich! Ich weiß nicht, wie du es fertiggebracht hast, Teufelsbrut!« Er schüttelte sie und stieß sie schmerzhaft gegen die Wand. »Wo ist er?«
Alles, was aus ihren ausgedörrten Lippen kam, war ein unverständliches Krächzen.
»Vergiß es.« Kas stand nun hochaufgerichtet vor ihr, und seine Stimme klang bereits kraftvoller. »Wo er auch sein mag, ich werde ihn finden. Auch dich, Teufelsbrut, lasse ich nicht aus den Augen, denn du bist die Garantie für meine Rückkehr. Für Lord Starrex wird es hier keine Leibwächter, keinen Sicherheitsschild geben. Vielleicht ist es so ohnehin besser. Wo sind wir? Antworte!« Er schlug ihr heftig ins Gesicht. Wieder prallte sie gegen die Wand, direkt auf die Krone, daß sie tief in ihre Kopfhaut schnitt. Schmerzerfüllt schrie Tamisan auf.
»Sprich! Wo sind wir hier?«
»Im Hochschloß von Ty-Kry«, krächzte sie.
»Und was machst du hier in diesem Loch?«
»Ich bin Gefangene der Oberkönigin.«
»Gefangene? Was soll das? Du bist Träumerin, das ist dein Traum. Wie kannst du da eine Gefangene sein?«
Tamisan war so erschöpft, daß sie die richtigen Worte, so wie sie Starrex alles erklärt hatte, nicht finden konnte. Außerdem, dachte sie müde, würde er mir vermutlich sowieso nicht glauben.
»Nicht – ganz – ein – Traum«, preßte sie hervor.
Es schien ihn nicht sehr zu überraschen. »Ah, dann hat der Regler also diese Wirkung? Er vermittelt das Gefühl von Wirklichkeit!« Seine Augen blitzten. »Du hast also keine Kontrolle über diesen Traum, richtig? Wieder ist das Glück offenbar auf meiner Seite. Wo ist Starrex jetzt?«
In diesem Fall konnte sie ihm eine ehrliche Antwort geben, und sie war froh darüber, denn offenbar durfte sie nicht lügen, wenn sie wollte, daß er ihr glaubte. Ihr war, als könne er geradewegs in ihre Seele blicken mit diesen durchdringenden, fordernden Augen. »Ich weiß es nicht.«
»Aber er ist doch irgendwo in diesem Traum?«
»Ja.«
»Dann wirst du ihn für mich finden, Tamisan, und zwar umgehend. Müssen wir dieses Hochschloß nach ihm absuchen?«
»Als ich ihn das letztemal sah, war er außerhalb.«
Sie hielt ihren Blick von der Tür abgewandt, von dem, was dort lag. Aber er zerrte sie darauf zu, und sie befürchtete, sie müsse sich übergeben. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wo, in dieser kleinen Stadt, die das Hochschloß war, sie sich befanden. Als man sie hierhergebracht hatte, waren sie nicht bis zu den Türmen des eigentlichen Schlosses gekommen, sondern beim ersten Tor seitwärts abgebogen und dann endlose Stufen hinuntergestiegen. Sie bezweifelte, daß sie so leicht hier herauskamen, wie Kas offenbar glaubte.
»Komm.« Er zerrte sie weiter und schob das, was verkohlt an der Tür lag, mit einem Tritt zur Seite. Tamisan preßte die Lider fest zusammen, als er sie daran vorüber zog. Doch der Gestank nach versengtem Fleisch war so stark, daß sie heftig würgte und taumelte. Aber Kas hielt sie fest, daß sie auf den Füßen blieb, und zog sie weiter.
Zweimal mußte sie mit grauengeweiteten Augen zusehen, wie er Wachen, die sich ihnen in den Weg stellen wollten, niederstrahlte. Das Überraschungsmoment war
Weitere Kostenlose Bücher